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Testbericht

Patrick Broich/SP-X, 15. Dezember 2016

Erinnern Sie sich eigentlich noch an die Marke Rover? Im Jahr 2005 hierzulande von der Bildfläche verschwunden, lebt das seit Jahrzehnten sterbende Autoreich noch immer weiter – mit dem verstümmelten Namen Roewe in China wegen komplizierter Markenrecht-Streitigkeiten. Und Produkte der Marke MG kann man in Großbritannien sogar noch käuflich erwerben – leider ohne den schrulligen Geist, der den britischen Fortbewegungsmitteln einst innewohnte und wofür man sie liebte. Insofern ist der hier besprochene Rover SD1 noch besonders, als dass er ein echtes Leyland-Gewächs ist.

So hieß das Konstrukt, unter dem seit 1975 neben Rover auch klangvolle Marken wie Austin, Jaguar oder Triumph zusammengefasst waren. Der Nachfolger des SD1 war schon ein eher langweiliger Honda-Ableger mit weitgehend gleicher Technik. Also, der SD ist ein richtiges Siebziger-Kind – 1976 auf den Markt gekommen und ein Jahr später prompt zum „Car oft the Year“ gekürt. Da haben die Briten unterm Strich ein attraktives Auto auf die Räder gestellt, wenngleich Abstriche gemacht werden mussten wegen des vorherrschenden Sparzwanges. Scheibenbremsen hinten sucht man beim SD ebenso vergebens wie die aufwendige Hinterachse des Vorgängers P6. Hier muss es eben eine simple Starrachse richten.

Kaum zu glauben übrigens, dass hinter der damals wohl als futuristisch empfundenen SD1-Haut der gleiche Kopf gesteckt hat wie hinter den schnörkelig-konservativen Kleidern von P5 und P6. Designer David Bache hatte einen guten Geschmack, und es ist ihm gelungen, die obere Mittelklasse stilsicher in die Moderne zu führen. Zu schade, dass das britische Vielmarken-Reich untergegangen ist – an tollen Autos mangelte es ja nicht. Genug der Wehmut, hier steht ja noch ein penibel erhaltender SD. Mag die 4,70 Meter-Limousine auch betont schlicht wirken, die Blicke der Passanten sind ihr sicher. Wohl auch deshalb, weil dieses Gefährt hierzulande derartig exotisch ist – die meisten Gesichter hinterlassen doch eher einen fragenden als informierten Eindruck. Autofreunde, die weder Marke noch Modell ausmachen können, dürften aufhorchen: Spätestens wenn der Achtzylinder der 3500er-Version erklingt, zeigen die Mundwinkel nach oben. Es handelt sich dabei um den ewigen Baukasten-Motor mit Buick-Genen, den auch der wesentlich berühmtere Range Rover unter der ausladenden Motorhaube trug. Im Falle unseres Fotofahrzeugs übernehmen zwei Flachstromvergaser die Gemischaufbereitung.

Also heißt es, den säuberlich in der Mittelkonsole integrierten Choke-Hebel ziehen nach dem Kaltstart, dann läuft der Dreieinhalber mit hohem Leerlauf, aber stabil. Der Erstbesitzer unsers Probeexemplars verzichtete auf die damals noch wesentlich geringer verbreitete Getriebeautomatik und musste beim Übersetzungswechsel selbst Hand anlegen. Immerhin war er Herr über eine damals privilegierte Fünfgangbox. Die sträubt sich lediglich bei Kälte gegen Übersetzungswechsel, sind sämtliche Öle erst einmal warm, flutschen die Gänge geschmeidig. Viel schalten muss man aber gar nicht, der sonor und teuer klingende V8 kommt verhältnismäßig mächtig aus Drehzahlkeller mit seinen 269 Nm – zumindest ist die Erwartungshaltung angesichts überschaubarer 157 PS ja nicht allzu hoch. Man fährt kommod mit dem elastischen 3,5-Liter, zudem arbeitet er diskret und mit feinem Maschinenton. Auch das Fahrwerk bereitet trotz erwähnter Vereinfachung gegenüber dem vorangegangenen Modell wenig Kummer und flauscht Bodenwellen weitgehend glatt – auf dynamische Einlagen mag man sich hier ohnehin kaum einlassen. Gut vorstellbar auch, mit dem 3500er auf die Langstrecke zu gehen. Der Blick in den Fahrzeugschein lässt nicht schlecht staunen: Satte 203 km/h bringt der Brite – okay, das muss man mit einem fast 35 Jahre alten Auto nun wirklich nicht mehr ausprobieren.

Lassen wir den Innenraum auf uns wirken. Die angenehm ablesbaren Rundinstrumente des kantigen Kombiinstrumentes könnten auch in Italien entstanden sein, die Ablagefläche auf dem Armaturenträger bieten sogar Platz für ein iPad – davon kann man bei den meisten Neuwagen nur träumen. Mehrere Aschenbecher – je Türe einer – sind genauso zeitgeistig wie der wuchtige Lenkrad-Pralltopf und die dürren Lenksäulenhebel. Beachtlich der Zustand des braunen Leders bei der Leihgabe – und die edel anmutenden Clubsessel-Light machen nicht nur optisch etwas her, sondern bieten auch ein bequemes Plätzchen zum Verweilen. Ordentlich auch das Raumangebot inklusive der zweiten Reihe. Und sogar über eine Klimaanlage verfügt der in die Jahre gekommene Rover als Komfortbooster im Sommer. Noch einmal zum Exotenstatus: Viele SD1 findet man auf dem europäischen Festland nicht, aber es tauchen immer wieder genügend Gelegenheiten auf in den Börsen. Und das zu durchaus bezahlbaren Preisen – gute Ware gibt es bereits ab etwas mehr als 5.000 Euro. Exotisch, preisgünstig und V8-Genuss – drei Wünsche, die sich mit einem SD1 erfüllen lassen.

Chronik:
1976: Debüt des Rover SD1
1977: Zwei Reihensechszylinder mit 2,3 und 2,6 Litern weren nachgereicht
1982: Der V8 der großen Heckantrieb-Limousine erhält Benzineinspritzung
1986: Die Produktion des SD1 endet

Rover 3500 V8 - Technische Daten:
Viertürige Limousine der oberen Mittelklasse, Länge: 4,70 Meter, Breite: 1,77 Meter, Höhe: 1,38 Meter, Radstand: 2,82 Meter
3,5-l-Achtzylinder-Otto mit Vergaser, 115 kW/157 PS, maximales Drehmoment: 269 Nm bei 2.500 U/min, Vmax 203 km/h, 0-100 km/h in 9,9 s
Ehemaliger Neupreis (1977):  24.950 DM

Heutiger Marktpreis nach Classic Data:
Rover 3500 V8
Note 1:      12.100 Euro
Note 2:      7.200 Euro
Note 4:      3.900 Euro

Ersatzteilpreise
Zündkerzen: etwa 4 Euro je Stück
Bremsbeleg-Satz vorn: etwa 20 Euro
Luftfilter: etwa 10 Euro

Exotisch, preisgünstig und Achtzylinder-Genuss. Halt, das sind ja drei Wünsche auf einmal. Macht nichts, mit dem Rover SD1 als 3500 geht das. Wir haben eine Ausfahrt mit dem schrulligen Briten Unternommen.

Fazit
Exotisch, preisgünstig und Achtzylinder-Genuss. Halt, das sind ja drei Wünsche auf einmal. Macht nichts, mit dem Rover SD1 als 3500 geht das. Wir haben eine Ausfahrt mit dem schrulligen Briten Unternommen.

Quelle: Autoplenum, 2016-12-15

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