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Testbericht

Stefan Grundhoff, 24. März 2015
Es dauert nicht mehr lange, dann werden lange Autobahnpassagen ohne Zutun des Fahrers zurückgelegt werden. Noch in diesem Jahrzehnt übernehmen die Computer das Steuer im Auto.

Nichts sorgt in der Automobilbranche derzeit für mehr Gesprächsstoff, als das autonome Fahren der nahen Zukunft. Fahrdynamiker sehen den Untergang des automobilen Abendlandes während sich Vielreisende bereits die Hände reiben, weil sie auf längeren Autobahnstrecken entspannt arbeiten können. Alles nichts Neues in der Schifffahrt oder im Flugzeug - doch auf der Straße eine Revolution. Zumindest im Kleinen, denn längst können Autos automatisch ein- und ausparken, Abstand halten und im Stau der Kolonne folgen.

In Europa mahlen die Mühlen einmal mehr langsamer als in den USA. Zwar sind auch auf Autobahnen in Deutschland zahlreiche Erprobungsfahrzeuge der Autohersteller längst autonom unterwegs; doch die rechtlichen Rahmenbedingungen machen es bisher schwer, große Fortschritte in die Serienmodell zu bringen. Denn während die Autoindustrie zeitnah zumindest auf Autobahnen bereits autonom loslegen könnte, stochert der Gesetzgeber bisweilen noch im juristischen Nebel herum. Da wird die Autobahn A9 zwischen Nürnberg und München als Ausweisung einer Teststrecke für autonomen Fahrbetrieb bereits gefeiert, wie eine kleine Mondladung. Dass hier seit Jahren Prototypen vollautonom unterwegs sind, findet kaum Erwähnung.

Die USA treiben den Traum von autonomen Fahren lautstärker vor sich her. Kein Überraschung, dass sich einige Bundesstaaten im Land der unbegrenzten automobilen Möglichkeiten leichter tun, als im nicht selten allzu kleingeistigen und hinterweltlerischen Europa. Das Netz von amerikanischen Highways und Interstates, einst als Abbild des deutschen Autobahnnetzes ersonnen, ist deutlicher luftiger gespannt, als in Ländern wie Deutschland, Österreich oder den Niederlanden. Die Entfernungen sind größer, die Geschwindigkeiten kleiner und die Bereitschaft für Innovationen bisweilen grenzenlos. So haben sich mit den Bundesstaaten Kalifornien, Nevada, Michigan und Florida einige Bundesstaten sehr schnell bereit erklärt, die rechtlichen Rahmenbedingungen für das autonomes Fahren zu schaffen. In Flächenstaaten wie Oregon, Arizona, Colorado oder Texas gab es jedoch erst einmal die rote Karte. In vielen anderen Staaten wird gerade daran gearbeitet, das autonome Fahren unter entsprechenden Richtlinien zu erlauben.

Jessica Altschul kämpft für Daimler in der US-Bundeshauptstadt Washington täglich mit den nationalen US-Behörden für einheitliche Regelungen: "Rund 90 Prozent der Unfälle gehen auf menschliches Versagen zurück", sagt Jessica Altschul, "570 Millionen Autofahrer sind über 65 Jahre und mit autonomen Verkehrsfluss ließen sich bis zu 2,9 Milliarden Gallonen Kraftstoff einsparen." Das sind 30 Prozent des in den USA verbrauchten Kraftstoffs. Doch aktuell geht es den meisten Staaten in den USA ebenso wie in Europa weniger um den Kraftstoffverbrauch, sondern vielmehr um Komfort für die Insassen und mehr Sicherheit. In den US-Bundesstaaten, die grünes Licht für die autonomen Probanden gegeben haben, sind immer mehr Testfahrzeuge unterwegs, die den Weg für das autonome Fahren im großen Stil ebnen sollen. Doch nach wie vor gibt es auch in den USA Hindernisse auszuräumen. "Es geht um die jeweiligen Versicherungssummen, die generell von einer auf fünf Millionen Dollar steigen sollen oder darum, dass die Bundesstaaten gute Straßenschilder und Fahrbahnmarkierungen haben", erklärt Jessica Altschul weiter, "daran hapert es oft noch." Wenn die Erprobungsphasen weiter gut laufen, rechnen die Verkehrsexperten in den USA damit, dass die einzelnen Regelungen der Bundesstaaten in den nächsten Jahren von einer landesweiten übergeordneten Richtlinie geschluckt werden, die das autonome Fahren erlaubt.

