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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 3. Dezember 2014
Laut, knackig und brachial. Der Abarth 695 biposto ist der schnellste Flitzer der italienischen Tuningschmiede. Dafür haben die Turiner einiges an Technik in den aufgemotzten Fiat 500 gepackt.

Dass der Fiat 500 einen Sympathiebonus hat, bestreitet niemand ernsthaft. Nur so lässt sich erklären, dass der Gute-Laune-Kleinwagen, trotz einer mäßigen Verarbeitung und einem gemächlich-rustikalen Fahrverhalten, seit nunmehr sieben Jahren gutes Geld in die Kassen des italienischen Herstellers spült. Jetzt soll aus dem süßen Zwerg, dem man ob seines freundlichen Kindchen-Schema-Gesichts mit den runden Kulleraugen so manchen Makel verzeiht, ein reinrassiger testosterongeschwängerter Sportler werden? Wenn sich da die Turiner Ingenieure der Officine Abarth da mal nicht zu viel vorgenommen haben. Der Grund für diese technische Aufgabe herkulischen Ausmaßes ist der 50. Jahrestag des Ur-Abarth 695. Allerdings hatte der lediglich 30 PS und war dennoch 130 km/h schnell.

Der Blick auf das Datenblatt glättet zunächst einmal kritische Sorgenfalten: 190 PS und ein Leergewicht von knapp einer Tonne verheißen Beschleunigungsspaß. Das Versprechen wird gehalten: In 5,9 Sekunden knackt der kleine Italiener aus dem Stand die 100 km/h-Marke und wer danach immer noch auf dem Gas bleibt, erlebt, dass die Tachonadel erst bei 230 km/h stoppt. Damit diese rollende Kanonenkugel auch auf der Straße bleibt, haben die Italiener einiges an Technik verbaut: Brembo-Bremsen, einen großen Ladeluftkühler, eine Sportauspuffanlage und ein Sportfahrwerk. Außerdem entfernten sie überflüssigen Ballast, darunter die Klimaanlage und das Radio. Statt der Rückbank sorgt ein Titangestänge für Verwindungssteifigkeit. Daher auch der Name des Boliden: Biposto bedeutet Zweisitzer. Das Herz des Bodybuilder-500ers ist der bekannte 1.4-Litermotor, bei dem die Techniker mehr Vitamine freigesetzt haben.

Ein tiefer Schwerpunkt, kurze Überhänge, eine breite Spur und ein kurzer Radstand bei einer Gesamtlänge von 3,66 Metern, machen klar: Das simple Tempo-Bolzen ist dem Abarth 695 biposto zu trivial. Es soll mit Karacho um die Ecken gehen. Die Lenkung reagiert auf jedes Zucken der Handgelenke, die 18-Zoll-Walzen verhaken sich in den Asphalt und der kleine Flitzer schnalzt um die Ecke. Ist der Untergrund feucht, muss der Biposto mit sanfter Hand und präziser Linie um die Kurve geführt werden, da der Brutalo-Fiat bei Lastwechseln sofort mit dem Heck zuckt.

Der Innenraum mit den Carbon-Applikationen und den Schalensitzen ist eine Schau. Vor allem der grandiose Anblick des Dogring-Getriebes macht klar: Wenn Biposto, dann nur mit diesem mechanischen Getriebe. Der bloße Anblick des chromglitzernden Schaltgestänges verzückt jeden Fan echter Auto-Mechanik. Eine offene Schaltkulisse, der lange Hebel, die kurzen knackigen Wege und die Möglichkeit, beim Hochschalten die Gänge ohne Kupplung durchzureißen, lassen echtes Rennsport-Feeling aufkommen. Das Dogring-Getriebe ist eine unsynchronisierte mechanische Schaltung, die auch deswegen ein Muss ist, weil nur mit ihm an der Vorderachse ein Sperrdifferential verbaut ist, das dem Fronttriebler ein wichtiges Plus an fahrdynamikbringender Traktion bringt. Schnell und hart die Gänge reinknüppeln ist ausdrücklich erwünscht. "Wir wollten im Zeitalter der Elektronik die mechanische Schaltung zurückbringen", erklärt Abarth-Produktmanager Maurizio Consalvo. Allerdings lassen sich die Italiener den Spaß mit 10.000 Euro teuer bezahlen.

Im Vergleich dazu ist die Basis-Version mit den Serien-Getriebe und einem erweiterten ESP, das mit Bremseingriffen ein Differential simuliert, eher etwas für die Hausfrau, die auch mal auf der Autobahn schnell geradeaus brettern will. Dafür reicht auch ein Abarth 695 Turismo. Der hat zwar 30 PS weniger, kostet aber auch knapp 18.000 Euro weniger. Bewegt man den Abarth 695 biposto artgerecht, wird jeder Meter zum akustischen Erlebnis. Der Motor krakeelt seine Potenz voller Inbrunst hinaus. Das Fahrwerk ist aber so straff, dass jeder Kieselstein sofort an die Insassen gemeldet wird. Bei schnellen Richtungsänderungen, macht sich der kurze Radstand bemerkbar, dann tänzelt der Abarth etwas, was aber dank ESP kein Problem ist. Trotzdem ist der Biposto nichts für Fahranfänger oder Sänften-Fans, da auch diese Technik bisweilen an ihre Grenzen stößt. So muss sich der legendäre Lügenbaron Münchhausen bei seinem Ritt auf der Kanonenkugel gefühlt haben. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 6,2 Litern pro 100 Kilometer kostet dieser Spaß auch nicht zu viel Sprit. Zumindest auf dem Papier. In der Realität sieht die Sache dann vermutlich schon anders aus.

Dass dieser Spaß nicht ganz billig ist, ist logisch. Der Grundpreis von 39.900 ist schon knackig genug. wer den Abarth 695 biposto aber zu einer echten Fahrmaschine mit Rennstrecken-Flair aufrüsten will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Plexiglas-Schiebe-Fenster (2.500 Euro), Alu-Motorhaube inklusive ein paar Titanverschlüssen (4.000 Euro), Renn-Computer (5.000), die schicken Carbon-Applikationen (5.000 Euro) und das besagte mechanische Getriebe treiben den Preis schnell auf über 65.000 Euro. Dafür bekommt man schon gut erhaltenen BMW M3s oder Porsche 911er. Aber die haben nicht den Kult-Status und sind derart selten, wie der Abarth 695 biposto. Dieser fast schon abenteuerliche Preis scheint die Autofahrer nicht davon abzuhalten, sich einen solchen außergewöhnlichen Zweisitzer in die Garage zu stellen. Im August hat die Produktion bereits begonnen, pro Tag läuft ein Biposto vom Band und die Jahresproduktion 2014 ist bereits ausverkauft.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2014-12-03

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