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Testbericht

Stefan Grundhoff, 11. Juli 2011
Immer wenn ein neuer Porsche 911 kommt, hält die automobile Welt den Atem. Der Neue sieht fast aus der wie der Alte, doch die Technik der Baureihe 991 setzt Maßstäbe.

Die wichtigste Veränderung gibt es am Heck. Wer Freunden und Bekannten stolz das potente Boxertriebwerk seines Porsche 911 zeigen möchte, schaut in die Röhre. Denn das Herz des Porsche kann ab der neuen Baureihe 991 nicht mehr öffentlich besichtigt werden. Statt einer Motorhaube am Heck ist nur noch eine Serviceklappe zu öffnen, wie man es vor Jahren zum Beispiel vom Öko-Flop Audi A2 kannte. Das Triebwerk selbst liegt hinter Abdeckungen im Verborgenen. Grund ist die Aerodynamik und ein neues Heckkonstrukt mit einem ausfahrbaren Spoiler, deutlich breiter als man es bisher vom Elfer kannte. Wer den Rücken des 911er sieht, erkennt sogar elegante Designparalleln zu Aston Martin. „Der Porsche 991 ist ein wirklich neuer 911er“, unterstreicht Entwicklungsleiter Bernd Kanau, „der bisherige 997 basierte zu großen Teile auf dem Vorgänger 996. Das ist beim 991 völlig anders.“

Mehr als drei Jahre lang wurde die neue Baureihe des Porsche-Aushängeschildes in Skandinavien, Deutschland, den USA und Afrika unter die Lupe genommen und auf Herz und Nieren getestet. Da die europäischen Temperaturen Mitte Februar alles andere als wohlig sind, zog es ein Erprobungsteam mit acht Fahrzeugen diesmal nach Südafrika. Die düster dreiblickenden Prototypen fallen hier in der Gegend kaum mehr als normale 911er-Modelle auf. Schwarz lackiert und mit Verplankungen an Front und Heck versehen geht es von Kapstadt aus über Paarl und Wellington über die Landstraße R 301 in Richtung Wittebrug Natur Reservat und dann weiter nördlich in die Berge. Fahrwerk und Dämpfer werden im vollen Tagesprogramm ebenso unter die Lupe genommen wie Klimaanlagen, Verkleidungen, Antriebseinheiten und Rad-Reifen-Kombinationen. Für Bernd Kanau ist es das letzte Projekt. Sein Leben ist der Porsche 911. Seit der Baureihe 993 arbeitet er verantwortlich im Porsche-Entwicklungs-Team. Er folgte seinem Vater, der bei den Zuffenhausenern einen ähnlichen Job machte. Im Herbst, wenn der neue Porsche 911 auf den Markt kommt, ist seine Arbeit getan und Kanau geht in den automobilen Ruhestand. Er ist gerne in Südafrika, wo Porsche seit über zehn Jahren seine neue Modelle härtesten Marterprüfungen unterzieht.

„Wir testen mittlerweile viel in Weissach an der Simulation“, erzählt der zukünftige Pensionär, „aber die Realerprobung ist natürlich durch nichts zu ersetzen. Doch wir gehen heute mit Autos in die Realerprobung, mit denen hätten wir früher den Marktstart gemacht.“ Man zweifelt kaum an den Worten von Bernd Kanau, denn der Prototyp eines 911 Carrera, den er bewegt, macht abgesehen von den Tarnmatten im Innenraum und den Verkleidungen vor den charakteristischen Leuchteinheiten außen einen weitgehend serienbereiten Eindruck. Ein paar Verkleidungen der grauen Lederinnenausstattung passen noch nicht so Recht, die Windgeräusche sind unüberhörbar und beim Überfahren vom schlechten Straßen und Bodenwellen knarzt es noch mächtig. Doch genau deshalb ist das Entwicklungsteam aus Stuttgart und Weissach an den südlichsten Zipfel von Afrika gekommen. Kleine Fehler gilt es hier auszumerzen.

