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Testbericht

Peter Maahn/SP-X, 8. Juni 2018
Reichweiten von 500 Kilometern und mehr? Kein Problem für ein Wasserstoff-Auto. Auftanken an der Zapfsäule in vier Minuten anstatt quälende Stunden an der Steckdose? Ein Wasserstoff-Auto kann das. Ein Land, vollgepflastert mit Ladesäulen, um die sich die Stromhungrigen streiten? Ein Wasserstoff-Auto kann drauf verzichten. Und warum fahren wir dann nicht alle ein Auto wie zum Beispiel den Toyota Mirai, der auch noch bei zweistelligen Minusgraden seine volle Leistung bringt? Die von einer mit Wasserstoff gefütterten Brennstoffzelle angetriebene Limousine ist zwar schon zwei Jahre auf dem Markt, aber etwas in Vergessenheit geraten. Zum einen, weil sie mit fast 80.000 Euro richtig teuer ist. Zum anderen leidet der Japaner unter der alten Henne-Ei-Geschichte. Neben dem Mirai ist derzeit nur der Hyundai Nexo (ab August) bestellbar. Bei nur zwei Modellen schrecken die Energiekonzerne davor zurück, das Netz der Tankstellen für Wasserstoff (zurzeit 50 in Deutschland) zu erweitern. Also will die 500-Kilometer-Tour von Kopenhagen nach Hamburg gut geplant sein. Zwar schafft der Mirai laut Datenblatt diese Distanz locker ohne Tankstopp. Doch wie in allen Elektrofahrzeugen hängt der Stromverbrauch entscheidend vom rechten Fuß des Fahrers ab. Moment mal, Elektrofahrzeug? Ja, denn der Mirai ist ein solches. Seine Batterie wird aber eben nicht per Kabel von außen „betankt“. Er hat sein eigenes Kraftwerk an Bord, die Brennstoffzelle. In ihr reagiert der in zwei Tanks bereitstehende Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Umgebungsluft. Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, erinnert sich, dass bei der sogenannten „kalten Verbrennung“ elektrische Energie entsteht, sie wird in der bordeigenen Batterie gespeichert. Abgase, die für schlechte Luft und künftige Straßensperrungen sorgen können, entstehen nicht. Aus dem Mirai-Auspuff tropft nur reines Wasser. Man könnte es sogar gefahrlos trinken. Derart gedanklich in die Schulzeit versetzt, ist der Pioniergeist des Mirai-Fahrers schon vor dem Start geweckt. Äußerlich erinnert die viertürige Limousine an die Filmautos, die im zweiten Teil des Blockbusters „Zurück in die Zukunft“ über die Leinwand düsten. Der spielt im Jahr 2015, erdacht aus dem Blickwinkel von 1989. Der Mirai mit seiner gewagten Frontpartie, den wilden Seitenlinien und dem knuffigen Heck folgt nicht dem glatten Einheitsbild heutiger Autos. Schließlich bedeutet das japanische Wort „ Mirai“ übersetzt nichts weniger als „Zukunft“. Funktional und technisiert ist der Innenraum gestaltet. Tacho und weitere Anzeigen sind in eine Leiste direkt an der Unterkante der Windschutzscheibe gewandert. Oberhalb der Mittelkonsole reckt sich ein Bildschirm fürs Navi, zwischen den Sitzen eine Art Kommandozentrale mit diversen Funktionen wie Sitz- und Lenkradheizung, Klima oder Scheibenwaschanlage. Es gibt keine klassischen Schalter und Knöpfe mehr, alles reagiert auf Fingerberührung. Allerdings sind die Schaltflächen so sensibel, dass man sich nach einem Fehlgriff schon mal bei 30 Grad Außentemperatur über seinen heißen Sitz wundert. Alles Gewöhnungssache. Ein Druck auf dem Startbutton rechts neben dem recht konventionellen Lenkrad. Es entsteht ein sanftes Singen aus Richtung des Motorraums, das Kraftwerk wird hochgefahren. Es dauert ein paar Sekunden, dann meldet sich der Mirai zum Dienst, die Zelle produziert also Strom für die Batterie. Das Losfahren läuft dann wie in jedem anderen Elektroauto. Die Durchzugskraft muss nicht durch Steigern der Drehzahl wie in einem Benziner erzwungen werden, sondern ist sofort voll da. Kraftvoll, aber nicht so betont sportlich wie zum Beispiel ein Tesla oder andere Stromer. Ist in einem reinen E-Mobil das Singen