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Testbericht

Patrick Broich/SP-X, 30. Juli 2020
SP-X/Köln. Wenn man an ein Fahrzeug aus den Dreißigerjahren denkt, mag man Dinge wie große Speichenräder, holzschnittartige Karosserien und knatternde Motorengeräusche assoziieren. Doch weit gefehlt, schaut man sich den Peugeot 402 Eclipse an. Da rollt eine elegante Karosse an, die den Stromlinien-Stil pflegt – Aerodynamik war im alten Europa vor dem zweiten Weltkrieg sicher nicht das vorherrschende Thema – auch und gerade deshalb muss der luxuriöse Peugeot damals wie ein Ufo auf die Menschen gewirkt haben mit seinem geschliffenen Design, den hinter dem Kühlergrill-Gitter versteckten Scheinwerfern und den verdeckten Hinterrädern. Eigentlich so wie heute der Aventador SVJ Roadster. Nur dass die Leute früher nicht eben mal ihr Mobiltelefon zücken konnten, um das Unglaubliche fotografisch festzuhalten. Der auf 800 Exemplare limitierte Aventador SVJ Roadster gereicht seinem Namen zur Ehre mit seiner einfach nur brutalen Optik. Noch aggressiver als die Front mutet eigentlich das Heck an mit seinem übermächtigen Diffusor, dem Flügel und den Walzen der 335er-Klasse, als wolle es alle anderen Verkehrsteilnehmer einfach einsaugen.Doch zunächst zurück zum Eclipse, der ja noch mehr bietet als nur eine Karosse, an der sich weder Auge noch Wind reiben. Das Spektakuläre sieht der unbedarfte Betrachter erst auf dem zweiten Blick – denn es handelt sich bei dem über fünf Meter langen Gefährt tatsächlich um ein Cabrio mit versenkbarem Blechdach. Man muss tatsächlich ein bisschen körperlich arbeiten, um den schweren Verdeckkasten aufzustemmen und die Dachelemente mit der ausgeklügelten Mechanik – geht je nach Ausführung sogar elektrisch, beim Fotofahrzeug aber ohne Helferlein – herunterzuklappen. Doch dann steht dort ein wunderschönes Sommergefährt mit hohem Frischluftfaktor sowie glatter Cabriolinie, denn der Wetterschutz verschwindet restlos in der geräumigen Karosserie.Nun also die nächste Hürde nehmen: den Eclipse fahren. Bei Autos, die das achtzigste Lebensjahr längst hinter sich gelassen haben, gibt es in der Tat nicht immer einheitliche Bedienungsschritte. Mal befindet sich das Gaspedal links und die Bremse rechts, mal will auch die Motorkühlung manuell justiert werden, oder neben simpler Choke-Regulierung lässt sich auch der Zündzeitpunkt verstellen. All das bleibt dem Fahrer des Luxus-Peugeot mit damals fortschrittlicher 12 Volt-Anlage zwar erspart, aber er trifft auf eine andere überraschende Technik, nämlich auf die Revolver-Schaltung, für die eigentlich eher die Marken Citroën (2CV) oder Renault (R4) bekannt sind. Das Schaltschema ist schnell erlernt, falls die eigene Automobilbiographie eher mit Käfer und Golf begann. Aber diese Box ist nur teilsynchronisiert. Also einfach unbedarft aus voller Fahrt heraus in den ersten Gang schalten, wäre keine gute Idee – doppeltes Kuppeln und Zwischengas ist Pflicht. Auch der zweite Gang will hier mit Gefühl eingelegt werden, sonst kracht es. Und nicht nur geschaltet werden muss behutsam, auch bei der Querdynamik liegt der Fokus eher auf der ersten Wortsilbe. Man muss ganz schön am großen Lenkrad kurbeln, um die wuchtige, wenngleich schmale Rahmenkarosse mit Starrachs-Konstruktion um die Ecken zu bugsieren.Genau hier schlägt die Stunde des Aventador, der die Nordschleife bei Bedarf auch mal in unter sieben Minuten schnupft. Abtrieb und Querdynamik sind die Welt des Italieners, wobei man sich die Performance erst einmal erarbeiten muss. Der Erstkontakt mit dem Lambo startet mit dem Versuch, sich einzurichten und zu orientieren. Sicht nach hinten? Fehlanzeige, der mächtige Heckflügel schützt nicht nur vor Ein-, sondern auch vor Ausblick. Abbiegesituationen sind auch demnach kritisch, weil von rechts nahende Radfahrer durch die breite B-Säule verdeckt werden. Also raus aufs Land mit dem Kampfstier, wo zumindest das Straßengeschehen übersichtlich ist. Im Modus „Strada“ arbeitet das automatisierte Siebenganggetriebe eher gemütlich, während der nach klassischer Manier freisaugende 6,5-Liter-Zwölfzylinder immer genauso brutal schiebt, wie das Karosseriedesign aussieht. Dabei