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Testbericht

Sebastian Viehmann, 22. April 2010
Die europäische Autoindustrie kämpft sich langsam aus dem Tal der Tränen, doch im Vergleich zu China ist sie eine lahme Schnecke. Wer heute im Reich der Mitte den Ton angibt und wie sich der Markt entwickelt.

Der chinesische Automarkt ist im Lauf des vergangenen Jahrzehntes geradezu explodiert. Wurden im Jahr 2000 noch rund 614.000 Autos verkauft, waren es 2009 schon fast 8,4 Millionen. Für 2010 prognostiziert das Forschungsinstitut Center Automotive Research (CAR) mehr als 10 Millionen Verkäufe, für 2015 sogar 15 Millionen. „Die Dynamik der Chinesen ist beispiellos. Noch nie gab es in der Geschichte des Automobils einen Markt, der so stürmisch und schnell gewachsen ist“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, CAR-Direktor sowie Professor für Betriebswirtschaft und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.

Allein im ersten Quartal 2010 lag das Plus im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 2,77 Millionen Verkäufen bei 77 Prozent. Dementsprechend hoch ist der Stellenwert der Messe Auto China in Peking, bei der sich neben Firmen aus Japan, Korea, den USA und Europa rund 30 chinesische Unternehmen präsentieren. Wenn der Aufwärtstrend der chinesischen Wirtschaft weiter anhält – Skeptiker befürchten immerhin schon eine mögliche „China-Blase“ – dann dürfte es nicht mehr lange dauern, bis die Automessen in Shanghai und Peking den Shows von Detroit, Frankfurt oder Genf den Rang ablaufen.

Die chinesische Autolandschaft ist ausgesprochen bunt. Neben kleineren, überwiegend privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen wie Geely oder Chery gibt es große Joint-Ventures internationaler Autobauer mit einheimischen Herstellern, zum Beispiel die Liaison zwischen Volkswagen und den chinesischen Firmen FAW sowie SAIC. Bei diesen Verbindungen handelt es sich eigentlich um Zwangsheiraten, denn wer in China Autos bauen will, muss mit einem einheimischen Unternehmen kooperieren. Die Alternative, lediglich Autos zu importieren, ist wenig attraktiv: Die Chinesen schützen ihre Automobilwirtschaft durch hohe Zölle, der Verkaufspreis für einen Luxuswagen kann sich so fast verdoppeln.

Volkswagen hat in China eine lange Tradition, alte Santanas und Jettas sind man an jeder Ecke – oft als Taxen. Dazu kommen der China-Passat und weitere große Limousinen. Doch die Rolle des Marktführers hat General Motors mittlerweile den Wolfsburgern abgejagt. Dank seiner Joint-Ventures hat GM im Jahr 2009 mit 1,8 Millionen verkauften Pkw einen neuen Absatzrekord erzielt. Im ersten Quartal 2010 konnte GM seinen Vorsprung sogar noch weiter ausbauen, im März verkaufte das Unternehmen nach eigenen Angaben mehr Autos in China als in den USA. Nach VW ist Audi der erfolgreichste deutsche Hersteller (Marktanteil 1,9 Prozent), gefolgt von BMW (1,2 Prozent) und Mercedes (ein Prozent). Große Erfolge feiert auch Skoda mit 1,5 Prozent Marktanteil.

Doch die chinesische Konkurrenz wächst. Unter den Top Ten der meistverkauften Autos befinden sich viele einheimische Fabrikate. So war zum Beispiel im Februar laut Statistik des Marktforschungsunternehmens Jato Dynamics der Minivan Wuling Rongguang das meistverkaufte Auto mit über 91.000 Verkäufen – Wuling produziert seine Autos in einem Joint-Venture mit General Motors. Unter den Top 5 finden sich Modelle von Chana, BYD und dem zurzeit weltweit extrem erfolgreichen Autobauer Hyundai. Position Fünf nimmt VW mit dem Lavida ein, einem speziellen China-Modell, und zwar dicht gefolgt vom Buick Excelle. Auf Platz 10 rangierte der Chevrolet Cruze. Die GM-Marke Buick gibt im Straßenbild ein besonders buntes Bild ab – es reicht von alten Opel Corsa-Modellen mit Buick-Logo bis zum neuen Verkaufsschlager, der Limousine LaCrosse auf Insignia-Basis.

Auch Elektroautos spielen eine große Rolle bei den Expansionsplänen der chinesischen Autoindustrie. Die Regierung will die elektrische Wende nicht dem Markt überlassen, sondern in einem ambitionierten Zeitplan einfach verordnen. Die Funktion des technologischen Vorreiters spielt das Unternehmen BYD, das nicht nur Automobile, sondern auch Akkus produziert. BYD hält in China einen Marktanteil von fast sechs Prozent, hat Hybridautos im Programm und will noch 2010 das rein batterieelektrisch betriebene Modell E6 in die USA exportieren. Es soll rund 40.000 US-Dollar kosten und den Chevrolet Volt angreifen.

Mit Premiummarken wie Audi, Mercedes oder BMW können sich die chinesischen Hersteller freilich noch nicht vergleichen. Deshalb ist der Besitzerwechsel bei Volvo – bislang gehörten die Schweden zu Ford, jetzt zum chinesischen Hersteller Geely – von großer Bedeutung. „Dabei steht nicht die Technologie im Mittelpunkt, sondern der schnelle Markteintritt in das wichtige Premiumsegment. Mit Geely-Volvo kommt die Audi-Position am stärksten unter Druck“, glaubt Automobilmarkt-Experte Ferdinand Dudenhöffer.

Die chinesische Autoindustrie wird zunehmend selbstbewusster. Die Rolle Asiens als eine Art Fels in der Brandung der weltweiten Wirtschaftskrise dürfte diese Entwicklung verstärken. Wer am gigantischen Wachstum teilhaben will – und das wollen alle – der muss sich aber auch den Regeln unterordnen. So müssen die Gäste manche Kröte schlucken, etwa die Kopierwut der Chinesen. Aus dem Toyota Aygo wird ein BYD F0, aus dem VW Tiguan zumindest an der Front ein Landwind X8, und auch der Smart wurde schon kopiert – optisch zumindest, denn bei der Technik liegen zwischen Original und Fälschung in der Regel noch Welten.

Quelle: Autoplenum, 2010-04-22

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