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Testbericht

Stefan Grundhoff, 4. Juli 2010
Jenson Button lässt es röhren, Rauno Aaltonen donnert durch die Waldschonung und Sir Stirling Moss posiert neben britische Schönheiten. Wenn der ehrwürdige Lord March zum Festival of Speed nach Goodwood lädt, ist halb England auf den Beinen und huldigt dem Motorsport.

Der ehrwürdige Earl of March, britischer Großgrundbesitzer und Kämpfer für den bürgerlichen Motorsport, hat scheinbar beste Verbindungen nach Südafrika und den Fußballverbänden von Deutschland und England. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich die englische Fußballnationalmannschaft derart indisponiert im Achtelfinale gegen Deutschland verabschiedete? Ein Sieg der Briten hätte der spätere Todesstoß für das legendäre Festival of Speed in Goodwood sein können. Dann wäre es zu einem Viertelfinale bei der Fußball-Weltmeisterschaft England gegen Argentinien gekommen und der samstägliche Höhepunkt des legendären Festivals of Speed wäre bei einem Erfolg der „Three Lions“ gegen Deutschland wohl zur Bedeutungslosigkeit verkommen. Doch es kam bekanntlich alles anders und ganz im Sinne des Earls. Deutschland siegte klar und so konnten die britischen Motorsportfans ihre ganze Aufmerksamkeit dem Hill Climb schenken.

Lord March und seine Liebe zum Motorsport – nicht nur die Briten im Süden des Landes lieben ihn dafür. Wenn er nach Goodwood lädt und die Welt der Sportwagen aus den vergangenen Jahrzehnten einmal mehr wieder aufleben lässt, gibt es für die meisten Automobilisten kein Halten mehr. Die meisten der bis zu 100.000 Zuschauer kommen aus England, doch auch aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden kommen tausende von Rennsportfans nach Südengland und genießen Rennsport wie in der guten alten Zeit, als hybrides Gedankengut und regenerative Bremssysteme noch Zukunftsspinnereien waren. Davon lassen sich selbst Rennsportlegenden wie Sir Stirling Moss oder Jacky Ickx oder aktuelle Formel-Fahrer wie Nico Rosberg oder Jensen Button anstecken.

Die Aufgabe, die ihnen Lord March stellt, ist alles andere als anspruchsvoll. Mit einem entsprechend motorisierten Rennwagen soll der Hill Climb in Bestzeit bezwungen werden. Zehntausende von Zuschauern drängen sich an die kaum ernsthaft abgesicherte Strecke auf dem mächtigen Grundstück des Earl. Die Zuschauer kommen ganz nah an ihre Stars heran, dürfen Benzin schnuppern, Reifenabrieb in sich aufsaugen und ein Pick Nick machen, wo sonst geputtet und abgeschlagen wird. „Es ist immer wieder etwas ganz besonders hierher zu kommen“, strahlt Formel-1-Pilot Nico Rosberg, nachdem er die kurze Bergstrecke in einem aktuellen Mercedes-Renner in einer Bestzeit von 41 Sekunden bezwungen hat, „am liebsten wäre ich mit einem alten Rennwagen gefahren. Aber beim nächsten Mal wieder.“ Lord March ruft und die Motorssportszene kommt in Scharen.

Selbst die unnahbaren Formel-1-Verantwortlichen schicken Fahrer, Auto und Teams zum Schaulaufen in die Nähe von Chichester. Der Termin Festival of Speed ist im internationalen Terminplan gesetzt, ganz egal ob der seichte Hügel in einem 40 PS starken Mercedes Simplex oder einem 700 PS starken Formel-Bolide aus den 80ern erklommen wird. Den meisten ist die Bestzeit schnuppe, sondern man zeigt sich, lässt ordentlich Gummi auf der Piste und lässt das Heck über die kaum vorhandenen Randsteine schwänzeln.

Auf einem kleinen Rundkurs im Wald zeigen Rallyelegenden wie Rauno Aaltonen, dass der Blick nach vorn auch durch die Seitenscheibe überaus verlockend sein kann. Derweil tummeln sich im Fahrerlager tausende von Fans und beäugen die Boliden aus längst vergangener Zeit. Die Stimmung in Goodwood ist einzigartig – wenn das Wetter wie in diesem Jahr stimmt. Das Festival of Speed zelebriert automobile Höhepunkte wie 100 Jahre Alfa Romeo oder den 60. Jahrestag, als Giusieppe Farina die erste Formel-1- Weltmeisterschaft feiern konnte. Längst hat sich das Festival of Speed auch zu einem Marktplatz der Autohersteller entwickelt. Wer in der Automobilbranche etwas auf sich hält, kommt im Juli nach Goodwood. Die Markentempel sind so groß, dass es sich auch um eine idyllische IAA handeln könnte. Autohersteller wie Mercedes, Alpina, Jaguar oder McLaren zeigen auf der Leistungsschau des Automobilsports mittlerweile sogar neue Autos wie den überarbeiteten Mercedes CL oder den Jaguar XKR Speed.

Einen breiteren Überblick über die automobile Rennszene als in Goodwood lässt sich an einem Event weltweit sonst kaum bekommen. Mika Häkkinen steuert einen brüllenden 1955er Mercedes W 196 den Hügel hinauf. „Langsam fahren kann der alte Renner einfach nicht. Der braucht hohes Tempo. Einfach ist es daher nicht, ihn hier den Berg hinaufzufahren.“ In Goodwood sind Rennwagen zu bestaunen, die kann man das ganze Jahr über nicht einmal im Museum sehen. Im Süden Englands fahren sie drei Tage lang durch die seichten Hügellandschaften. Sierra RS 500 Cosworth, BMW M3 DTM, Alfa 158, das Batmobile BMW 3.0 CSL kreischen, brüllen und donnern die zweieinhalbfache Rechtskurve am Schloss des Earl unter Johlen und Applaus der Zuschauer ebenso hinauf wie Porsche 904, das aktuelle BMW Artcar oder der Lotus-F1 von 1978.

Da die Automessen von London und Birmingham seit Jahre dem britischen Automobiltod geweiht scheinen, versucht Lord March mit der „Moving Motorshow“ eine Publikumsmesse der anderen Art nach Vorbild des GM- Motorama aus den 50er Jahren zu erschaffen. Gerade noch Pick-Nick, Sonnenbrand und Pimms auf dem Rasen, danach zum Autostaunen in die weißen Messe-Pavillons um einen Blick auf die Neuheiten von Mercedes, Toyota, BMW, Audi, oder Porsche zu erhaschen. In Goodwood gehen die Uhren eben etwas anders. Hoffentlich bleibt es dabei.

Quelle: Autoplenum, 2010-07-04

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