kreischt der mittig montierte Monstermotor in verschiedenen Tonlagen auf dem Weg zum Drehzahlbegrenzer und beschallt die Straße auch in grundsätzlich klangmageren Otto-Partikelfilterzeiten.Richtig giftig bewegt sich der Italiener in der „Corsa“-Einstellung – dann erfüllt der kompakt bauende Automat auch seine Versprechen, die Übersetzungen binnen 50 Millisekunden zu wechseln. Zumindest unter Zug knallt das Getriebe einen Gang nach dem anderen rein, während der mit Allradantrieb und –Lenkung ausgerüstete Zwölfender nach Traktion schnappt und schreiend Fahrt aufnimmt. Dann ringen die Passagiere um Halt in der maßgeschneidert wirkenden Kabine, während der Aventador die Tempo-Stationen abarbeitet. Glaubt man einschlägigen Fachmedien, sind 100 km/h nach knapp drei, 200 km/h nach etwas weniger als neun und 300 km/h nach deutlich unter dreißig Sekunden abgehakt.Das sind Zeiteinheiten, die es beim Eclipse bedarf, um nach sorgfältigem Sortieren der Gänge gerade einmal Stadttempo zu erreichen. Der lange Franzose entschleunigt mit seinem ruhig laufenden und 40 kW/55 PS starken Zweiliter-Vierzylinder, während der 566 kW/770 PS starke Italiener den Fahrer eigentlich immer auf Adrenalin hält. Er wirkt mit seiner Breite von über zwei Metern zunächst einmal sperrig vor allem auf schmalen Landstraßen, um erst nach einer Zeit klarzustellen, wie brachial das Karbon-Monocoque um Kehren wetzt und sich dabei gefühlt keinen Millimeter zu neigen scheint.Das Topmodell des Aventador, also der limitierte Super Veloce Jota, dürfte so ziemlich die extremste Form sein, sich mit einem fahrbaren Untersatz aus einem Großserien-Konzern fortzubewegen – von einzelnen Hypercars mal abgesehen. Der Peugeot Eclipse definiert extremes Fahren anders, erfordert eine Mischung aus Kraft und Fingerspitzengefühl. Schwergängige, weil nicht servounterstützte Bremsen und Lenkung verlangen einen vorausschauenden Fahrstil. Den bedarf es beim Aventador auch – hier sind es vor allem sorgfältige Blicke wegen der Unübersichtlichkeit und das Verantwortungsbewusstsein, mit der Leistung bedacht umzugehen.Ein funktionaler Punkt ist beim betagten Eclipse übrigens einfacher als beim modernen Aventador. Denn während die Hüllen des Franzosen recht einfach fallen, lassen sich die zwei herausnehmbaren Dachhälften des Italieners zwar simpel lösen und entfernen, aber nur sehr umständlich verstauen. Übrigens: Mit unter 500 gebauten Exemplaren war der Peugeot immer schon rarer als der 800-fach produzierte italienische Roadster. Erhalten dürften davon noch viel weniger sein, ein Schicksal, das dem von vornherein als Sammlerauto ausgelegten Aventador eher nicht blühen dürfte abgesehen von vereinzelten Totalschäden. Preislich bewegt sich der Eclipse zwischen 120.000 und 190.000 Euro je nach Marktlage – dafür bekommt man immerhin schon die günstigsten gebrauchten Aventador. Ein neuer Aventador SVJ als Roadster startet bei knapp unter 400.000 Euro. Man muss ja ein bisschen Stoff zum Träumen haben.Peugeot 402 Eclipse – technische Daten:Blechdachcabrio, Bauzeit 1935 bis 1942, Länge: 5,00 Meter, Breite: 1,66 Meter, Höhe: 1,57 Meter, Radstand: 3,15 bis 3,30 Meter2,0-l-Vierzylinder-Otto-Vergasermotor, 40 kW/55 PS, maximales Drehmoment: k.A., 0-100 km/h: k.A, Vmax: 120 km/h, Dreigang-SchaltgetriebeLamborghini Aventador SVJ Roadster – technische Daten:Offener Supersportwagen, Länge: 4,94 Meter, Breite: 2,10 Meter (ohne Außenspiegel), Höhe: 1,14 Meter, Radstand: 2,70 Meter6,5-l-V-Zwölfzylinder-Otto-Saugmotor, 566 kW/770 PS, maximales Drehmoment: 720 Nm bei 6.750 U/Min., 0-100 km/h: 2,9 s, Vmax: 350 km/h, Siebengang-Automatik, Durchschnittsverbrauch: 17,9 l/100 km, CO2-Ausstoß: 452 g/kmZusammenkunft zweier polarisierender Sammlerautos – Peugeots innovatives Blechdach-Cabrio aus den Dreißigerjahren ist kaum weniger extrem als das aktuelle Roadster-Topmodell aus dem Hause Lamborghini.
Fazit
Zusammenkunft zweier polarisierender Sammlerautos – Peugeots innovatives Blechdach-Cabrio aus den Dreißigerjahren ist kaum weniger extrem als das aktuelle Roadster-Topmodell aus dem Hause Lamborghini.

Quelle: Autoplenum, 2020-07-30

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