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Testbericht

Stefan Grundhoff, 2. März 2011
Der Genfer Automobilsalon war schon immer etwas schicker als die anderen Motorshows dieser Welt. Doch mehr als bei jeder anderen Messe zeigt die 81. Auflage am blauen Lac Leman: niemand will mehr ins Mittelmaß.

Man muss nicht an den strahlenden Messeständen von Lamborghini oder Porsche träumen, bei Ferrari glotzen oder Aston Martins Virage schwelgen, um die zunehmende Abkehr von Mittelklasse und Mittelmaß zu spüren. Der Lamborghini Aventador oder ein Porsche Panamera S Hybrid liegen für die meisten Messebesucher in unerreichbarer Reichweite. Der 450 PS starke Maserati GranCabrio Sport, ein 300 km/h schneller Jaguar XKR-S oder ein sehenswerter Alfa Romeo 4C betören die Sinne und zeigen, wie sexy Autos bei allem Blick auf Verbräuche und Effizienz sein können. Vom Mittelmaß sind solche Modelle naturgemäß meilenweit entfernt. Seit Jahr und Tag sind Stars und Sternchen auf jedem Genfer Salon ein Muss. Die breite Masse mit ihrem Herz in der automobilen Mittelklasse hat eine immer geringer werdende Bedeutung – insbesondere in Genf. Selten bemühten sich die Volumenhersteller, ihren oftmals noch so gewöhnlichen Neuheiten Spannung, Emotionalität und Einzigartigkeit einzuhauchen. In der breiten Masse und besonders dem grau wabbernden Mittelmaß will hier niemand untergehen. Mittelklasselimousinen, lange Jahre nicht nur in Deutschland das erstrebende Maß der Dinge, sind längst out. Marketingabteilung und Kunden gieren gleichermaßen nach Microcars, Vans, SUV, Sportwagen oder Cabriolets.

Von der ehemals so wichtigen Mittelklasse gibt es in Genf nur wenig zu bestaunen. Sicher, der Flavia als verkleideter Chrysler 200 funkelt am Lancia-Stand und die Mercedes C-Klasse wurde aufgefrischt, doch wirkliches Interesse fanden nur ihre AMG-Version und das sehenswerte C-Klasse Coupé. Auch eine C-Klasse soll mit dem zweitürigem Neuzugang zukünftig sexy sein – bloß nicht dröge und einfallslos. Dass man ähnliche Tendenzen bei einem Hersteller wie Hyundai findet, mag viele überraschen. Auf dem Automobilsalon zeigen die aufstrebenden Koreaner erstmals den i40. An sich eine Mittelklasselimousine, die sich eine Plattform mit dem Kia Optima teilt. Doch Hyundai ließ beim i40 die vermeintlich volumenschwache Stufenheckversion erst einmal außen vor. Zunächst kommt der 40er nur als Kombi, selbstverständlich emotional und chic gezeichnet.

Der i40 will mehr Tourer denn Mittelklassekombi sein – natürlich. Bei der koreanischen Schwesterfirma Kia sieht das kaum anders aus. Ähnliche Tendenzen gibt ein paar Klassen darunter zu bestaunen. Die neuen Modelle Kia Picanto und Rio wollen sich durch dynamisches Design, hochwertige Ausstattung und neu geschaffenem Markengesicht ebenfalls von der breiten Masse abheben. Denn auch in günstigen Fahrzeugklassen wird die Individualität immer wichtiger. Die großen Erfolge von Mini und Fiat 500 haben längst alle Hersteller aufgeweckt.

Volkswagen hat trotz seines inhaltsreichen Firmennamens alle automobile Gewöhnlichkeit abgelegt. Das zeigt auch der Genfer Salon. Das Golf Cabriolet machte ein paar Jahre Pause. Doch der Nachfolger des Erdbeerkörbchens war lange überfällig. Der ehemalige Traumwagen des deutschen Schwiegermutterlieblings Sascha Hehn wird die kompakte Cabrioklasse aufmischen. Auch weil die deutschen Hauptkonkurrenten Ford und Opel derzeit nichts zu bieten haben, hebt sich der offene Golf gekonnt von der breiten Kompaktklasse ab. Noch deutlicher wird dies bei der Studie des coolen Bulli. Der VW Bulli spielt gekonnt mit Retrogefühlen und macht seinen Messe-Interessenten unmissverständlich eines klar: wenn ich hier drin sitze, bin ich alles andere als gewöhnlich. So soll es sein.

In den letzten Jahren waren insbesondere SUV ein probates Mittel, sich aus dem unscheinbar grauen Mittelfeld abzuheben. Wer vorher lange Jahre stolz in einem Mittelklasse-Kombi unterwegs war, wechselte mit fliegenden Fahnen auf den fahrbaren 4x4-Hochsitz – zumindest wenn seine Dienstwageneinstufung dies erlaubte. Immer weniger Privatkunden entscheiden sich seither für Volumenmodelle wie VW Passat, einen Opel Insignia oder Ford Mondeo. Auch Exoten wie ein Citroen C5 wird sich mit seinem Nachfolgemodell ernsthaft wohl nur als DS5 in Szene setzen können. Eine Klasse darunter heißt das Ganze DS4 – auch zu sehen in Genf. Ein Citroen C4 steht da ebenso am Rande wie ein aufgefrischter Peugeot 308. Der Fiat-Konzern sucht mit seinen verschiedenen Marken eine Neuausrichtung. Auch die Kernmarke Fiat hat sich längst von der Mittelklasse verabschiedet. Statt eines neuen Croma ist der Star auf dem Genfer Messestand ein Dodge Journey, der ab sofort Fiat Freedom heißt. Auch ein Crossover, der den gemeinen Mittelklassekunden locken soll. Niemand dreht sich nach dem überarbeiteten Honda Accord um.

Mazda hingegen versucht einen Spagat. Der aktuelle Mazda 6 ist zu brav, zu wenig emotional. Im nächsten Jahr folgt der deutliche sehenswertere Sechser, dessen Konzeptstudie Shinari ebenfalls im Messezentrum Palexpo ausgestellt wird. Der ist so heiß, dass er mit seiner langen Motorhaube und der flachen Dachlinie bereits Lust auf einen Sportwagen machen. Doch noch mehr schaut das Publikum zur knallroten Studie des Mazda Minagi gleich nebenan herüber. Der kommt im Herbst als kompakter SUV Mazda CX-5. So recht will eben niemand mehr in einer Mittelklasse-Limousine sitzen – zumindest nicht auf dem Genfer Salon.

Quelle: Autoplenum, 2011-03-02

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