Heinz Bernhard kennt diese Region nach unzähligen Aufenthalten in den vergangenen Jahren wie seine Westentasche. Er gehört ebenfalls zum Porsche-Entwicklungsteam, sorgt für die geheimen Testrouten und die Tarnungen der Fahrzeuge. „Es ist hier in Südafrika viel leichter für uns, unbehelligt Prototypen zu testen als in anderen Regionen – und insbesondere in Europa“, erzählt der Familienvater, „hier gibt es kaum Erlkönigjäger und wir haben gerade in den Bergen freie Fahrt für unsere Tests.“ Rund ein halbes Jahr vor Serienanlauf des neuen Porsche 911 der Baureihe 991 ist die gröbste Arbeit gemacht. Jetzt geht es um die finale Erprobung von Serienteilen und die Feinabstimmung. Parallel hat Porsche von dem neuen Elfer 50 bis 60 Prototypen in der finalen Erprobung. Während ein Teil der Fahrzeuge in Südafrika schwitzt, drehen andere Komponenten-Teams in Schweden, Finnland, Namibia oder den USA ihren Runden. Jeden Tag werden die neuen Messdaten nach Stuttgart und Weissach übertragen, Teile angepasst und neue Softwarestände für Motoren, Getriebe und Bordelektronik aufgespielt.

Der neue, nunmehr 4,49 Meter lange Porsche 911 soll nicht nur durch seine Fahrleistungen und Dynamik, sondern insbesondere durch seine Effizienz Bestmarken setzen. Das Carrera-Basismodell mit 3,4 Litern Hubraum und 350 PS läuft bereits knapp 290 km/h und soll gerade einmal 8,5 Liter verbrauchen. Ein Start-Stopp-Modul ist ebenso serienmäßig wie die Segelfunktion bei Fahrten ohne Gasannahme. Zudem ist der neue Porsche 911 das erste Serienfahrzeug mit einem manuellen Siebengang-Getriebe. Das wurde vom bisherigen Doppelkupplungsgetriebe abgeleitet, das ebenfalls über sieben Fahrstufen verfügt. Rund 80 Prozent der Elfer-Kunden entscheiden sich mittlerweile für das PDK. Das wird beim neuen Modell kaum anders sein. Neben dem 911 Carrera mit 350 PS wird zum Marktstart der 400 PS starke Carrera S verfügbar sein. Er knackt bereits die 300-km/h-Marke und verbraucht kaum mehr als neun Liter. Erst im kommenden Jahr wird das das Cabriolet der aktuellen Baureihe 997 abgelöst. „Wir denken zudem über einen Targa nach“, lässt Baureihenleiter August Achleitner die Zukunft einer dritten Karosserievariante offen. Das überdimensionale Schiebedach aus Glas ist seit Einführung des Cabriolets Anfang der 80er Jahre alles andere als ein Bestseller, hat jedoch treue Kunden.

Im Innenraum ist der Porsche 991 im Vergleich zu seinem Vorgänger kaum wiederzuerkennen. Armaturenbrett, Schalter und Instrumente zeigen eine enge Verwandtschaft zu Panamera und Cayenne. Der um zehn Zentimeter verlängerte Radstand tut dem Innenraum gut und die Sitze sind im Vergleich zum Vorgänger deutlich besser. Auf den kurvigen Bergstraßen im Hinterland von Kapstadt kann man sich von den Qualitäten der neu entwickelten Wankkontrolle und den dynamischen Motorlagern überzeugen, die ab November zusammen mit dem Sport-Chrono-Paket verfügbar sind. „Unsere beste Runde auf der Nordschleife mit dem neuen Porsche 911 Carrera S war eine 7.40 Minuten“, strahlt August Achleitner und Bernd Kanau ergänzt: „Das sind 13 Sekunden weniger als bisher. Den meisten Zeitgewinn brachten dabei die Dämpfer von Bilstein mit der Wankkontrolle. Wir mussten einfach wieder etwas bissiger werden. Das ist gelungen.“ Recht hat er. Der Ruhestand kann kommen.

Quelle: Autoplenum, 2011-07-11

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