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Testbericht

Mario Hommen/SP-X, 25. Oktober 2017

Ein guter Sportwagen sollte vor allem klein, wendig und leicht sein. So will es zumindest die reine Lehre. Wenn also Jaguar sein Flaggschiff XJ zum heißblütigen Quertreiber R575 aufrüstet, könnte so mancher Sportwagenfan die Nase rümpfen. Doch halt, im wilden Zickzackkurs kurviger Landstraßen macht das 300-km/h-Geschoss so ziemlich alles richtig. Neben dem Komfort sind im neuen Topmodell der Baureihe auch die dynamischen Eigenschaften auf sehr hohem Niveau. Das Gesamtpaket überzeugt jedenfalls.
 
Allein mit seiner Höchstgeschwindigkeitsansage lässt der Brit-Bolide aufhorchen: 300 km/h klingt eigentlich nach keilförmigen Flachmann, doch beim XJ handelt es sich um eine 5,13 Meter lange Luxuslimousine mit einer zugegeben etwas eigenwilligen aber auch markanten Optik. Markant ist auch der spezielle R-Trimm. Besonders sehenswert ist der Sonderlack Velocity Blue, der die Großkatze etwas Divenhaftes verleiht. Hinzu kommen mächtige 20-Zoll-Räder mit 265er-Pirelli-P-Zero vorne und 295er hinten. Rot lackierte Bremssättel, schwarze Kühlergrillgitter und zwei Doppelauspuffenrohre runden die Poweroptik ab. Etwas zu gut gemeint hat es Jaguar lediglich mit den Bezeichnungen auf der Heckklappe, denn unter der springenden Raubkatze prangt noch groß der Markenname sowie links und rechts davon die Modellbezeichnungen XJ und mehrfarbig 575R. Optisch wäre weniger mehr.
 
Auch wenn die Kraft im Übermaß vorhanden ist, möchte man dafür von den quirligen 575 Pferdestärken keine einzige vermissen. Unglaublich sämig und satt und zudem noch über das gesamte Drehzahlband schiebt der V8-Kompressormotor den 1,9-Tonner lustvoll nach vorne. Motor und die Achtgangautomatik setzen den Gasbefehl sehr prompt in vehementen Vortrieb um. Dabei werden die 700 Newtonmeter allein auf die Hinterachse losgelassen, was bei feuchter Fahrbahn das Heck auch gerne mal in Schwänzeln versetzt. Ist es trocken, prescht der Luxusliner, untermalt von einem sonoren und satten Bass aus den vier Auspuffrohren, im Idealfall in 4,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Unter den heckgetriebenen Oberklasse-Dynamikern vermag allein der V12-Dampfhammer S 65 AMG von Mercedes den Jaguar  - um eine Zehntelsekunde – zu unterbieten.
 
Es gibt noch schnellere Luxuslimousinen, die dann aber auf 4x4-Antrieb setzen. Doch gerade der Verzicht auf Allrad verleiht dem XJR575 eine besondere Würze. Die harmonische Lenkung gibt trotz einer elektromechanischen Servounterstützung eine fantastische und sehr direkte Rückmeldung. Einfach und präzise lässt sich das Fünfmeter-Schiff um Ecken zirkeln. Stets leichtfüßig und gelassen folgt der XJR dem Richtungsbefehl, auch bei forcierter Gangart. Dank der P-Zero-Reifen klebt das Dickschiff quasi auf dem Asphalt. Wer den 575er besonders ambitioniert durch Kurven jagen will, sollte in den Dynamik-Modus wechseln. Zusätzlich kann auch der Schleuderschutz deaktiviert werden, was, wenn man es denn will, auch Heckdrifts erlaubt. Die Kehrseite der dynamischen Talente ist ein gehobener aber angesichts der Leistung auch vertretbarer Normverbrauch von 11,1 Litern.

Auch wenn es sich beim XJR575 um ein eindrucksvoll agiles Fahrzeug handelt, bleibt der Komfort keineswegs auf der Strecke. Im Gegenteil: Das sehr feinfühlig den Asphalt abtastende Fahrwerk steckt Unebenheiten, selbst gröbere, verblüffend locker weg. Dazu kommt ein leiser und gediegener Innenraum mit viel Leder, Carbon und vielen Komfortextras. Das Raumangebot ist - abgesehen von einer geringen Kopfhöhe - üppig. Interessant ist das Cockpit-Design: Während deutsche Luxuslimousinen sich darin überbieten, mit Hightech vollgepfropfte Cockpitwelten zu inszenieren, setzt man bei Jaguar auf einen aufgeräumten Understatement-Stil. Das muss nicht jedem gefallen, doch setzt der XJ wie bei der Außenoptik auch innen einen angenehmen Kontrapunkt.
 
Verzichten muss man beim XJR575 deshalb aber eigentlich auf nichts. Der Wagen ist randvoll mit Technik und Komfort. Zusammen mit dem formidablen Antrieb hat das natürlich seinen Preis: Rund 144.000 Euro muss man für den Luxussportler locker machen. Ein durchaus akzeptabler Kurs, denn das Fahrzeug ist nahezu voll ausgestattet. Serie sind unter anderem auch eine Premium-Audioanlage und das Navi-Infotainmentsystem mit 10-Zoll-Touchscreen. Etwas unverständlich an der Preispolitik von Jaguar: Für DAB-Radioempfang wird ein eigentlich aberwitziger Aufpreis von 480 Euro verlangt.

Jaguar XJR575 – Technische Daten:

Viertürige, fünfsitzige Limousine der Oberklasse; Länge: 5,13 Meter, Breite: 1,90 Meter (mit Außenspiegeln: 2,11 Meter), Höhe: 1,45 Meter, Radstand: 3,03 Meter, Kofferraumvolumen: 520 Liter

5,0-Liter-V8-Kompressorbenziner, 8-Gang-Automatik, 423 kW/575 PS, maximales Drehmoment: 700 Nm bei 3.500 – 4.500 U/min, 0-100 km/h: 4,4 s, Vmax: 300 km/h, Durchschnittsverbrauch: 11,1 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 264 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: G

Jaguar XJR575 – Kurzcharakteristik:

Warum: weil er Agilität und Komfort in eindrucksvoller Weise in Einklang bringt
Warum nicht: weil ein 300-km/h-Luxusliner eigentlich nicht mehr in die Zeit passt
Was sonst: Maserati Quattroporte, BMW M760 Li, Mercedes S 63 AMG

Unter der langen Haube des Jaguar XJR575 schlummern große Kräfte. Das neue Topmodell der Briten zeigt eindrucksvoll, wie sanft, aber auch wild es sein kann.

Fazit
Unter der langen Haube des Jaguar XJR575 schlummern große Kräfte. Das neue Topmodell der Briten zeigt eindrucksvoll, wie sanft, aber auch wild es sein kann.

Quelle: Autoplenum, 2017-10-25

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