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Testbericht

Marcel Sommer, 23. September 2015
Namibias Straßen bieten eine hervorragende Voraussetzung für einen traumhaften Urlaub auf vier Rädern. Doch die Qualität des Asphalts ist die eine Sache, die potenziellen Hindernisse eine andere.

Es gibt Länder, die haben nur die wenigsten Deutschen auf ihrem Urlaubsradar. Vor allem dann, wenn diese Länder auf einem Kontinent liegen, aus dem es, wenn überhaupt, offensichtlich nur negative Nachrichten zu berichten gibt. Afrika gehört da schon seit einigen Jahren hinzu. Dass es aktuell in Ländern wie Namibia politisch stabiler zugeht, als in so manchem Europäischen Staat, wird schnell vergessen. Und so kommt es, dass das Land, das mit 824.116 Quadratkilometern mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland, nur bei den wenigsten auf dem Wunschzettel steht. Und das ist schade. Denn kaum ein Land bietet vor allem für Touristen, die gern selbst das Lenkrad in die Hand nehmen, einen größeren und zugleich sichereren Anreiz. Das eigentliche Abenteuer beim Auto-Urlaub innerhalb der Grenzen Namibias beginnt bei der Mietwagenzentrale am Flughafen. An dieser Stelle erfährt der Kunde auch direkt am eigenen Leib, was es heißt, wenn alle von dem African Timing reden. Hier herrscht nämlich vor allem eines: kein Zeitdruck. Von Pünktlichkeit ist in Namibia die Rede, wenn die Gegenpartei zumindest am gleichen Tag eintrifft. Fällt dann auch noch der Buchungscomputer aus und die Warteschlange windet sich durch den niedlichen Flughafenterminal bis zum Ausgang, bleibt einer garantiert immer cool: der nette junge Mann am Schalter. In diesem Moment ist es dann sehr beruhigend zu wissen, dass die Urlaubsflieger am Windhoek Hosea Kutako International Airport meistens mit dem Sonnenaufgang aufsetzen. Die Gefahr bei einbrechender Dunkelheit losfahren zu müssen ist somit ausgeschlossen. Ein weiterer Vorteil der frühen Ankunft ist die Tatsache, dass mit ihr die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass ein Kudu oder irgendein anderes Wildtier den Piloten zum Durchstarten zwingen.

Schon bei der Besichtigung des Mietwagens wird eines klar: Hier wird auf der falschen Seite gesessen. Und nicht nur das. Auch heute noch werden Mietwagen oft mit einem manuellen Schaltgetriebe herausgegeben. Das heißt nicht weniger als mit der linken Hand zu schalten, während die Füße die wie in Deutschland angeordnete Pedalerie bedienen. Schon beim Verlassen des Mietwagen-Parkplatzes wird in den meisten Fällen die erste Wette des Urlaubs geschlossen: Wetten, dass der Fahrer auf dem Weg zum ersten Hotel mindestens fünfmal den Scheibenwischer, anstelle des Blinkers betätigt? Was keine Wette, sondern die Aufgabe der gesamten Fahrzeug-Insassen-Mannschaft sein sollte, ist das regelmäßige Erinnern an das Fahren auf der linken Fahrspur. Vor allem nach Tank- oder Pipi-Stopps sowie am frühen Morgen gilt hier erhöhte Vorsicht.

Wurde sich mit dem für Nicht-England-Touristen ungewohnten Bedienumfeld angefreundet, gibt es die erste große, positive Überraschung. Die Hauptverkehrsstraßen in Namibia sind in einem hervorragenden Zustand. Selbst über 40 Grad Außentemperatur und bis zu fünf Tonnen schwere Elefanten scheinen der Asphaltdecke nicht zu schaden. Wobei letztere nur selten außerhalb des großen Etosha Nationalparks anzutreffen sein dürften. Doch dazu später. Die Wahrscheinlichkeit auf einen Polizisten zu treffen, der mit seiner Radarpistole Verkehrssünder überführen will, ist da schon etwas höher. Dass ihm in den meisten Fällen eigentlich nur deutsche Touristen in die Falle gehen dürften, liegt zum einen daran, dass nur die wenigsten höhere Geschwindigkeiten als die in Namibia geltenden 120 Kilometer pro Stunde kennen und daher auch fahren. Und zum anderen, weil sich die mobilen Blitzer fast immer an der gleichen Stelle positionieren und damit bekannt sind. Eine gern genutzte Stelle ist zum Beispiel eine T-Kreuzung, an der die C22 auf die B1 trifft.

Aus dem Süden kommend führt die Hauptschlagader Namibias, die B1, 30 Kilometer weiter durch die Stadt Otjiwarongo. Eine Stadt, die für ein weiteres Extrem in Namibia steht. Ist im Umkreis dieser Stadt keine einzige Tankstelle auszumachen, findet sich hier zwischen den beiden Kreisverkehren am Ortsein- und Ausgang auf 2.500 Metern Länge gleich ein halbes Dutzend der Treibstoff-Oasen. Der Dieselpreis liegt bei allen aktuell bei rund elf Namibischen Dollar, sprich 90 Cent pro Liter. Ein Grund mehr, die Tanknadel stets oberhalb der 50 Prozent-Markierung zu lassen. Ganz wichtig: Keine Tankstelle in Namibia akzeptiert für ihren Treibstoff Kartenzahlung. Hier lautet das Zauberwort Cash, also bar. Aber keine Sorge, nahezu jede Tankstelle verfügt über einen eigenen Geldautomaten. Ein weiterer Grund zu tanken ist, dass ein Fahrzeug in den Höhenlagen - die Hauptstadt Windhoek liegt 1.600 Meter über dem Meeresspiegel - und im Allradmodus oft mehr verbraucht, als gedacht. Zudem sind manche Straßenkarten nicht auf dem aktuellsten Stand, so dass eine vermeintlich gut geplante Reserve-Fahrt schnell zum Verhängnis werden kann. Wem im wahrsten Sinne der Saft ausgeht, muss aber nicht immer auf das Mitleid Vorbeifahrender hoffen - sofern es sie denn überhaupt gibt. In kleinen Städten hilft mit ein wenig Glück und Freundlichkeit vielleicht schon der erstbeste Einwohner mit seiner eisernen Reserve aus. Eine der Länge nach aufgeschnittene PET-Flasche mit einem langen Draht trickst dabei jede Einfüllstutzen-Sicherung der Welt aus und ist gleichzeitig eine saubere Sache. Dass dieser Treibstoff zwar in seiner Konsistenz billig, aber alles andere als günstig ist, muss klar sein. Aber immer noch besser als im Auto zu übernachten.

Kann die Fahrt weitergehen, ist dennoch ständig Vorsicht geboten. Zwar sind die großen Hauptverkehrsadern zu beiden Seiten mit einem breiten, niedrig bewachsenen Grünstreifen versehen. Doch sind die Warzenschwein-Warnschilder ernst zu nehmen. Nicht allein der Unfallschaden, der bei einem Zusammenstoß mit den blind die Straße überquerenden Schweinen auf einen zukommt ist dabei zu beachten. Wer schon mal Zeuge eines solchen Unfalls und dem anschließenden Todeskampf des Schweins war, will das nicht nochmal erleben. Viel schlimmer wird es natürlich mit der steigenden Körpergröße des Unfallgegners. Wird auch außerhalb von Parks den ganzen Tag vergeblich nach den herrschaftlichen Giraffen Ausschau gehalten, können diese in erstaunlicher Anzahl bei Nacht plötzlich im Scheinwerferlicht auftauchen. Angst? Nö. Zumindest haben die Giraffen keine. Und selbst wenn sie das Rennen beginnen, schaut es noch wie in Zeitlupe aus. Daher gilt vor allem bei einbrechender Dunkelheit und erst recht bei Nacht: Runter vom Gas.

