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Testbericht

Sebastian Viehmann, 21. Dezember 2010
Chuck Jordan schuf vom Buick Riviera über den Opel GT bis zum 59er Cadillac Eldorado zahlreiche Autoträume. Der vielseitige GM-Designer hinterlässt ein faszinierendes Erbe zwischen Kitsch und Kühnheit.

In den 50er und 60er Jahren waren die USA noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Amerikaner lieferten sich mit den Russen einen fieberhaften Wettlauf zum Mond, der Fortschrittsglaube war unaufhaltsam. In ein paar Jahrzehnten, so stellten sich viele Menschen vor, würden alle so leben wie die „Jetsons“ in der gleichnamigen Fernsehserie: Man saust mit Raketen durch die Gegend, lässt sich von Robotern bedienen und muss nur noch drei Stunden pro Woche arbeiten.

Der unbegrenzte Optimismus schlug sich auch im Automobildesign nieder. Die 50er Jahre waren die Blütezeit der Straßenkreuzer, als der Chrom mit der Kelle aufgetragen wurde und die Heckflossen immer weiter wuchsen. GM-Designer Chuck Jordan schuf die Ikone dieser Zeit – den 59er Cadillac Eldorado, ein verschwenderisches Flossenmonster. „Bei diesem Auto habe ich einfach mal den Tiger aus dem Käfig gelassen“, sagte Jordan über sein Design. Er arbeitete bei GM auch an den „Wide Track“-Modellen von Pontiac, die wegen ihrer enormen Abmessungen selbst für amerikanische Verhältnisse echte Schlachtschiffe waren.

Doch Chuck Jordan, der 1927 in Kalifornien geboren wurde und schon als Kind Autodesigns in sein Schulheft malte, schuf nicht nur dicke Straßenkreuzer, sondern auch elegante Traumautos im Raketen-Stil. Bei den Motorama-Shows, auf denen General Motors in den 50er Jahren die Autoträume von morgen präsentierte und bei denen designmäßig alles erlaubt war, konnte sich Chuck Jordan so richtig austoben. Einer seiner faszinierendsten Entwürfe war der Buick Centurion von 1956. Die geschwungene Fiberglas-Karosserie war in zwei Farben lackiert und hatte ein Kuppeldach. Auch das Cockpit des Centurion erinnerte mehr an ein Flugzeug als an ein Auto.

Jordans Stil prägte die Cadillacs und Chevrolets der 50er Jahre, auch für einige Modelle der Corvette griff man auf seine Entwürfe zurück. Die Heckpartie der 61er Corvette erinnerte ein wenig an das elegante Hinterteil des Buick Centurion. Noch dramatischer gezeichnet als das Serienmodell war allerdings die XP-700 Corvette Concept von 1958, die Jordan als persönliches Fahrzeug für den damaligen GM-Designchef Bill Mitchell kreiert hatte. Ein anderer Designer nutzte 1961 das Chassis der XP-700 und schuf daraus die Konzeptstudie Mako Shark, auf der wiederum 1963 eine völlig neue Corvette-Generation beruhte.

Ein weiterer Meilenstein war der Buick Riviera von 1963. Das schicke Coupé führte die etwas altbackene Marke Buick in eine neue, sportlich angehauchte Richtung. Chuck Jordan gestaltete nicht nur auf der Straße den Look von morgen, sondern manchmal sogar auf der Schiene. Aus seiner Feder stammt der Aerotrain, eine futuristische Lokomotive mit stromlinienförmiger Verkleidung. Auch diesseits des großen Teiches hinterließ Chuck Jordan seine Spuren. Von 1967 bis 1970 war er Designdirektor bei Opel und ließ den ersten Manta sowie den Opel GT vom Stapel.

Ganz an die Spitze schaffte es Jordan erst 1986, als er zum Vize-Präsidenten für Design bei General Motors aufstieg. Nach einer Dekade, in der das GM-Design stark nachgelassen hatte, sollte er den Fuhrpark wieder hübscher machen. „No dull cars“ war sein Motto – keine langweiligen Autos. Das gelang ihm zwar nicht immer, aber immerhin verlieh er dem Chevrolet Camaro und dem Pontiac Firebird in den 90er Jahren eine schnittige Optik. Weniger Lorbeeren erntete er für den bauchigen Chevrolet Caprice von 1991, was der Beliebtheit des voluminösen Chevrolet allerdings keinen Abbruch tat. Der letzte Caprice war in den ganzen USA als Taxi und Streifenwagen unterwegs, und die Kombiversion mit bis zu acht Sitzen war einer der letzten großen amerikanischen „Station Wagons“.

Im Alter von 83 Jahren ist Chuck Jordan, der privat gerne Ferrari fuhr, nun verstorben. Obwohl er in der Designer-Szene wohl vor allem wegen seiner futuristischen Show Cars und großen Straßenkreuzer in Erinnerung bleibt, nannte er einmal in einem Interview ganz andere Favoriten. Dazu zählten der Cadillac Seville STS von 1992 und der stromlinienförmige Oldsmobile Aurora, bei dem sich Jordan wieder vom Flugzeugdesign inspirieren ließ.

Nachdem er GM verlassen hatte, so Jordan, habe sich das Unternehmen sehr gewandelt: „Die Ingenieure und Marken-Manager bekamen das Sagen, das Design rangierte nun weiter unten.“ Die Corvette von 1997 zum Beispiel fiel, obwohl sie technisch einen Sprung nach vorn machte, für Jordans Geschmack viel zu konservativ aus. „Bei mir wäre so etwas nicht passiert“, so der Freund der extravaganten Entwürfe. Kein Wunder also, dass Chuck Jordan nie viel von Marktforschung gehalten hat: Ein guter Designer lasse sich von niemandem dreinreden.

Quelle: Autoplenum, 2010-12-21

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