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Testbericht

Ralf Bernert/SP-X, 9. Juni 2016

Jedes Schlagloch, jede Unebenheit und jede Brückenfuge ist für diesen Lieferwagen und seine Insassen ein Abenteuer. Der Morris Mini Van springt, jauchzt und quietscht wie ein kleiner Junge, den man in eine Achterbahn gesetzt hat. Die Räder, gerade mal 10 Zoll klein, bieten einen Hauch an Fahrkomfort. Die Lenkung ist zwar direkt wie man es von einem echten Mini kennt, aber auch mit dem in diesem Alter typischen Spiel ausgestattet. Ein paar Dezimeter vor dem Lenkrad sitzt der quer eingebaute Vierzylinder und der hat alle Hände voll zu tun. Tempo 90 und das mit knapp 35 PS, das Wägelchen müht sich nach Leibeskräften, seine zweite Bestimmung ist nun ein reines Vergnügen. Back to the roots, oder zurück zu den Ursprüngen des Autofahrens. Und das ohne Beladung, die weiter hinten sowieso nur wild herumfliegen würde.
 
Ende der 50er, der Mini startet seine einzigartige Karriere als Antwort auf die Suezkrise und die darauffolgende weltweite Energiekrise. Enthaltsamkeit war Trumpf und der Mini war nicht nur beim Benzinverbrauch ein Sparfuchs. Der kleine Brite machte aus der Not eine Tugend und fuhr sich in die Herzen der Briten. Ein kleiner Motor, eine winzige Karosserie mit Ecken und Kanten, ein Innenraum ohne einen Hauch von Komfort und dazu ein einzigartiges Fahrgefühl. Direkt, sportlich und vor allem klassenlos. Auf den Mini folgten verschiedene Varianten. Ein Cabriolet, ein Pick-Up, der Strandfloh Moke und ab 1960 der Van. Ihm wurde die längere Karosserie des Countryman gegönnt. Der Radstand wuchs um 10,6 Zentimeter, schließlich sollte der Mini-Lieferwagen nicht nur spartanisch, sondern auch nützlich sein.
 
Hinter den beiden vorderen Sitzen war nun Platz für allerlei Transportgut. Vor allem Handwerker und kleine Handelsbetriebe nutzten den „großen“ Mini. Er war preiswert, praktisch und einfach in der Technik. Die Steuer beim Kauf des Mini Van entfiel, weil der Kleine als „commercial car“ deklariert wurde. Der Vierzylinder mit 848 ccm Hubraum lieferte zwar nur 34 Pferdestärken, aber das reichte dank des niedrigen Gewichtes von weniger als 700 Kilo für gut 100 km/h. Der Benzinverbrauch stieg selten über 10 Liter pro 100 Kilometer, ein Wert den man allerdings bei voller Beladung auch übertreffen konnte.
 
Rein äußerlich ist der Van mit dem Countryman zwar identisch, aber man verzichtete auf jede Form der Zierde. Beim Van fehlt nahezu jede Chrom-Leiste, bis auf den Stoßfänger und die Scheinwerfer-Rahmen kommt der Lieferwagen mit lackiertem Blech daher. Die hinteren Fenster wurden durch Blechteile ersetzt, im Innenraum setzt sich das spartanisch-minimalistische Bild fort. Die mit Kunststoff bezogenen Sitze bieten keinerlei Seitenhalt, was bei den Fahreigenschaften des Mini zu recht häufigen Annäherungen von Mensch und Tür oder von Fahrer und Beifahrer führt. Die Seitenfenster lassen sich nicht komplett öffnen, man schiebt oder drückt nach vorn oder hinten. Weiter hinten findet sich im Dach des Lieferwagens eine winzige Öffnung, man kann sie auch Luke nennen. Eine mittelgroße Hand passt gerade so hindurch, für einen Hauch an Frischluft war also gesorgt. 
 
Beim Thema Lenkung und Getriebe haben die Briten nur das Notwendige eingebaut. Vier Gänge, teilweise synchronisiert, dazu ein Schalthebel, der eher als Rührstab dient. Das Lenkrad, schlank und rank, liegt gut in der Hand, dass das Lenkspiel mit den Jahren ein wenig aus den Fugen geraten ist, kann man dem Klassiker leicht verzeihen, man fühlt sich an Bord eines kleinen Bootes. Sobald der Van die Richtung ändert, ist Gegensteuern angesagt. Das der Mini Van einem Kart gleich um die Ecken rennt, ist grundsätzlich richtig, aber wir wollen uns nicht vorstellen, was mit dem Transportgut hinter den Sitzen passiert, da bei den Sparmaßnahmen auch jede Form der Befestigung abhanden kam.
 
Trotz aller Enge und spartanischer Ausprägung ist der Van ein Typ mit starkem Charakter. Hinter dem Steuer stellt sich schnell ein Gefühl von Verbundenheit ein. Das Mini-typische Hauptinstrument liefert alle relevanten Daten, der dank kaum vorhandener Dämmung recht laute Motor ersetzt den Drehzahlmesser und die übersichtliche Karosserie macht jede Form elektronischer Parksensorik überflüssig. Der Spaß am Mini, das typisch dynamische aller Mini-Varianten ist auch im Van spürbar. Man möchte den Kleinen mit Speed um die Ecke laufen lassen und wenn die Bahn frei ist, rennt der kleine Lieferant auch auf der Landstraße munter drauflos.
 
Wer sich den Morris Mini Van als Klassiker zulegen will, sollte unbedingt auf einige technische Schwächen gefasst sein. Die Elektrik des Mini Van mag keine Feuchtigkeit, Startschwierigkeiten sind bei Regen keine Seltenheit. Das Thema Rost ist nicht zu unterschätzen, viele klassische Vans von Mini wurden zu Lebzeiten kaum gepflegt, sie waren als preiswerte und praktische Lastesel unterwegs. Obwohl der Van mehr als 500.000-mal verkauft wurde, sind gut erhaltene Exemplare schwer zu finden. Die Ersatzteilversorgung ist recht gut, die Preise für komplett restaurierte Mini Vans liegen bei rund 15.000 Euro.

Technische Daten: Morris Mini Van 1966
Länge: 3,29 m, Breite: 1,40 m, Höhe: 1,35 m, Radstand: 2,14 m
Leergewicht: 686 kg, maximale Zuladung: 250 kg
 
Motor: 4-Zylinder Reihe, quer eingebaut; Hubraum: 848 ccm, Leistung: ca. 34 PS,
Getriebe: 4-Gang Handschalter (teilsynchronisiert), Antrieb: Vorderräder, Höchstgeschwindigkeit: ca. 110 km/h
 
Produktion: 1960 bis 1981
Stückzahl: ca. 520.000

Fazit
Alles an diesem Mini ist winzig, bis auf das Lenkrad und die Aura. Ein Lieferwagen für ein paar tausend Pfund, von der Steuer befreit, weil offiziell als „commercial car“ deklariert. Spartanischer geht es kaum, als Lieferwagen ist der Morris Mini Van ein Erlebnis, vor allem, wenn man dem 50-Jährigen eine mehrstündige Ausfahrt über kurvige Landstraßen gönnt.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-06-09

Getestete Modelle
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