Autonomes Fahren ist dabei nicht gleich autonomes Fahren. Es wird aktuell allgemein zwischen fünf Stufen der Autonomie unterschieden. Auf der ersten Stufe greift der Fahrer noch komplett selbst ins Steuer, während er sich in weiteren Schritten leiten lässt, gar nicht mehr steuert oder bestenfalls ein kleines Nickerchen ohne jegliche Aufmerksamkeit für die Fahrbahn machen kann. Die internationale SAE (Society of Automotive Engineers) sieht als Krönung der Automatisierung zudem noch den Fall, wenn das Auto komplett ohne Fahrer unterwegs ist und zum Beispiel die Kinder vollautomatisch aus der Schule holt. So weit wird es bis Ende des Jahrzehnts jedoch kaum gehen. Anzunehmen, dass Modelle wie die dann 2019 überarbeitete Mercedes E-Klasse, die Anfang kommenden Jahres ihre Weltpremiere feiert oder die nächsten Modellgenerationen von BMW 5er / 7er, Audi A6 / A8, Volvo XCX90, Lexus LS oder VW Passat vollautonom fahren können. Auch Tesla will sein Model S in den nächsten Jahren Schritt für Schritt fit für autonome Langstrecken machen. Volvo-Sicherheits-Spezialist Anders Eugensson: "Bis zu 95 Prozent aller Autounfälle sind durch menschliches Versagen verschuldet. Wir wollen dafür sorgen, dass ab 2020 kein Verletzter oder sogar Toter in einem neuen Volvomodell zu beklagen ist."

Diese Teil- oder Vollautomatisierungen dürften sich bei allen Herstellern jedoch zunächst auf Autobahnen und ggf. Überlandfahrten beschränken. Zu schwer ist es aktuell, die turbulenten Szenen in den überfüllten Innenstädten abzusichern, wo immer wieder Fußgänger und Radfahrer auf die Straße springen, Rotlichter missachten oder Kinder schnell noch den Bus erreichen wollen. Anders Eugensson: "Im Jahr 2017 wollen wir 100 autonom fahrende Autos an ausgewählte Kunden verleasen. " Ehrlicherweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Autos dann nur auf dem rund 50 Kilometer langen Autobahnring rund um Göteborg wie von Geisterhand fahren werden."

Seit rund vier Jahren betreiben zum Beispiel die Münchner ein Zukunftsprojekt, bei dem eine Kleinflotte silberner 5er BMW auf Autobahnen rund um München seine Kreise zieht. Während der optisch seriennahe 5er auf der rechten Spur mit 120 km/h seine Bahnen zieht, hat der Fahrer die Hände auf den Knien. Selbstständig wird gebremst, beschleunigt, geblinkt und ausgewichen. Neben einem speziellen GPS-System für besonders genaue Geodaten über die Position des Fahrzeugs gibt es vorne, hinten und an den Seiten zusätzliche Radar- und Lasersysteme, mit denen die Umgebung im Echtzeit abgetastet wird. Die Daten werden zusammen mit denen von Motor, Kamera und anderen Assistenzsystemen in einem Rechner im Kofferraum des BMW verarbeitet. Ähnlich sehen die Testflotten von Audi, Mercedes, Volkswagen, Nissan, Toyota, Volvo oder Cadillac aus, die weltweit ihre Testkilometer abreißen. Es gibt eben noch einiges zu tun. Doch die größten Hürden sind die juristischen. "Wer nur an die Technik denkt, hat noch nicht erkannt, wie das autonome Fahren unsere Gesellschaft verändern wird. Das Auto wächst über seine Rolle als Transportmittel hinaus und wird endgültig zum mobilen Lebensraum", unterstreicht Daimler-Chef Dieter Zetsche. Dem gibt es nichts hinzuzufügen.

Quelle: Autoplenum, 2015-03-24

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