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Testbericht

Sebastian Viehmann, 14. November 2009
Anders sein als die anderen – das war schon immer das Erfolgsrezept von Citroën. Der Traction Avant war eine kleine Revolution im Automobilbau. Bis heute hat der Wagen nichts von seiner Faszination verloren.

Hydraulische Bremsen. Selbsttragende Karosserie. Vordere Einzelradaufhängung. Und vor allem: Frontantrieb! Die Liste der Superlative war ellenlang, als vor 75 Jahren ein Wagen namens Citroën 7 CV auf die Straßen Frankreichs rollte. Und so ganz nebenbei war das Auto auch noch eines der schönsten, die Citroën jemals auf die Räder gestellt hatte. Von 1934 bis 1956 wurde der „Traction Avant“ (französisch für Frontantrieb) gebaut und in dieser Zeit optisch kaum verändert. Der größte Unterschied war ein gewachsener Kofferraum, an dem sich die späteren Modelle der Reihe schnell erkennen lassen. Die frühen Traction Avant haben ein kleines Gepäckabteil mit außen angebrachtem Reserverad.

Zu Beginn wurde der Wagen in drei Leistungsstufen von 32 bis 46 PS angeboten. Es gab auch verschiedenen Karosserievarianten vom Kombi bis zum Roadster. Die Spitzenmodelle hatten einen Sechszylinder unter der lang gestreckten Haube, mit dem das Auto 130 Km/h schnell war – für damalige Verhältnisse ein beachtliches Tempo. Der Wagen bekam denn auch schnell den Beinamen „Reine de la Route“ (Königin der Straße) und erfreute sich bei höheren Beamten als Dienstwagen großer Beliebtheit.

Was der schicke Franzose zu leisten vermochte, demonstrierte im Jahr 1935 der Rennfahrer François Lecot. Er legte mit einem Traction Avant 11 AL in einem Jahr mehr als 400.000 Kilometere zurück, indem er zwischen Paris und Monte Carlo pendelte. Weil er Wert darauf legte, wenigstens ein paar Stunden im heimischen Bett zu nächtigen, machte Lecot zahllose Zwischenstopps in Lyon. Bis auf kleinere Pannen schlug sich der Citroën hervorragend, und Lecot hatte viel zum exzellenten Ruf der französischen Limousine beigetragen.

Warum sie später als „Gangster-Auto“ bekannt wurde, ist eine ungewöhnliche Geschichte – und sie hat nichts damit zu tun, dass ein Traction Avant 11 Légère im James Bond-Film „Liebesgrüße aus Moskau“ einem Bösewicht als Transportmittel diente. Im Zweiten Weltkrieg sollen sich sowohl deutsche Besatzer als auch französische Widerstandskämpfer des schicken Citroëns bedient haben, weil er schnell war und eine gute Straßenlage hatte. Nach dem Krieg kamen dann offenbar französische Gangsterbanden auf den Geschmack und nutzen den Traction Avant, der meist in unauffälliger schwarzer Lackierung vom Band rollte, als Fluchtfahrzeug. Der Wagen tauchte schließlich als stilechtes Requisit in vielen Kriminalfilmen auf, und der Mythos des Gangster-Autos war geboren.

Der Traction Avant des kanadischen Citroën-Sammlers John McCulloch dagegen kann mit Fug und Recht behaupten, dass seine Besitzer immer auf ehrliche Art und Weise ihr Brot verdient haben. Und das sogar buchstäblich: McCullochs „11 B Normale“ hat eine regelrechte Backstuben-Odyssee hinter sich. „Ein Bäcker aus Valence in Frankreich kaufte den Wagen in den 50er Jahren. Später verschlug es das Auto nach Florida, wo es wieder einem Bäcker gehörte. Auch der dritte Besitzer war ein Bäcker, und zwar in Toronto in Kanada“, listet John McCulloch den ungewöhnlichen Lebenslauf seines Oldtimers auf.

Nun hat sich der Wagen die Rente redlich verdient. Der pensionierte Gymnasiallehrer McCulloch pflegt den Franzosen mit kundiger Hand und gönnt ihm nur an schönen Tagen eine gesunde Portion Auslauf. 35.000 Kilometer stehen heute auf dem Tacho. Dennoch handelt es sich um ein voll alltagstaugliches Gefährt, bei dem nur die neu gepolsterten Sitze und ein paar Details der Elektrik nicht mehr original sind – der Wagen wurde fast gänzlich im Naturzustand belassen. Das gilt auch für den abgestumpften Originallack im kaum noch zu erkennenden Farbton „Bleu Minuit“. „In Florida war der Wagen jahrelang der prallen Sonnen ausgesetzt und bleichte aus“, erzählt McCulloch. Doch gerade diese dezente Patina ist es, die dem Oldtimer einen besonderen Reiz verleiht.

Wenn man die hinten angeschlagenen „Selbstmördertüren“ des Traction Avant öffnet und auf die gemütlichen Polster gleitet, taucht man ein in eine zeitlose Atmosphäre kühler Eleganz. Das elfenbeinfarbene Lenkrad ist so groß wie ein Tortenblech, und eine Auswahl kleiner, aber feiner Knöpfe und Hebel macht es sich auf dem Armaturenbrett gemütlich. Der Schalthebel ragt ebenfalls aus dem Armaturenbrett, und zwar L-förmig nach unten. Der Vierzylinder springt mühelos an, und schon bald gleitet John McCulloch entspannt über die Landstraßen rund um das kanadische Burlington. „Wenn man es nicht zu schnell angehen lässt, fährt sich der Wagen einfach fantastisch“, schwärmt der Citroën-Sammler.

Wer sich die schicke Franzosen-Limo mit dem Gangster-Touch einmal hierzulande aus der Nähe betrachten möchte, kann das noch bis Ende des Jahres im Auto & Technik-Museum Sinsheim tun. Eine Sonderschau spannt den Bogen vom ersten Traction Avant 7 A von 1934 bis zu einem der letzten Modelle dieser Baureihe, dem 15 Six.

Quelle: Autoplenum, 2009-11-14

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