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Testbericht

11. August 2008
München, 11. August 2008 - Wir sind die Druckwelle. Unhörbar wie ein Phantom tauchen wir auf und lassen alles um uns herum stehen. Sobald wir das Gaspedal unseres Tesla Roadster herunter treten, verdammen wir alle anderen in eine seltsame Zeitlupen-Welt. "Gaspedal" und "Gas geben" - dürfen wir diese Begriffe überhaupt noch verwenden? Schließlich sind wir rein elektrisch unterwegs. In unserem Rücken schicken 6.831 zusammengeschaltete Lithium-Ionen-Akkus ihre Energie an den direkt über der Hinterachse sitzenden Motor. Verbrannt wird hier gar nichts, nicht mal Reifen-Gummi. Die schönere Elise Der Tesla Roadster kommt aus dem US-Sonnenstaat Kalifornien zu uns nach Europa. Erst mal in einer "Signature Edition" genannten Charge von 250 Stück. Der Wagen basiert weitestgehend auf der Lotus Elise, wobei Tesla betont, dass nur zehn Prozent der verbauten Teile von Lotus stammen. Und optisch gelungen ist der Wagen, wirkt bei weitem nicht so extrovertiert wie die Elise. Der Roadster von Tesla trifft eher den Massengeschmack - wobei er das beim volksuntauglichen Deutschland-Preis von 118.000 Euro gar nicht müsste. Und der Sportwagen ist größer als sein Basismodell: 16 Zentimeter länger, 15 Zentimeter breiter und einen Zentimeter höher. Hinzu kommt ein um fünf Zentimeter gewachsener Radstand. Diese Zuwächse machen den Ami zum einen geräumiger und zum anderen fit für die Elektro-Einbauten. Um den Einstieg etwas bequemer zu gestalten, wurden die Türschwellen um vier Zentimeter abgesenkt - aber die Intensität der Verrenkungen, die wir aufbringen müssen, um in eine Elise zu gelangen, ist beim Tesla nicht minder ausgeprägt. Platz für den Hintern Haben wir uns erst mal auf das dünne Gestühl, das den Begriff "Schalen-Sitz" wirklich noch verdient, geaalt, sitzen wir recht entspannt. 2,3 zusätzliche Zentimeter stehen unserem Gesäß in der Breite pro Platz zur Verfügung. Aber die Einrichtung der Kabine kann ihr Elise-Vorbild nicht verhehlen: Das kleine Momo-Lenkrad, das gerade Armaturenbrett und der nicht in Längsrichtung verstellbare Beifahrersitz sind uns aus der Engländerin bestens bekannt. Immerhin kann der Beifahrer seine Füße auf einer gelochten Aluminium-Leiste abstellen. Links unten neben dem Lenkrad sitzt ein kleiner Farbbildschirm - die Elise hat hier ihre Druckknöpfe fürs Lichteinschalten. Der Monitor informiert uns beispielsweise über die Reichweite, welche die 13.300-Euro-Akkus momentan ermöglichen. Die Informationen im Tacho anzuzeigen, wäre allerdings deutlich ergonomischer. Dafür was Erfreuliches von ganz hinten: Der Kofferraum fasst mit 110 Liter gerade mal zwei Liter weniger als das Gepäckfach der Elise.

Auch das kann er besser Wir ziehen den Wagen um die Kurve, gönnen uns für ein paar Fotos die eine oder andere Runde im Kreisverkehr. Genau wie die Elise kennt der Tesla Roadster kein Wanken, wegen seines um 360 Kilogramm höheren Gewichts liegt er sogar noch druckvoller auf der Straße. Dabei wurde das Fahrwerk auf die Zusatzpfunde abgestimmt: Kopfsteinpflaster spüren wir, aber ein harter Sportwagen könnte da noch schlimmer sein, die Behandlung des Untergrunds erfolgt recht kommod. Das kleine Momo-Lenkrad fassen wir in sportlicher Ambitioniertheit gerne an und während der Fahrt lässt es uns spielfrei die Richtung vorgeben. Allerdings ist es ein wenig schwergängig, ein ganz kleines bisschen schwergängiger noch als in der Elise. Das bedeutet: Im Stand müssen wir kräftig zupacken, um uns aus einer engen Parklücke zu kurbeln. Bremsen? Nicht nötig Wir fahren sanft durch die Stadt, schwimmen unauffällig im Verkehr mit. Und wir müssen beinahe gar nicht bremsen. Nehmen wir den Fuß vom Energie-Pedal, wandelt sich der Motor zum Generator, nutzt die Bewegungsenergie, um Strom in die Batterie einzuspeisen. Dies zeigt sich in einer spürbaren Motor-Bremswirkung, schnell lernen wir, beim Heranfahren an die rote Ampel einfach nur den Fuß vom Gas zu nehmen, und so optimal zum Stillstand zu kommen. Aber was passiert, wenn die Ampel auf Grün umschlägt? Traktion ohne Ende, Anzug ohne Ende Vollgas: Der ansatzlose Schub hat verschiedene Auswirkungen. Beim Beifahrer pumpt sich ein irritierendes Gefühl in die Magengegend - als wenn freier Fall einfach nicht aufhören will. Der Fahrer weiß gar nicht, was mit ihm passiert, er riecht Gefahr und will trotzdem den Punch genießen. Und beide Insassen werden zum Headbanger - da hat der kalifornische Gouverneur und Tesla-Fan Arnold Schwarzenegger vollkommen Recht: Die Beschleunigung haut einem den Kopf in den Nacken. Arnie meint, das sei wie in einem 11er Turbo, wir meinen, so müssen sich Schwarzeneggers Gegner gefühlt haben, als er sie noch in diversen Filmen als Muskelmann kräftig vermöbelt hat. In 3,9 Sekunden geht's von null auf 100 km/h. Wir probieren das immer wieder, in Kurven, auf nassem Kopfsteinpflaster, Straßenbahnschienen. Immer das gleiche: null Traktionsverlust. Das dicke Akku-Paket auf der Hinterachse des Hecktrieblers ist hier nur von Vorteil.

