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Testbericht

Sebastian Viehmann, 6. November 2009
Aufbauen, verwässern, sterben lassen: Die einst innovative Marke Saturn, heute ein Zweitverwerter für Opel-Modelle, ist ein Paradebeispiel für die ziellose Strategie des Autoriesen General Motors.

Kompakt, praktisch, sparsam. Ein modernes Spaceframe-Chassis mit hoher Crash-Sicherheit und viele Karosserieteile aus Kunststoff - keine Angst mehr vor Rost oder Parkremplern! So präsentierten sich vor knapp 20 Jahren die Autos einer höchst innovativen Marke, und die kam nicht etwa aus Japan. Mit seiner Kompaktwagensparte Saturn schlug GM nicht nur bei der Technik neue Wege ein. Die Mitarbeiter der Fabrik hatten viel Mitspracherecht, die Kunden wurden alle vier Jahre zu einem gigantischen Picknick namens „Homecoming Celebration“ zur Produktionsstätte nach Tennessee eingeladen.

„Diese Autos hatten zu Beginn kaum etwas mit anderen GM-Modellen zu tun, wurden von eigenen Ingenieuren entwickelt “, sagt Chris Budd aus dem kanadischen Oakville. Der Chef der Händlerkette Budds’ besitzt neben Jaguar-, BMW- und Subaru-Niederlassungen ein Saturn-Autohaus. „Saturn ging an das Automobilgeschäft ganz anders heran, als es damals üblich war. Man kümmerte sich extrem gut um die Kunden, behandelte sie mit Respekt – und ebenso die eigenen Mitarbeiter. Dieses Geschäftsmodell kam zur richtigen Zeit: Damals wandten sich viele Kunden von den einheimischen Herstellern ab und wechselten zu japanischen Fabrikaten“, erinnert sich Chris Budd. Saturn bot den Kunden eine Alternative - quasi ein heimischer Autobauer mit fernöstlichem Stil.

In einem entlegenen Winkel der GM-Webseite ist die Erfolgsgeschichte der Anfangsjahre fein säuberlich aufgelistet. Schon 1993 erreichte die Marke die Gewinnzone, im Juni 1995 rollte das einmillionste Fahrzeug vom Band. Die zweite Million knackte Saturn Anfang 1999. Im Jahr 2002 lag die Marke bei der J.D. Power-Kundenzufriedenheitsstudie auf Rang Eins – noch vor Lexus. GM wählte auch Saturn-Händler zur Betreuung eines besonderen Projektes aus: Das Elektroauto EV1 konnten ausgewählte Kunden nur über Saturn bekommen. GM ließ den wohl berühmtesten Feldversuch für Elektroautos jedoch ab 2003 auslaufen und schickte die Leasing-Stromer schließlich in die Schrottpresse. Dafür investierte der Autoriese kräftig in seinen Geländewagen Hummer.

An Saturn schien man die Lust verloren zu haben. „Jeder Geschäftsmann weiß: Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist“, sagt Chris Budd. GM dagegen ließ sich nichts Neues einfallen. Die Modelle wurden lange Zeit kaum weiterentwickelt und Trends verschlafen. „Saturn hatte zum Beispiel kein kleines SUV anzubieten, als der Markt dafür aufkam. Toyota und Honda entwickelten sich ständig weiter, Saturn nicht – weil GM kein Geld mehr investierte. Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass es einfach schwerer ist, mit kleinen Autos Geld zu verdienen als mit größeren“, so Autohändler Budd. Stattdessen wählte GM den Weg des „Rebadging“: Andere Modelle aus dem großen Konzernbaukasten wurden ein bisschen umgestaltet und einfach mit dem Emblem (Badge) von Saturn versehen. Damit gehörten auch die Kunststoff-Karossen der Vergangenheit an. Die Verkaufszahlen sanken immer weiter.

Zuletzt bediente man sich bei den Europäern. Der aktuelle Saturn Astra zum Beispiel ist nichts anderes als der alte Opel Astra, der Saturn Vue firmiert hierzulande als Opel Antara. „Ich bin mir nicht 100-prozentig sicher, ob diese Lösung langfristig funktioniert hätte. Meiner Meinung nach war es ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir hätten einfach mehr Zeit gebraucht, um die neuen Modelle zu etablieren“, glaubt Chris Budd. Der amerikanische Automarkt brauche einfach zu lange, um sich neuen Trends anzupassen. Der Autohändler ist froh, dass er noch viele andere Marken im Portfolio hat. „BMW zum Beispiel ist einfach ein cleveres Unternehmen, gut organisiert. Und es gibt immer wieder neue Produkte mit frischen Ideen“, sagt Budd.

Über Saturn dagegen dürfte bald für immer die Sonne untergehen, Der geplante Verkauf an die Handelskette Penske Automotive Group scheiterte, Ende September verkündete GM in einer Presseerklärung das Auslaufen der Marke. Auf dem Internetportal Saturnfans.com halten sich die Fans und Besitzer der Autos über Neuigkeiten auf dem Laufenden und schreiben sich ihren Frust von der Seele. Eine – online durchgeführte und daher nicht repräsentative – Umfrage auf dem Portal deutet an, wie schwer es für General Motors werden könnte, das Vertrauen der Kunden zurück zu gewinnen: Von den knapp 1000 Teilnehmern der Befragung sagten fast 70 Prozent, sie würden in Zukunft kein GM-Fahrzeug mehr kaufen.

In Deutschland rätseln zurzeit die Opelaner, was GM mit ihrem Arbeitgeber wohl vorhat – und hoffen, dass die Amerikaner diesmal ein glückliches Händchen beweisen. Mit Hummer übrigens legte GM eine Bauchlandung hin. Die einst gehätschelte Spritfresser-Sparte soll bald an den chinesischen Konzern Sichuan Tengzhong verkauft werden.

Quelle: Autoplenum, 2009-11-06

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