der Reifen auf dem Asphalt die einzige Geräuschquelle, dringt im Toyota die Arbeit der Brennstoffzelle ans Ohr. Nicht vergleichbar mit dem vertrauten Sound eines Benziners, eher ein undefinierbares technisches Geräusch, ein Zischen und Summen, das aber nicht ständig auftritt. Das Ganze ist aber so dezent, dass beim Lauschen eines Symphoniekonzerts aus der Audioanlage auch leise Harfenklänge eine Chance haben. So ein Mirai fährt sich völlig unspektakulär, vor allem auf der von Elektroautos so gefürchteten Langstrecke. Lenkung, Bremsen, Fahrwerk – niemand muss etwas dazulernen oder sich auf besondere Eigenschaften einstellen. Ein  Unterschied versteckt sich im kleinen Wahlhebel in der Mittelkonsole. Neben „vorwärts“, „rückwärts“ und „neutral“ ist da noch eine Stufe mit der Kennzeichnung „B“. Wird sie eingelegt, tritt eine Art Motorbremse in Aktion. Hilfreich zum Beispiel beim Verzögern vor Autobahnabfahren oder wenn es bergab geht. Dabei wird Energie frei, die flugs in der Batterie verfrachtet wird. Einzigartig ist eine Taste, die nach dem Abstellen des Autos das restliche Wasser aus dem Auspuff pustet. Sinnvoll vor allem bei Frostgefahr. Normalität bei den Leistungsdaten: Knapp zehn Sekunden auf 100 km/h, fast 180 km/h Spitze. Beides auszureizen, ist beim derzeitigen, dünnen Netz an Tankstellen nicht ratsam. Beim Toben schmilzt die Reichweite ebenso schnell wie in einem Benziner, aber nicht so übermäßig heftig wie bei einem batterieabhängigen E-Auto. Entsprechend seines hohen Preises bietet der Mirai jede Menge an Komfort und Ausstattung. Nur beim Gepäck ist Zurückhaltung angesagt. Die bescheidenen 361 Liter in dem fast 4,90 Meter langen Mirai sind der Unterbringung der beiden Wasserstofftanks geschuldet. Auch die erlaubte Zuladung von nur 329 Kilogramm setzt enge Grenzen. Toyota setzt trotzdem zurecht auf die Zukunft des Wasserstoffautos. Dazu sind aber neben mehr Tankstellen weitere, auch kleinere und günstigere Modelle nötig. Vor allem aber ein Plan der Regierenden dieser Welt, wie mit dem Element Wasserstoff umzugehen ist. Es kommt ungebunden in freier Natur nicht vor, ist dennoch im Überfluss vorhanden. Um den Stoff aber aus seiner Gefangenschaft im Wasser zu befreien, muss viel Energie aufgewendet werden. Sinnvoll ist das nur da, wo die Sonne häufig scheint oder und Wind stark weht. Eine Idee ist, Wasserstoff genau dort vor Ort zu produzieren und dann ins Land zu verteilen. Chefentwickler Yoshikazu Tanaka nennt noch einen anderen Vorteil, der im Wasserstoff steckt. „Wir können auf diese Weise elektrische Energie effektiv speichern und transportieren“. Vielleicht also erspart uns diese Technik ja Stromautobahnen mit ihren riesigen Masten, die sich quer durchs Land ziehen.Toyota Mirai - Technische Daten: Viertürige Limousine mit vier Sitzen. Länge: 4,89 Meter, Breite (ohne Außenspiegel): 1,82 Meter, Höhe: 1,54 Meter. Radstand: 2,78 Meter, Kofferraumvolumen: 361 Liter, Leergewicht (mit Fahrer): 1.850 kg. Antrieb: Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle mit 370 Zellen, Nickel-Metall.Hydrid-Batterie mit 1,6 kWh. Motorgenerator mit 113 kW/154 PS, max. Drehmoment: 335 Nm Vmax: 178 km/h, 0-100 km/h in 9,6 sec., stufenloses Automatikgetriebe: Normverbrauch: 0,76 kg Wasserstoff pro 100 km, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Reichweite: bis zu 550 km. Preis: ab 78,600 Euro (Leasing für 1.458 Euro/Monat inkl. Versicherung)Wenn die Invasion der E-Autos bevorsteht, gerät das Wasserstoff-Auto endgültig aufs Abstellgleis? Ein Ausflug mit dem Toyota Mirai belegt das Gegenteil.
Fazit
Wenn die Invasion der E-Autos bevorsteht, gerät das Wasserstoff-Auto endgültig aufs Abstellgleis? Ein Ausflug mit dem Toyota Mirai belegt das Gegenteil.

Quelle: Autoplenum, 2018-06-08

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