Infiniti QX 56 4WD - Großwildjagd
Testbericht
Wer meint, dass in den USA zunehmend Geländewagen mittlerer Größe die
Oberhand gewinnen, kennt nur die halbe Wahrheit. Eine Ausfahrt im
neuen Infiniti QX 56.
Infiniti kommt in Europa nicht so recht auf die Beine. Mitte dieses Jahres
sollten zumindest die umsatzstarken deutschen Ballungsräume längst mit
Händlerstützpunkten überspannt sein. Doch bis dato gibt es hierzulande
wenige Möglichkeiten, einen Infiniti zu erstehen. Nur in Dresden und
Hamburg arbeiten derzeit offizielle Händler. Im europäischen Ausland sieht
es mit weiteren 28 Stützpunkten zumindest etwas besser aus. Doch eine
Erfolgsgeschichte liest sich anders. Seit dem europäischen Marktstart im
Oktober 2008 wurden erst 2.500 Fahrzeuge verkauft.
Dabei hat der Nobelableger des französisch-japanischen Renault-Nissan-
Konzerns in den letzten Monaten produkseitig mächtig draufgesattelt.
Neue Modelle und frische Motorisierungen sollen den Kunden Lust auf
einen Umstieg von BMW oder Audi hin zur exklusiven Infiniti-Marke
machen. Doch viele interessierte Händler zögern wegen des großen Invests
und Infiniti will eben nicht jeden x-beliebigen Standort. Nachdem wegen
der zunehmend europäischer werdenden Ausrichtung zunächst der
kleinere Mittelklasse-SUV Infiniti EX im Fokus stand, folgen nun die
größeren Modelle. Die Luxuslimousine Infiniti M wurde als internationales
Topmodell bereits vorgestellt. In den USA kommt jetzt das Aushängeschild
QX auf den Markt.
In der Klasse der üppig dimensionierten Luxus-SUV kämpft der Über-
Infiniti mit wenig filigranem Design gegen Erfolgsmodelle wie Mercedes GL,
Cadillac Escalade oder Lincoln Navigator. Der Vorgänger mit gleichem
Namen war weitgehend baugleich mit dem Nissan Armada, jedoch deutlich
luxuriöser. Optisch ist der neue QX kaum wiederzuerkennen. Das kantig-
kastige, aber wenig auffallende Design von einst ist Vergangenheit. Der
5,30 Meter lange QX der neuen Generation präsentiert sich optisch als
wenig zurückhaltendes Nashorn mit einer alles überragenden Motorhaube.
Der Kühlergrill selbst ist mächtig, die Schulterlinie in Höhe und Ausprägung
fast schon Angst einflößend. Nur am Heck zeigt sich der neueste Infiniti
von seiner vergleichsweise harmlosen Seite. „Der neue QX strahlt eine
unglaubliche Präsenz unter allen Luxus-SUV aus“ so Ben Moore, Vize-
Präsident des Infiniti-Geschäftsbereichs, „perfekt für alle die Styling,
Komfort, Raumgefühl und Fahrvergnügen an die oberste Stelle wollen.“
Angetrieben wird der mächtige Geländekreuzer von einem 5,6 Liter
großen Achtzylinder mit Benzindirekteinspritzung, der 294 KW / 400 PS
und 530 Nm Drehmoment leistet. Das reicht lässig für über 200 km/h
Spitze. Das Vierventil-Triebwerk säuselt im Stand so leise, dass die
Insassen kaum Zweifel daran haben, in einem Hybridmodell zu setzen.
Das bleibt jedoch bis auf weiteres Zukunftsmusik; soll jedoch bald folgen.
Wie man es von den anderen Infiniti-Modellen her kennt, arbeitet das
siebenstufige Automatikgetriebe von Aisin nahezu perfekt mit dem
kraftvollen Koloss unter der Motorhaube zusammen. Beim starken
Beschleunigen wird das Triebwerk nur unmerklich lauter und presst den
mächtigen Geländecruiser unnachgiebig nach vorn. Die Geräusche von
Triebwerk und Umwelt gehen im belederten Innenraum nicht zuletzt
durch das mehrschichtige Dämmglas unter. Angesichts der Dimensionen
und des Fahrzeugsgewichts von über 2,6 Tonnen sollte einen ein
Realverbrauch von über 16 Litern Super auf 100 Kilometern nicht
überraschen. Der für den sportlichen SUV-Bruder FX neu entwickelte
Dreiliter-Diesel soll erst einmal keinen Einzug in den QX-Motorraum
halten.
