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Testbericht

Jürgen Wolff, 5. Februar 2013
Kurz vor dem Polarkreis gibt es üppig portionierte Burger, frischen Sprit und eine urige Bar mit deutscher Bedienung - in der Eagle Plain Lodge, Kanadas nördlichstem Rasthaus.

Gleich hinterm Parkplatz ist Schluss - für ein paar Stunden ist hier wirklich erst einmal die Welt zu Ende. Eine verschneite Straßensperre mit gelben Warnleuchten und großen Buchstaben lässt keine Zweifel: \"Road closed\". Über den Dempster Highway tobt ein Blizzard, ein heftiger Schneesturm. Das gute Dutzend Trucks, das während des vergangenen Tages Richtung Inuvik in den hohen Norden Kanadas unterwegs war, steht mit voller Festbeleuchtung und laufenden Motoren auf dem Parkplatz der Eagle Plains Lodge. Wer bei -35 Grad Celsius abends den Motor abstellt, der hat Schwierigkeiten, ihn am nächsten Morgen so ohne Weiteres wieder in Gang zu bekommen.

Die Eagle Plain Lodge ist das nördlichste Rasthaus auf dem amerikanischen Kontinent - und nicht nur in solchen Momenten eine willkommene Zuflucht. Während draußen die Motoren sich selbst warmhalten, sitzen die Trucker in der Bar des Rasthauses vor einem dampfend heißen Kaffee oder einem eiskalten \"Yukon Gold\"-Bier. An der Wand hängen präparierte Bison-, Elch- und Karibuköpfe, Bärenfelle und betagte Schneeschuhe mit Holzrahmen. Dazu jede Menge verblichener Fotos, Urkunden und Sporttrophäen, die etwas über die Geschichte dieser Gegend erzählen. In der einen Ecke steht - eingerahmt von ein paar Topfpflanzen - ein ausgestopftes Rentier, in der anderen ein Billardtisch.

Außer der Bar gibt es noch ein - nun ja: Restaurant, dessen Spezialität üppige Burger sind, ein Hotel mit 32 Betten in meist hellhörigen Zimmern, einen Waschsalon, eine Tankstelle mit zwei Zapfsäulen und eine Autowerkstatt, in der sich auch ganze Sattelschlepper warten lassen. Im Sommer gibt es zudem einen Campingplatz. Und ringsum das ganze Jahr: Landschaft satt.

Bis nach Dawson im Süden sind es von hier rund 400 Kilometer, bis nach Inuvik, einem 3.400-Seelen-Dorf an der Mündung des Mackenzie-Rivers, ebenfalls. Häuser oder gar Ortschaften gibt es dazwischen weder in die eine noch in die andere Richtung. Für die Verbindung zwischen Dawson und Inuvik sorgt seit Ende der 1970er Jahre der Dempster Highway. Wobei \"Highway\" in diesem Fall vor allem während der Wintermonate nicht viel mit den breiten, vierspurigen Asphaltbahnen zu tun hat, die man aus den USA so gewohnt ist. Der Dempster Highway ist im Winter eine rutschige Schnee- und Eispiste, die immer wieder mal von mächtigen Räumfahrzeugen mehr planiert als freigeschaufelt wird.

Gefahren wird meist in der Straßenmitte. Nur bei den ein, zwei Fahrzeugen, die einem auf den 400 Kilometern entgegen kommen, weicht man auf die rechte Straßenseite aus. Ein paar zugeschneite Autos neben der Straße warnen ab und an davor, zu sehr zum Straßenrand hin auszuweichen. Wer hier liegen bleibt, bekommt sein Auto frühestens wieder im Frühjahr flott.

Der Dempster Highway ist mit seinen insgesamt 735 Kilometern Länge die nördlichste öffentliche Straße in Kanada. Er führt auf Alpenhöhe durch weite Tundra-Ebenen, durch raues, vulkanisches Gebirge und über den North Fork Pass durch die Tombstone Mountains. Ein großer Teil des \"Dempster\", der erst im August 1979 offiziell eröffnet wurde, folgt einem alten Hundeschlittenweg. Ein gutes halbes Jahr bevor der Highway fertig wurde, eröffnete Ende 1978 die Eagle Plains Lodge. Stan McNevin, ihr Besitzer, verdiente sich vorher sein Geld im Baugewerbe. Neben den Truckern sind es im Sommer vor allem Touristen, Biker und Motorradfahrer, die bei ihm auf dem Weg zum gerade mal 35 Kilometer entfernten Polarkreis einen Zwischenstopp einlegen. Mehr als die Hälfte seiner Gäste komme aus Europa, sagt McNevin.

Von da kommt auch Evelyn. Die Deutsche war mit ihrem Ford Pick-up vor sechs Jahren mitten auf dem Dempster Highway liegen geblieben, ein Ersatz für die kaputte Ölwanne brauchte sechs Wochen. So lange wollte die Badenerin in der Lodge bleiben und Kost und Logis im Restaurant und in der Bar abarbeitete. Aus den sechs Wochen sind mittlerweile sechs Jahre geworden.

Weit weg von allem, was mit Zivilisation zu tun hat, ist die Eagle Plains Lodge komplett autark. Ein Generator sorgt für Strom. Im Winter rauschen dafür jeden Tag mehr als 1.200 Liter Treibstoff durch. Das Trinkwasser wird aus 44 Kilometer Entfernung mit Tankwagen vom Eagle River angekarrt, die Tanks der Lodge fassen mehr als 60.000 Liter. Geöffnet hat Stan McNevin das ganze Jahr über. Anders als der Dempster Highway vor der Tür: Der war 2012 an 21 Tagen gesperrt. Wegen Schneesturm.

Quelle: Autoplenum, 2013-02-05

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