Ab null U/min Beim Elektromotor des Tesla liegen die vollen 400 Newtonmeter ab null U/min an. Erst sehen wir, wie unser kleiner weißer Geschwindigkeitszeiger zügig die 50-km/h-Marke passiert. Dann der Blick in den Rückspiegel: Die bunte Schar der mit uns an der Ampel Wartenden kommt so langsam in die Gänge, arbeitet noch am ersten Meter. Was wir vermissen, ist unser Kondensstreifen. Aber wo soll der herkommen? Schließlich fahren wir ohne Abgase. Und ohne Geräusche. Die Turbine unserer Zahnärztin Aber wie lässt sich der Wagen überhaupt starten? Wir treten auf die Bremse, drehen den stinknormalen Zündschlüssel ein halbe Umdrehung, warten kurz bis die Ganganzeige grün wird und starten den Wagen. Ein kurzes Piep-Piep wischt in unser Ohr, dann herrscht wieder Totenstille. Runter von der Bremse und ganz vorsichtig Gas geben: Extrem gutmütig schiebt der Tesla an. Wir hören leise den Wind, wir hören wie unsere Reifen über den Asphalt rollen, wir hören die anderen Autos - unseren Motor hören wir nicht. Mutig geworden ballern wir uns durch die oben beschriebene Beschleunigungsorgie. Endlich: Ein ganz leises Pfeifen huscht durch unsere Gehörgänge, das Pfeifen einer Mini-Turbine. Der Bohrer unserer Zahnärztin ist da deutlich lauter. Für die anderen Verkehrsteilnehmer sind wir ein Stealth-Stromer, ein geheim dahinfließendes Hightech-Ding. 13.000 U/min, 252 PS Wer ist nun verantwortlich für den Schlag nach vorn in hörenswerter Stille? Ein Dreiphasen-Elektromotor mit 252 PS. Obwohl die Drehzahlmesser-Anzeige bis 15.000 U/min geht, dreht das Aggregat "nur" bis zu 13.000 U/min. Für einen Pkw ist dies enorm - am nächsten kommt da noch der Mazda RX-8, dessen Dreiecks-Rotoren im Wankelmotor mit 10.000 U/min um die eigene Achse schwirren. Für so genannte Hochdrehzahl-Motoren der alten Hubkolben-Verbrenner-Schule sind oft gerade mal 9.000 U/min drin. Und egal wie die anderen ihren Sprit verbrennen: Es entstehen vor Ort Abgase und die Energie-Ausnutzung lässt zu wünschen übrig. Zudem ist Brennstoff auf Grund der hohen Nachfrage und der Gier des Staates nach immer mehr Geld richtig teuer geworden. Der luftgekühlte Heckmotor des Tesla passt in einen Zehn-Liter-Eimer, wiegt gerade mal 52 Kilogramm und hat nur ein bewegtes Teil: den Rotor. Ein superleichter V8 mit Kurbelwelle, Nockenwellen, Ventilen, Pleuelstangen und Kolben bringt immer noch über 200 Kilogramm auf die Waage.