Typisch für den amerikanischen Markt sind die allzu leichtgängige QX-
Lenkung und eine mehr als komfortable Dämpferabstimmung. Schon
wegen der deutlich spürbaren Nick- und Wankbewegungen sollte man dem
QX eine elektronische Dämpferregelung gönnen. Doch die fehlt in der
Aufpreisliste und die Wankstabilisierung des optionalen Touring-Pakets
(zusammen mit 22-Zoll-Felgen) erscheint in flott gefahrenen Kurven
überfordert. Der Kunde hat die Wahl, ob er seinen Koloss mit günstigem
Heck- oder dem sinnvollen Allradantrieb bestellen möchte. Wer will, kann
mit dem Allradler bis über 3,8 Tonnen Last an den Haken nehmen. Schon
bald könnten unter den mächtigen Nasenflügeln des QX leistungsstarke
Triebwerke aus dem Hause Mercedes-Benz arbeiten. Denn Infiniti soll
Zugriff auf entsprechende Mercedes-Triebwerke bekommen. Heißt,
Renault-Nissan kommt aus der misslichen Lage hinaus, für vergleichsweise
kleine Stückzahlen große Sechs- und Achtzylinder-Triebwerke entwickeln
und produzieren zu müssen.
Der Innenraum lässt mit seiner Komplettausstattung und den
imposanten Platzverhältnissen für sieben oder acht Personen keine
Wünsche offen. Fahrer und Passagiere betten sich in handschuhweichen
Ledersesseln, die jeden Kilometer zu einem mobilen Kurzurlaub werden
lassen. Etwas mehr Beinauflage und Seitenhalt würden jedoch auch
einem QX 56 gut stehen. Unter anderem bietet der 2,03 Meter breite
und 1,92 Meter hohe Infiniti im Innenraum Satellitenradio mit
Wettervorhersage, Festplattennavigation, Acht-Zoll-Display, Rücksitz-
Entertainment, klimatisierte Ledersitze und Bluetooth-Telefon. Die dritte
Sitzreihe lässt sich elektrisch im Fahrzeugboden versenken. Alle
Bedienelemente liegen gut im Blick und lassen sich problemlos bedienen.
Einzig die Lichtbedienung am Blinkerhebel und der weitgehend sinnfreie
Controller auf der breiten Mittelkonsole stören das luxuriöse Gesamtbild.
Ebenso riesig wie das mächtige Passgiergewölbe ist auch das üppige
Kofferabteil, der als Fünfsitzer über 600 Liter Laderaum bietet. Jedoch
könnte die Ladekante niedriger sein und elektrische Heckklappe scheint
vor jedem Dienstvorgang zwei Schlaftablette genommen zu haben.
Für Sicherheit an Bord sorgen neben zahlreichen Airbags, ABS, ESP und
Wankstabilisierung unter anderem Spurverlassenswarnung, Spurwechsel-
und Totwinkelassistent. Das Ein- und Ausparken ist mit dem Schlachtschiff
kein Problem. Kameras rundherum und die leichtgängige Lenkung machen
das kinderleicht. Der Einstiegspreis für den Infiniti QX 56 2 WD liegt bei
56.700 US-Dollar (rund 47.000 Euro). Der standesgemäße Allradantrieb
kostet 3.100 Dollar Aufpreis. Zunächst kommt der Infiniti QX 56 nur in
den USA auf den Markt. Russland und der mittlere Osten sollen folgen. Ob
der übermächtige Geländekreuzer auch nach Deutschland kommt, scheint
ungewiss. Hier müssen erst einmal die Händler-Hausaufgaben erledigt
werden.






























