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Testbericht

Stefan Grundhoff, 14. Februar 2017
Kein Auto bringt die Mercedes S-Klasse seit vier Jahrzehnten mehr in Wallung als der 7er BMW. Der luxuriöse Bayer ist für viele seit langem das Maß der Dinge. Was ihm fehlt, ist die Gunst des Erstgeborenen. Happy Birthday.

BMW hat die Luxusklasse nicht erst im Jahre 1977 für sich entdeckt. Bereits Ende der 30er Jahre enthüllten die seinerzeit noch allzu flugzeuggeneigten Bayern mit dem 335 mit seinem 3,5 Liter großen Reihensechszylinder auf der London Motorshow einen 90 PS starken Luxusreisewagen für die oberste Autoliga. Der Zweite Weltkrieg machte einem etwaigen Verkaufserfolg jedoch einen Strich durch die Rechnung. Der nächste Versuch dann Anfang der 50er mit dem legendären Barockengel der Baureihe 502, der in Sachen Design bis heute eine Legende ist; aber damals alles andere als ein Volltreffer war. Als die Bundesrepublik Deutschland sich in den 70er Jahren längst gefunden hatte, das Wirtschaftswunder durchschritten und die Ölkrise durchlitten waren, wollten die Bayrischen Motoren Werke mehr sein, als ein Nebendarsteller im Konzert der Großen. Dynamische Mittel- und Oberklasse gut und schön, doch die großen Baureihen E3 und E9 waren alles andere als geeignet, dem Erzrivalen Mercedes-Benz ernsthaft mehr als ein Lächeln abzuringen. Was man brauchte, war einen echten Rivalen für die S-Klasse, die die elitären Gene vergangener Sternenlimousinen mit dem verchromten W 116 zeitgemäß in die 70er herübergebracht hatte.

Nachdem Mercedes in Sachen Luxuslimousinen abgesehen von Nebendarstellern wie dem BMW 3.3 Li oder einem Opel Diplomat weitgehend allein um die Gunst der deutschen Wirtschaftsgrößen kämpfte, war es mit dem süßen Laissez Faire im sonnigen Frühjahr 1977 vorbei. