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Testbericht

9. Mai 2020
Der Hauptunterschied zwischen Auto- und Motorradfahren? Rein querdynamisch betrachtet ist es dieser: Der Fahrer drückt das Motorrad in Kurven zur Innenseite, während das Auto sich herausneigt. Es sei denn, es handelt sich um den neuen Audi S8 wie oben im Bild – der kann seine Karosserie hineinlegen, sogar serienmäßig. Dafür drückt er per Federbeinen die kurvenäußeren Räder fester auf die Straße, hebt damit den Aufbau an.Indem sich die Karosserie der Zentripetalkraft entgegenstemmt, ahmt sie das Verhalten eines Motorrads in Schräglage nach. Das fühlt sich so spektakulär an, wie es sich liest: Man lenkt im S8 in eine Linkskurve ein, er federt mit den beiden Rädern der Fahrerseite ein und mit den gegenüberliegenden aus. In Folge kippt der Oberkörper samt Kopf leicht nach innen. Es drängt ihn nicht zum Kurvenaußenrand, wie es normalerweise wäre. Verkehrte Gefühlswelt.

Kamera scannt die Straße
<h3></h3>Die sensorische Schieflage ist Folge eines Kunststückchens, welches das sogenannte vorausschauende Aktivfahrwerk im Modus Comfort plus aufführt. In ähnlicher Form hat das Mercedes bereits 2014 im S-Klasse Coupé auf den Markt gebracht – als Erweiterung der Stahlfederung samt Active Body Control.Im Luxus-Audi baut das Zauberfahrwerk dagegen auf der serienmäßigen Luftfederung auf. A8-Kunden können es prinzipiell als 5.450 Euro teures Upgrade bestellen, nur beim S8 ist es grundsätzlich an Bord. Wie die Neuerung funktioniert, erklären wir unter der technischen Darstellung auf der folgenden Doppelseite.Übrigens beschreibt das Hineinlegen in die Kurve nur den fotogenen Teil des Könnens; der andere betrifft den Federungskomfort, ist aber nicht weniger spektakulär: Eine Kamera scannt die Straße auf Unebenheiten und teilt sie einem Rechner mit. Der weist daraufhin die Stellelemente im Fahrwerk an, die Federbeine genau im richtigen Moment anzuheben oder abzusenken, um die Bodenwelle zu egalisieren – im Optimalfall gleicht der S8 sie bis zur Unkenntlichkeit aus.Auch das kann die aktuelle S-Klasse bereits, doch weil sie Ende des Jahres abgelöst wird, wollte uns Mercedes leider keinen Gegenspieler für einen Abgleich mit dem S8 liefern. So reisen wir ohne Konkurrenten im Audi zum Bosch-Prüfzentrum nahe Boxberg, um die dortigen Schlechtweg-Strecken als Referenz unter die großen Räder zu nehmen.Der Weg dorthin führt über die A 81. Schon hier fällt der ausgesucht gute Federungskomfort der Fünf-Meter-Limousine auf. Erstmals in seiner inzwischen 26-jährigen Laufbahn erreicht der Top-Audi beim sanften Anfedern wirklich das Niveau der Luxusklasse. Es ist bemerkenswert, wie flauschig er auf Unebenheiten reagiert, ohne dass die Karosserie bei langen Bodenwellen nachschwingt.Besonders beeindruckt das, wenn man beim Vorausfahrenden sieht, wie sich der Aufbau in die Bodenwelle hineinsetzt und dann herausschnalzt, während der S8 kaum bewegt darüber hinwegschwebt. Umso mehr staunt man, da das Aktivfahrwerk auf der Autobahn sein Können gar nicht ausspielen kann: Das Anheben und Absenken der Räder funktioniert nur bis etwa 30 km/h; bei höherem Tempo kommt das System mit der Rechenleistung nicht mehr nach. Dann arbeitet die Einkammer-Luftfederung ohne Kamera-Unterstützung.

Komfort auf neuem Niveau
<h3></h3>Prinzipiell muss es hell genug sein, damit die über dem Rückspiegel angebrachte Kamera Kontraste erkennt; über die Helligkeitsunterschiede berechnet der Computer die anstehende Aufgabe. Optimal ausgeglichen werden regelmäßige Bodenwellen oder Erhöhungen mit einer Länge von bis zu 80 Zentimetern, welche das System mindestens zehn Meter im Voraus detektieren muss. Dafür benötigt es gute Sichtverhältnisse, Nebel wäre kontraproduktiv.Im Prüfzentrum Boxberg herrschen heute optimale Testverhältnisse. Über neun Spuren wurden hier verschiedene Herausforderungen für die Federung nachgestellt. Zum Beispiel belgisches Pflaster, die sogenannte Grauwacke – absichtlich so liederlich verlegt, dass ein konventionelles Stahlfahrwerk bereits mit wenig mehr als Schrittgeschwindigkeit die weiße Fahne hisst.Der S8 rollt darüber hinweg, als wäre es eine x-beliebige Dorfstraße. Bei einem Tempo, wo sich andere Testwagen so stark aufschaukeln, dass die Karosserie aufsetzt, signalisiert der Audi noch Luft nach oben. Es poltern lediglich die herausragenden spitzkantigen Steine in die Karkasse der 21-Zoll-Räder.

Einstieg wie in einen SUV
<h3></h3>Ähnlich souverän rollt die Limousine über das Kopfsteinpflaster hinweg und rattert das Waschbrett entlang. Auch hier hört man die fiesen Verwerfungen mehr, als dass man sie tatsächlich spürt. Das ist eine außergewöhnliche Darbietung, die den wahrnehmbaren Komfort auf ein neues Niveau hievt.Ein weiteres Kunststückchen gestaltet den Umgang mit dem S8 angenehm – und zwar bei jeder Nutzung: Sobald man die Türe öffnet, hebt sich die Karosserie um 50 Millimeter (siehe Foto rechts unten). Der Zugang gelingt damit etwa so einfach wie zu einem SUV. Wer also schlicht höher ein- und aussteigen möchte, findet nun im Luxus-Audi eine deutlich individuellere Alternative.Erkennt die Sensorik des A8 einen drohenden Crash, federt die betroffene Seite sogar um etwa 80 Millimeter aus; so trifft der Unfallgegner den stabilen Schweller, der dann die Aufprallenergie optimal in sich aufnehmen kann.Dieses folgenreiche Szenario wird hoffentlich Theorie bleiben; stattdessen kaprizieren wir uns hier auf die querdynamischen Erlebnisse auf Landstraßen. Wie eingangs beschrieben, neigt sich der S8 im Fahrmodus Comfort plus um bis zu drei Grad in die Kurve. Und das bedingt ein neues Einlenkverhalten, mit dem man sich erst arrangieren muss. Denn das In-die-Kurve-neigen täuscht das gelernte Gefühl für den Grenzbereich.Die Annäherung daran verkündet normalerweise das immer stärker werdende Wanken. Man darf also nicht dem Irrglauben erliegen, dass der S8 ein beliebiges Tempo in den Scheitelpunkt stanzen kann. Sonst reißt einen alarmierendes Reifenquietschen kurz vor dem Rutschen unvermittelt aus der Wunschwelt.Dass man sich an diese Besonderheiten gewöhnen muss, stellt tatsächlich den größten Nachteil des S8 dar. Denn in der Luxusklasse ist man es gewohnt, dass sich das Auto in unauffälliger Servilität seinem Fahrer selbst erklärt und nicht erst erkundet werden muss. Audi geht hier einen klassenuntypischen Weg.Allerdings ist die Neigefunktion ausschließlich in Comfort plus aktiv; auf Auto und Dynamic wird sie zum Wankausgleich. In Verbindung mit der serienmäßigen Hinterachslenkung erzielt der S8 damit erstaunlich hohe Kurvengeschwindigkeiten. Beim Slalom auf der Teststrecke etwa bleibt das Fünf-Meter-Schiff so eng an den Pylonen, wie es normalerweise nur Sportwagen können. Auch daran muss man sich gewöhnen.

Man sollte sich warmlenken
<h3></h3>Der stolze Neuwagenbesitzer sollte sich zunächst mit dem spitzen Eigenlenkverhalten anfreunden. Gerade in schnell gefahrenen Kurven übersteuert der S8 (bitte jetzt nicht mit Driften verwechseln): Er dreht weiter ein, als es die Lenkbewegung erwarten lassen würde.Aktion und Reaktion stehen nicht im linearen Verhältnis zueinander, sondern erscheinen exponentiell. Man muss entsprechend die Lenkung leicht öffnen, damit der Audi nicht Richtung Graben oder Gegenverkehr abweicht. Diesen Eindruck verstärkt übrigens noch die Dynamiklenkung mit ihrer variablen Übersetzung. Es dauert, bis sich der eigene Erfahrungsschatz neu kalibriert hat.Machen Sie es deshalb einfach wie die Motorradfahrer im Frühjahr: Nehmen Sie sich mit dem S8 ein Wochenende Zeit und lenken sich warm.

Der S8 hebt und senkt sein Chassis aktiv
<h3></h3>Elektromechanische Steller können beim Aktivfahrwerk (Serie beim S8, 5.450 Euro Aufpreis bei den übrigen A8-Modellen) die Räder einzeln anheben und absenken. Das Kommando hierfür gibt ein Rechner, welcher mit Daten der Frontkamera gespeist wird. Erkennt sie eine Unebenheit, dann initiieren die Steller, dass die Federbeine die Karosserie zunächst nach oben bewegen, um die Räder auf Höhe der Unebenheit wieder definiert einzuziehen – und die Bodenwelle damit, soweit es geht, auszugleichen. Die Kraft bringt ein Elektromotor auf, der in einer großen Dose sitzt. Sein Moment übersetzt ein Getriebe mit 1:200 und gibt es an eine Drehstabfeder weiter. Diese wirkt auf einen Hebel als Umlenkung zum Federbein, der dort an- setzt, wo eigentlich der Stabilisator seine Kraft ausübt. Klingt komplex? Ist es auch

Quelle: auto-motor-und-sport, 2020-05-09

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