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Testbericht

Sebastian Viehmann, 24. Oktober 2010
Elektroautos stehen auf vielen Messen, aber selten beim Händler. Christian Gusic betreibt eins der ersten Elektro-Autohäuser Deutschlands. Noch ist der Andrang überschaubar.

Christian Gusic steht hinter seinem Tresen und arbeitet am Computer. Um ihn herum stehen batteriebetriebene Roller und Motorräder, draußen auf dem Parkplatz parken zwei Elektroautos. Gusic betreibt eine Filiale der Kette „Lautlos durch Deutschland“ in Ottobrunn bei München. Dort geht es in der Tat lautlos zu – und das nicht nur wegen der flüsterleisen Fahrzeuge: Bislang kann Gusic nur wenige Kunden pro Tag begrüßen.

„Die Leute interessieren sich vor allem für drei Dinge: Preis, Reichweite und Batterielebensdauer“, berichtet Gusic. Der Kraftfahrzeug-Ingenieur hat als selbständiger Konstrukteur in der Automobil- und Raumfahrtindustrie gearbeitet, bevor er ins Stromer-Geschäft einstieg. „Ich habe Fahrwerks- und Antriebsstränge für Le Mans-Rennwagen entwickelt. Irgendwann habe ich das aber im Kopf nicht mehr zusammengekriegt: Zuhause lebst du ökologisch, aber im Beruf konstruierst du Rennwagen“, erzählt Gusic. Mit seinem Elektro-Autohaus wolle er nun private Weltanschauung und Beruf verbinden.

„Die Frage war: Macht man alles allein oder wählt man eine Franchise-Lösung? Ich habe mich für Letzteres entschieden, weil man im Verbund einfach mehr Möglichkeiten hat“, sagt Gusic. So habe er zum Beispiel weniger Aufwand bei der Homepage-Gestaltung oder bei Messeauftritten. 100.000 Euro habe er in sein Geschäft investiert. „Ich hoffe auf eine schwarze Null in drei Jahren und auf eine positive Gewinnentwicklung in vier bis fünf Jahren“, so der Unternehmer.

Das Gros seiner Verkäufe wird Gusic mit elektrischen Zweirädern machen, bei denen eine wachsende Nachfrage zu verzeichnen ist. Die Palette reicht von Pedelecs (Fahrräder mit elektrischer Unterstützung) über Roller wie den Innoscooter mit maximal 100 Kilometern Reichweite bis zum elektrischen Motorcross-Rad Quantya Strada, das 80 Km/h schnell ist, 60 Kilometer weit kommt und stolze 10.160 Euro kostet. Im Angebot sind zudem Nachrüstsätze, mit denen man aus seinem Drahtesel ein Pedelec machen kann.

Bei den Elektroautos sind Gusics Absatzerwartungen zurückhaltend. Bislang hat er den German E Cars Stromos für 41.990 Euro und den Tazzari Zero für 23.900 Euro im Angebot. Beim Stromos handelt es sich um einen Suzuki Splash, der von einem deutschen Automobilzulieferer auf Elektroantrieb umgerüstet wird. Gusic geht davon aus, dass er in der Startphase „vielleicht drei oder vier“ Fahrzeuge pro Jahr verkaufen kann und ungefähr fünf Tazzari Zeros. Er glaubt, dass erst eine staatliche Förderung den Verkauf der Stromer anschieben würde. „Ab 5000 Euro könnte es interessant werden“, so Gusic. „Der Erfolg des Elektroautos hängt zu 50 Prozent vom Ölpreis ab. Allein aus Umweltschutzgründen kaufen sich wenige Leute einen Stromer. Die Menschen denken langsam um – ein schnelles Umdenken läuft nur über den Preis. Und natürlich müssen auch die Batteriepreise sinken“, sagt der Unternehmer.

Zwar gibt es bereits eine Reihe von Elektroautos vom Smart Electric Drive über den Peugeot Ion bis zum Mitsubishi I-MiEV, doch die meistens sind gar nicht für den Verkauf an Privatleute vorgesehen. Hinzu kommt, dass Deutschland auf der Prioritätenliste für die Hersteller weit unten steht, eben weil es keine Förderung gibt. So hat zum Beispiel Nissan bereits angedeutet, das Elektroauto Leaf zuerst in Länder zu exportieren, in denen auch staatliche Anreize für das Auto existieren. Deutschland steht also hintenan. Förderungen gibt es zum Beispiel in Frankreich (5000 Euro pro Fahrzeug) oder in den USA (maximal 7500 US-Dollar, abhängig von der Batteriekapazität).

„Die deutschen Autobauer haben aus der Abwrackprämie gelernt“, glaubt Christian Gusic. Von dieser Prämie profitierten vor allem die Hersteller preisgünstiger Kleinwagen, und von denen findet man bei Fiat, Hyundai oder Renault deutlich mehr als bei deutschen Marken. Gusic geht davon aus, dass eine öffentliche Förderung erst dann beschlossen wird, wenn auch die deutschen Hersteller marktreife Stromer vorweisen können. 2011 soll der Plug-In-Hybrid Opel Ampera erscheinen, VW will sich mit dem Elektro-Golf bis 2013 Zeit lassen.

Doch das mangelnde Stromer-Angebot ist nur eins von vielen Problemen. Nicht nur bei der Ladeinfrastruktur, auch bei Behörden und Versicherungen ist man noch gar nicht auf Stromer eingestellt. „Auf der Zulassungsstelle sind die Programme gar nicht für Elektroautos ausgelegt“, berichtet Christian Gusic. Auch bei der Versicherung seiner Stromer sei er auf ungeahnte Hürden gestoßen. „Ich habe mehrere Versicherungsgesellschaften abgeklappert. Teilweise hätte ich einen achtfachen Preis im Vergleich zu herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen zahlen müssen. Ein Elektroroller zum Beispiel hätte mich 1600 Euro im Jahr kosten sollen. Manche Versicherungen konnten ohne eine Hubraumangabe in ihrem System nicht mal ein Angebot errechnen“, erzählt Gusic. Schließlich fand er eine auf Stromer spezialisierte Versicherung, und die Roller-Prämie sank auf 259 Euro.Ein weiteres Problem ist eher unbedeutend, doch es zeigt, mit welchen Kleinigkeiten Stromer-Fans manchmal zu kämpfen haben: Für den Stromos bekommt Gusic keine Feinstaubplakette. Zwar sind Elektroautos von der Plaketten-Pflicht befreit, doch es könnte trotzdem Ärger geben. „Der Stromos ist auf den ersten Blick ja nicht als Elektroauto erkennbar“, sagt Gusic, „ich warte auf den Tag, an dem ich in der Münchner Innenstadt einen Strafzettel bekomme und den Behörden dann erklären muss, worum es sich bei dem Auto handelt.“

Quelle: Autoplenum, 2010-10-24

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