Hybrid-Erprobung Porsche Panamera - Schnell, groß, grün
Testbericht
270 km/h Spitze und einen Verbrauch von 6,8 Litern auf 100 Kilometern bietet nicht einmal ein Powerdiesel. Porsche will mit dem Panamera S Hybrid das amerikanische Luxussegment erobern. Stippvisite bei den letzten Testfahrten in Südafrika.
Ein sonniger Februartag im sonnigen Kapstadt. Die Flieger sind voll von Touristen, die sich am Kap der guten Hoffnung zwei Wochen Sommerurlaub gönnen wollen, während in Europa noch der kalte Winter Hof hält. Auch ein Entwicklungsteam von Porsche hat sich aufgemacht nach Südafrika. Den Testingenieuren geht es ebenfalls ums Wetter. Doch die eigene Bräune und verträumte Stunden in Camps Bay sind nicht einmal nachrangig. Es geht darum, der Hybridversion des Porsche Panamera den letzten Feinschliff zu geben. Der blaue Porsche Panamera S fällt im turbulenten Innenstadtverkehr von Kapstadt keinem nennenswert auf. Nicht, dass viele Bewohner der Kapregion in einem neuen Panamera unterwegs wären, aber der Panamera ist auch kein Einzeltäter. Tarnungen sind für den Prototypen überflüssig, weil sich der Panamera S Hybrid optisch nicht von den anderen Versionen unterscheidet. Um die Tarnung perfekt zu machen, prangt am Heck mittig der Schriftzug „Panamera S“. Eine schlichte Lüge. Denn unter der Haube arbeitet nicht der erwartete Achtzylinder, sondern ein aufgeladener V6 mit Elektro-Unterstützung. Die Serienmodelle des Panamera S Hybrid werden dagegen entsprechende Schriftzüge auf dem rundlichen Hinterteil zur Schau stellen.
Porsche steht für schnelle Autos; am meisten für den 911er, der Ikone aller Sportwagen und Motorleistung pur. Doch längst befassen sich die Entwicklungsabteilungen in Zuffenhausen und Weissach genauso mit dem Kraftstoffverbrauch wie mit Höchstgeschwindigkeiten, Beschleunigungen und Fahrdynamik. Der Panamera S Hybrid soll ein Meilenstein in der Porsche-Geschichte werden – der sparsamste Porsche überhaupt. „Wir schaffen einen Verbrauch von unter sieben Litern auf 100 Kilometern“, erklärt Dr. Michael Steiner, Baureihenleiter des Panamera nicht ohne Stolz, „das bietet derzeit kein anderer im Segment.“ Steiner und sein Team sind ans Kap gereist, um die letzten Feinheiten in der Entwicklung des Hybrid-Panamera festzuzurren. Steiner sitzt am Steuer des Prototypen und rollt bei Temperaturen von über 30 Grad durch den Stau am Autobahnende Richtung Sea Point im Westen von Kapstadt. Immer wieder schaut Steiner auf den Bildschirm in der Mittelkonsole. Hier werden mit grünen Balken die Zeitanteile dargestellt, in denen der Panamera S Hybrid ohne Verbrennungsmotor läuft.
56, 72, 68 und 52 Prozent der Fahrt – alles ohne Verbrenner. „Leider sinkt dadurch nicht auch der Verbrauch um den entsprechenden Anteil“, erklärt er weiter, „wir schalten den Verbrenner beim Niederlastanteil aus. Schließlich wird beim Anfahren und Beschleunigen der meiste Kraftstoff verbraucht. Kann man fast mit Fahrradfahren vergleichen.“ Doch die Porsche-Entwickler sind bei ihrer letzten Entwicklungstour in Südafrika sichtlich zufrieden. Nochmals geht es um die Feinabstimmung von Verbrennungsmotor, E-Motor und Getriebe. Anders als der normale Panamera ist das Hybridmodell mit einer achtstufigen Wandlerautomatik ausgestattet. Zwischen Motor und Getriebe liegt das Elektromodul, das sich über eine Kupplung immer wieder zu- und abschaltet. Der mehr als 60 Kilogramm schwere Akkupack liegt versteckt unter dem Kofferraumboden. Dem Hybriden ist sein Inneres auch auf den zweiten Blick nicht anzusehen.