In Nationalparks gilt dies sowieso. Vor allem in Dürreperioden, die in Namibia nicht nur in diesem Jahr länger als gewünscht auftreten, marschieren auch größere Säugetiere wie Elefanten gleich herdeweise die Straßen entlang, um von einem Wasserloch zum nächsten zu gelangen. Dass die Dürre und die gleichzeitige Populations-Explosion der Dickhäuter zu Spannungen führt, ist nicht erst seit gestern auf Videoportalen zu sehen. Daher sollte stets ein ausreichender Abstand zwischen den sehr aufmerksamen und reizbaren Weibchen, die um jeden Preis ihre Kälber schützen, und dem eigenen Fahrzeug herrschen. Die Idee einen Elefanten zu überholen, gleicht der Idee, einen defekten Reifen im Nationalpark selbst wechseln zu wollen. Löwen, Geparden und Co. freuen sich auf das Fressgeschenk und der Elefant auf die stählerne Sitzgelegenheit. Dass selbst ein Elefant schnell übersehen werden kann weiß jeder, der mal hinter einer Kurve einen gemütlich liegenden Bullen angetroffen hat. Doch auch kleinere Tiere können für Stress im Fahrzeug sorgen. Vor allem, wenn sie es ins Fahrzeuginnere geschafft haben. Besonders Cabriofahrer - ja die gibt es auch in Afrika - sollten immer wissen, wo der Schalter für das automatische Verdeck zu finden ist. Nicht ohne Grund warnen Afrika-Kenner mit: "Hast Du einmal einen Affen im Auto, kannst Du es danach getrost wegschmeißen. Die reißen dir alles auseinander!"

Dass es auch ohne Tiere im oder vorm Fahrzeug brenzlig werden kann, wird an dem einen oder anderen havarierten Unfallwagen am Straßenrand deutlich. Vor allem auf den nicht asphaltierten Pisten kommt es besonders bei Touristen oft zu tödlichen Unfällen. Der Grund ist so gut wie immer eine überhöhte, oder besser gesagt eine der Situation unangemessene Geschwindigkeit. Sowohl der Bremsweg verlängert sich ungemein als auch das Kurvenverhalten. Wenn dann noch ein Tier zu umkurven ist, da es sich nicht nur um einen kleinen Vogel oder ein Erdmännchen handelt, gerät die Situation stets außer Kontrolle. Die dann folgende Kombination aus hohem Tempo, einer unkoordinierten Ausweichbewegung und dem unebenen Untergrund endet leider zu oft in einem Überschlag. Die maximal 80 erlaubten km/h wirken da an mancher Stelle recht ambitioniert.

Etwas schneller sind auf den Schotterpisten eigentlich nur die kleinen Sportflugzeuge unterwegs. Denn so manch etwas längere Gerade steigt mit Windsack und Schild ganz einfach zum Flughafen auf. Wer jetzt glaubt, dass mit einer eigenen vorsichtigen Fahrweise sämtliche Risiken vermieden werden können, der irrt jedoch. Denn die sehr guten Straßen Namibias werden ab und an von Fahrzeugen genutzt, denen in Deutschland schon per Foto die Hauptuntersuchung verwehrt werden würde. Gleichzeitig fahren hier Pferdefuhrwerke, die über keinerlei Beleuchtung verfügen und bei Nacht zur schleichenden Gefahr werden. Was ebenfalls in unseren Breiten undenkbar ist, sind Pick-Ups, auf dessen Ladeflächen ein Dutzend Menschen aufrecht stehend von A nach B transportiert werden. Nichts desto trotz stehen solchen Mobilen auch Luxusfahrzeuge wie Audi R8, Mercedes-AMG und Bentley gegenüber. Warum diese Traumautos stets in der Sonne glänzen liegt zum einen daran, dass sie trotz Allrad keine Schotterpiste nutzen und zum anderen an den relativ günstigen Waschanlagenpreisen von rund 2,60 Euro pro Limousine - Trinkgeld inklusive.

Quelle: Autoplenum, 2015-09-23

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