Hartgeld-Kilometer Der bis zu 200 km/h schnelle Tesla soll mit dem Energie-Gegenwert von 1,74 Liter Super pro hundert Kilometer auskommen. 1,2 Euro-Cent schlagen laut Hersteller pro gefahrenem Kilometer als reine Energiekosten zu Buche. Damit wäre der Roadster eines der sparsamsten und effizientesten Fahrzeuge am Serienmarkt. Klar: Es muss kein Sprit erst in Wärme und dann noch teilweise in elektrische Energie für Klimaanlage, Licht und so weiter umgewandelt werden. Die diversen beweglichen Teile eines Verbrennungsmotors entfallen und müssen daher gar nicht erst beschleunigt werden. Aber wo lagert der Tesla seine Energie? 450 umspülte Kilogramm Das knapp vor der Hinterachse untergebrachte Akku-Paket wiegt 450 Kilogramm. Der Lithium-Ionen-Speicher wird der Sicherheit und einer besseren Lebensdauer zuliebe flüssigkeitsgekühlt. 40 Prozent der Entwicklungsarbeit steckt Tesla in die Batterie. Sie ist der erste serienmäßig einsatzfähige ernst zu nehmende Lithium-Ionen-Akku für Pkws. Er ist "State of the Art" und ermöglicht er eine Reichweite von bis zu 365 Kilometer. Die Batterie ist das Vorzeige-Herzstück des Roadsters, gebaut, genauso wie der Motor, in Kalifornien. Und sie ist gleichzeitig das größte Problem des Wagens: Während die Reichweite in Ordnung geht, ist das Ladezeit-Problem nach wie vor nicht befriedigend gelöst. An der Haushaltssteckdose dauert es 16, am Starkstrom-Anschluss immerhin noch 3,5 Stunden, bis die Akkus wieder voll geladen sind. Kurz mal auftanken ist nicht drin. Außerdem stehen nach 160.000 Kilometer Fahrt nur noch zirka 80 Prozent der Ursprungskapazität zur Verfügung - dann heißt es entweder mit weniger Reichweite leben, oder eben für schlappe 13.300 Euro - dafür gibt es auch einen VW Polo - einen neuen Energiespeicher erwerben. Die alte Batterie wird immerhin umweltgerecht recycelt, verspricht Tesla.

Drei Stellungen zum Glücklichsein Der metallene Gangwahl-Hebel lässt drei Positionen zu: Drive, Neutral und Reverse. Das Drehmoment des Elektromotors reicht bis zur Höchstgeschwindigkeit - flacht nicht spürbar ab, wie beispielsweise beim Elektro-Smart. Ein Untersetzungs-Getriebe reduziert konstant die Motordrehzahl Richtung Hinterachse, auf ein verwirrendes und das Gewicht nach oben treibendes Zahnrad-System wie bei Verbrennungsmotor-Wagen kann verzichtet werden. Für den Rückwärtsgang wird einfach die Drehrichtung des Motors geändert - und natürlich die Leistung reduziert. Und der eine Vorwärtsgang funktioniert perfekt - wir vermissen ein manuelles Schaltgefühl keine Sekunde. Der automobile Höhepunkt des Jahres? Tesla hat das Konzept "Elektro-Pkw" aus der Schmuddel-Ecke geholt. Die bisherigen Versuche mit oftmals potthässlichen "Friss-oder-stirb-Fahrzeugen" endeten für die Anbieter meist tödlich. Bei Tesla haben sich Leute zusammengefunden, die das Auto als Gesamtheit verstehen, die der Freude an Mobilität dient. Und die Umsetzung ist ultramodern, ein Hybrid ist aus Sicht der Tesla-Macher vollkommen veraltet. Kein Wunder: Der Tesla stammt schließlich aus dem Internet. Die Modellbezeichnung "1.5" spricht für sich, klingt eher wie die neueste Version eines Software-Programms. Das Who-is-Who des Silicon Valley, so zum Beispiel Google-Mitbegründer Larry Page und Pay-Pal-Erfinder Elon Musk, haben in das Projekt Tesla investiert. Und das nicht aus Spaß, sondern um mit einem Benchmark-Produkt gutes Geld zu verdienen. Das könnte erstmals mit einem Elektroauto funktionieren.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:Ein
Getriebe:Getriebe
Motor Bauart:Drei-Phasen-Asynchronmotor
Leistung:185 kW (252 PS) bei UPM
Preis
Neupreis: 117.810 € (Stand: August 2008)
Fazit
Der Tesla Roadster ist nicht nur eine Art Befreiung in Sachen Elektroauto. Das Wichtigste: Es gibt ihn wirklich zu kaufen und seine Reichweite geht in Ordnung. Handling und Performance sind super, der optische Auftritt hat nichts zu tun mit dem welken Design vergangener Strom-Wagen-Versuche.

Zwei Probleme bleiben: Zum einen der Anschaffungspreis von 118.000 Euro - aber der Tesla ist ein Sportwagen, kein Alltagsauto für Hinz und Kunz. Und zum anderen die mit 3,5 Stunden viel zu lange Ladezeit. Allerdings läuft die Akku-Entwicklung für Fahrzeuge gerade erst richtig an, Ladezeiten, Gewicht und Preise werden sinken, die Kapazität in die Höhe schnellen. Auch eine Infrastruktur zum Laden von Elektro-Fahrzeugen könnte sich aufbauen.

Wo der ganze Strom herkommen soll, ist weiterhin umstritten. Das Reizwort "Atomkraft" wird über kurz oder lang unausweichlich neue Diskussionen anheizen. Und was wird mittelfristig aus dem Verbrennungsmotor? This is the end, mechanical friend ?
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2008-08-11

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