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Testbericht

Susanne Kilimann, 21. September 2012
Lärmschutzwände, geräuschoptimierte Reifen, leisere Antriebe, Flüsterasphalt - seit Jahrzehnten kämpfen Forschung und Industrie gegen das Problem gesundheitsgefährdenden Verkehrslärms an. Jetzt testen Forscher in Hamburg erstmals elastische Schichten im Asphalt, die Schwingungen dämpfen und Lärm reduzieren sollen.

Wer jahrelang unter jedem Schritt seiner Mitbewohner gelitten hat, ständig knarrende Dielen über sich erdulden musste, kann aufatmen, wenn eine Trittschalldämmung in die Fußboden-Deckenschicht eingezogen wird. Das elastische Material schluckt die Schwingungen, in die der Fußboden bei mechanischer Beanspruchung versetzt wird und in der Wohnung darunter scheint es fast so, als würden die eben noch trampelnden Nachbarn plötzlich leichtfüßig durch die Zimmer schweben. Ein ähnliches Prinzip zur Lärmminderung könnte künftig auch auf Straßen zum Einsatz kommen. In Hamburg läuft derzeit ein Pilotversuch mit einer völlig neuartigen Asphaltkonstruktion. Wurden bislang immer nur die Eigenschaften der obersten Asphaltschicht verändert, um die Abrollgeräusche der Autoreifen zu verringern, haben sich die Ingenieure jetzt erstmals die tieferen Schichten der Fahrbahn vorgenommen. "Unter einem Fahrbahnbelag aus konventionellem Asphalt haben wir verschiedene elastische Schichten verlegt", erklärt Projektleiter Manfred Hase von der Hansa-Nord-Labor GmbH, einer Pinneberger Prüfgesellschaft, die im Verbund mit Universitäten und Industrieunternehmen an dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt "neuartige Konstruktionen mit geräuschmindernder Wirkung" beteiligt ist.

"Die elastischen Materialien, die dabei eingesetzt werden, nehmen die dynamischen Kräfte auf, die das fahrende Fahrzeug auf den Untergrund bringt", erläutert Hase. "Auf normalem Asphalt gelangen diese Kräfte aus den tieferen Schichten der Fahrbahn an die oberste Schicht des Fahrbahnbelags zurück. Sie übertragen sich auf den Fahrzeugreifen, versetzten diesen samt seiner Profilblöcke in eine Vibration, die als Lärm wahrgenommen wird", führt Hase aus. "Mit unserem Ansatz wollen wir die Schwingung im Inneren der Fahrbahn halten und dadurch den durch Reifen-Fahrbahnkontakt verursachten Gesamtlärmpegel deutlich reduzieren."

Auf einem 800 Meter langen Teilstück der Nansenstraße, einer schmalen Asphaltbahn im Altonaer Volkspark, wurden dafür neun Testfelder eingerichtet, auf denen verschiedene Dämmmaterialien und Konstruktionssysteme getestet werden. "Auf einem Testabschnitt haben wir Gummimatten verlegt. Die hat uns ein Unternehmen geliefert, das auch das Dämmmaterial für Tartanbahnen auf Leichtathletikplätzen herstellt", berichtet der Ingenieur. Bei anderen Testvarianten wurden die für Asphalt verwendeten Gesteinskörner in der inneren Fahrbahnschicht zum Teil durch Gummigranulat ersetzt.

In einem weiteren Testabschnitt probieren die Entwickler eine noch extremere Materialkomposition aus. Hier hat man gleich mehrere Schichten Gummigranulat mit dem Asphaltbindemittel Bitumen gefüllt. "Auf diese Weise haben wir eine Art Gummipolster in die Fahrbahn gesetzt", erklärt der Projektleiter. Welche Testvariante die effektivste ist, die größte Lärmminderung bringt, werden die Datenauswertungen in den kommenden Wochen zeigen. Dafür wurden bei sogenannten Impedanzmessungen vor Ort die Sinusschwingungen registriert, die als Reaktion auf die mechanische Beanspruchung der Teststrecke von deren Oberfläche zunächst ins Fahrbahninneren und dann an die oberste Asphaltschicht zurückgegeben werden. Die Ergebnisse werden derzeit mithilfe spezieller Softwareprogramme we an der Technischen Universität Dresden ermittelt.

"Um drei bis vier Dezibel sollte sich der Geräuschpegel durch das neue Konstruktionsverfahren reduzieren lassen. Das sind zumindest unsere Erwartungen", sagt Oliver Ripke, Experte für Fahrbahnbelag bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, die das Projekt betreut. Eine Reduktion um drei bis vier Dezibel bedeutet, dass sich der vom menschlichen Ohr wahrgenommene Lärm ungefähr halbiert.

Eine solche Verringerung des Verkehrslärmpegels wird allerdings auch schon mit Asphalttypen erzielt, die bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz kommen. Als "Flüsterasphalt" werden die seit den 1980er Jahren entwickelten Straßenbeläge gern bezeichnet. Fachleute sprechen lieber von offenporigem Asphalt, kurz OPA genannt. Charakteristisch für OPA ist ein hoher Anteil gröberer Gesteinskörner in der Fahrbahndeckschicht. Durch die gröberen Körner weist der Asphalt mehr Hohlräume auf und diese "schlucken" den Schall, den abrollende Reifen erzeugen.

OPA findet sich derzeit auf etwa zwei Prozent der bundesdeutschen Autobahnen, schätzt der Fachmann von der Bundesanstalt. Auch wenn die akustischen Effekte nachweislich positiv sind - wirklich zufrieden sind die Straßenbauverantwortlichen - etwa beim Landesbetrieb für Straßenbau in Nordrhein-Westfalen - mit dem herkömmlichen Flüsterasphalt nicht. Denn nicht nur Schall, auch Wasser gelangt ins Fahrbahninnere, wird erst in vier bis fünf Zentimeter Tiefe an den Straßenrand abgeleitet. Die ständige Durchspülung beschleunigt den Alterungsprozess des Materials. Während Gussasphalt, der Standard-Fahrbahnbelag hierzulande, bei durchschnittlicher Beanspruchung etwa 15 bis 20 Jahre hält, muss OPA bereits bereits nach acht bis zehn Jahren - zu hohen Kosten - erneuert werden.

Die neuen Dämm-Konstruktionen werden ebenso haltbar sein, wie herkömmlicher Asphalt, stellt Projektleiter Hase in Aussicht. Simulationen im Labor, bei denen Ermüdungsresistenz und Kälteempfindlichkeit getestet wurden, seien vielversprechend gewesen - auch wenn hier und da noch optimiert werden muss. Teurer als das Gestein-Bitumen-Gemisch zur Herstellung von konventionellem Asphalt sollen die Materialien für die schwingungsdämmenden Fahrbahntypen auch nicht. Höhere Kosten würde jedoch der Einbau verursachen - zumindest nach heutigem Stand der Dinge. Ein Unternehmen arbeite aber schon an einem Verfahren zum kostengünstigen Einbau der Gummipolster, so Hase. Im Herbst sollen die drei effektivsten Dämmsysteme des Hamburger Testfelds in größerem Maßstab auf dem Nato-Gelände in Geilenkirchen getestet werden. In einem nächsten Schritt sollen dann ein bis zwei der neuen Asphaltvariationen auf besonders lärmbelasteten Teilstrecken von Bundesautobahnen ausprobiert werden.

Quelle: Autoplenum, 2012-09-21

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