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Testbericht

Stefan Grundhoff, 8. Juli 2009
Das Auto mit der wohl niedrigsten Ladekante auf dem Markt hätte man sich irgendwie anders vorgestellt. Ferrari betritt mit dem California Neuland und wildert bei Mercedes, Bentley und Maserati.

Ferrari baut ab sofort auch einen echten Cruiser. Kein Auto für Rennfahrer oder kompromisslose Piloten. Der California gehört genau dorthin, woher sein Name kommt: Zwischen den seichten Hügeln im Hinterland von Big Sur oder den Landstraßen zwischen San Diego und Palm Springs ist sein bevorzugtes Revier. Der Ferrari California lockt Kunden, die sich bisher bei Bentley, Mercedes, Maserati oder Aston Martin bestens aufgehoben fühlten.

Ganz unverhohlen spielt der Einsteiger-Ferrari mit historischen Anlehnungen an den Ferrari 250 California - für viele nicht nur eines der teuersten, sondern auch schönsten Autos aller Zeiten. Ferraris sind selten bekannt für ihre Kompromisse. Das ist bei dem ersten Coupé-Cabriolet anders. Beim California ist man auf einen aktuellen Cabrio-Trend aufgesprungen, um auch Kunden zu gewinnen, die bisher einen Bogen um die roten Renner aus Maranello ge macht haben. Vor allem die heiß umworbene US-Kundschaft nimmt man mit einem Coupè-Cabriolet ins Visier und paart also Klappdach mit Ferrari-Sound, italienische Lebensart mit prächtigen Fahrleistungen.

Wem ein Mercedes SL zu langweilig, ein 6er BMW zu gewöhnlich und ein Bentley Continental GTC zu üppig ist, der dürfte sich beim neusten Spielzeug von Ferrari standesgemäß aufgehoben fühlen. Noch bevor Maserati seine GranTurismo-Palette mit einem viersitzigen Luxuscabriolet krönt, bietet Ferrari ein Luxusgefährt für sonnige Tage. Zwei Personen, vielleicht sogar mit Kind und leichtem Reisegepäck, haben im California gut Platz. Grazile Front, üppiges Heck und eine beeindruckende Seitenlinie – aus diesem Stoff werden Traumcabriolets gebaut. Wenn das dann 460 PS unter der Haube hat und einen Klang wie Donnergrollen, dann kann es sich nur um den Ferrari California handeln. Doch noch spannender als die dynamischen Ferrari-Qualitäten und die optischen Leckerbissen sind die technischen Innovationen. So viele Neuerungen wie beim California hat Ferrari selten in ein Auto gepackt. Doppelkupplung, Direkteinspritzung, Alu-Klappdach und Platz für vier statt zwei Personen gab es so bisher noch nie bei den Italienern. Ob das Aluklappdach in allem ein großer Wurf war, das darf zumindest diskutiert werden. Denn das Dach ist schwer und lässt das muskulöse Heck nicht gerade dynamisch und filigran aussehen. Zudem verwinden sich die einzelnen Dachelemente bei flotter Gangart oder auf schlechten Fahrbahnen deutlich. Nicht zu vergessen, dass es alles andere als zeitgemäß ist, wenn sich ein Cabriodach nur im Stand bedienen lässt. Und wer glaubt, das Klappdach öffne sich im Stand schnell genug, der ist beim Ampelstopp noch nicht in ein Hupkonzert geraten. Da können auch 15 Sekunden zu lang sein.

Ausserdem ist der Kofferraum trotz der beeindruckend niedrigen Ladekante bei geöffnetem Dach bauartbedingt nur schwer zu nutzen. Bei geschglossenem Dach stehen immerhin 340 Liter zur Verfügung. Und egal ob offen oder geschlossen: Nach hinten sieht man nie viel. Der Platz innen taugt erwartungsgemäß nicht zu einem echten Viersitzer. Der Nachwuchs, den man hinten verstaut, sollte das Schulalter noch nicht erreicht haben. Dann dürften das Leder und der sonore Sound des V8-Triebwerks noch reichen, um die Beschwerden im Fond auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Das Cockpit bietet die von Ferrari bekannten Formen und Komponenten wie den zentralen Drehzahlmesser oder den Manettino für die verschiedenen Fahrprogramme. Beleidigt wird das Auge jedoch mit einem Navigationssystem, das schon in Chrysler Sebring oder Jeep Patriot nicht begeistern konnte. Und auch mit Ferrari-Schriftzug lässt sich die wenig stilvolle Kunststoffbox kaum ertragen. Schon gar nicht, weil sich der Ferrari California zwar in einem neuen Segment, nicht jedoch in neuen Preisregionen bewegt. Standesgemäß geht es für das Klappdach-Cabriolet bei 176.200 Euro los. Bei halbwegs ordentlicher Ausstattung arbeitet man sich nachhaltig an die 200.000er-Marke heran. Dafür genießt man einen offenen Grand Turismo, den man eigentlich von der Schwestermarke Maserati erwartet hätte. Die kommen Anfang 2010 mit einem offenen Viersitzer. Auf dem GranTurismo basierend wird es hier jedoch mehr Platz für vier Personen und ein Stoffdach geben. Nicht nur in dieser Liga wohl die bessere, weil schmuckvollere Lösung.

Stellt sich noch die Frage, ob es sich beim Ferrari California um einen Sportwagen mit echten Ferrari-Genen handelt. Dass diese dem neuen Kundenpotenzial zuliebe etwas weicher gespült sind, kann man kaum bestreiten. Natürlich bietet das alles andere als kompakte Cabrio Dank seines V8-Frontmittelmotors mit 338 kW/460 PS und 485 Nm Drehmoment beeindruckende Fahrleistungen und einen Sound, der manchen Kunden schon zu viel Aufmerksamkeit bei der Ortsdurchfahrt garantiert. Erfreulich direkt für einen Power-Cruiser zeigt sich die präzise Lenkung, die den California schon fast zu einem echten Sportwagen macht. Den Spurt von 0 auf 100 km/h schafft er in weniger als vier Sekunden. Und wie der 1,7 Tonnen schwere Hecktriebler seine Leistung auf den Asphalt zaubert, ist schlicht grandios. Auch die Höchstgeschwindigkeit von 310 km/h und das präzise Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Schaltstufen räumt mit dem Vorurteil auf, man würde zahm in einem "Frauen-Ferrari" flanieren. Nicht überspielen kann der Cruiser seine spürbaren Wankbewegungen bei flotter Gangart. Aller Komfortgewinn hat bei der Fahrdynamik eben auch seine schlechten Seiten.

Neue Ferrari-Dimensionen erreicht man auch beim Kraftstoffverbrauch. War unter 18 Litern auf 100 Kilometern bisher kaum etwas zu machen, so soll sich der California mit vergleichsweise zurückhaltenden 13,1 Litern SuperPlus zufrieden geben. Immer noch eine ganze Menge - aber ein gewaltiger Fortschritt, der insbesondere dem neu entwickelten Direktschaltgetriebe geschuldet ist.

Quelle: Autoplenum, 2009-07-08

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