Das Zauberwort heißt segeln – nicht nur hier am Kap. Wenn Dr. Michael Steiner vom Segeln spricht, kommen ihm kaum die Segelyachten in der Bucht von Kapstadt in den Sinn. Ist der Panamera Hybrid ohne Last unterwegs, schaltet sich der Verbrennungsmotor ab. Er segelt oder gleitet und das bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 165 km/h. Auf der Autobahn N1 immer wieder das gleiche Spiel. Tempo 80 im fließenden Verkehr. Die Insassen spüren nicht, dass sich der Verbrennungsmotor regelmäßig sanft ab- und wieder zuschaltet. Das klappt selbst bei höheren Geschwindigkeiten ohne nennenswerte Regungen des Triebwerks. Mit Tempo 120 rollt der Panamera gerade Richtung Nordenwesten – der Drehzahlmesser liegt tot da, ehe er sich beim nächsten Hügel kaum spürbar wieder erhebt.
Heinz Bernhard ist mit von der Partie. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet er im Porsche-Entwicklungsteam. Südafrika und insbesondere die Region ums Kap kennt er wie seine Westentasche. Seit elf Jahren gehen die Zuffenhausener im europäischen Winter zur Hitzeerprobung ans Kap der guten Hoffnung. „Hier gibt es stabile Sommertemperaturen und wir können auch in der Höhenlage lange Strecken fahren“, so Heinz Bernhard, „die Leute sind hier viel freundlicher als anderswo. Ich mag das auf den Touren.“ Steiner und sein Team nehmen im südafrikanischen Sommer zuletzt auch noch einmal die Klimaautomatik unter die Lupe. Sie soll selbst bei ausgeschaltetem Verbrenner bis zu 20 Minuten lang den Innenraum kühlen.
Porsche gibt bei seinem zweiten Hybridmodell nach dem Cayenne Hybrid einen Normverbrauch von 7,1 Litern auf 100 Kilometern an. Wer sich für die neu entwickelten Energiesparreifen von Michelin entscheidet, drückt den Durst nochmals auf 6,8 Liter. Das bietet im Luxussegment derzeit kein anderer. Doch das Elektromodul mit seinen 34 KW / 47 PS und 200 Nm maximalem Drehmoment ist nur die kleinere Seite der Medaille. Unter der Motorhaube arbeitet das bekannte Kompressoraggregat aus dem Hause Audi, das unter anderem A4 und A5 befeuert und auch die Verbrennerbasis für den Cayenne Hybrid liefert. Der drei Liter große Sechszylinder mit Kompressoraufladung schlägt sich mit angeschlossenem Elektromodul weit besser als ohne. „Wir fahren durch den E-Motor und die Achtstufenautomatik selten mit mehr als 2.000 U/min“, erklärt Dr. Michael Steiner, „damit werden die Nachteile eines Kompressors im hohen Drehzahlbereich ausgeglichen.“
Die Fahrleistungen des Porsche Panamera S Hybrid sind eindrucksvoll. 0 auf 100 km/h in sechs Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h bietet derzeit kein anderer Teilzeit-Elektriker. Die Gesamtleistung von beiden Antriebsmodulen liegt bei 380 PS. Da der Verbrauch im Vordergrund stehen wollte, blieb eine Allradversion außen vor. Im Gegensatz zu anderen Modellen kann der Panamera S Hybrid bis zu zwei Kilometern rein elektrisch fahren. Das geht auch per Knopfdruck auf der Mittelkonsole. Insgesamt bringt der Hybridantrieb 170 Kilogramm Mehrgewicht auf die Fahrzeugwaage. Ein Grund: der Akku im Heck arbeitet noch mit der wenig innovativen Nickelmetallhydrid-Technik. Mit dem Hybriden will Porsche insbesondere die US-Kunden erfreuen, denen ein Diesel nach wie vor wenig bedeutet. Der Panamera S Hybrid kommt im Juni 2011 auf den deutschen Markt und kostet mindestens 106.185 Euro. Das sind 11.000 Euro mehr als der Porsche Panamera S mit acht Zylindern. Serienmäßig gibt es neben der normalen Ausstattung unter anderem eine Luftfederung mit elektronischen Dämpfern.

































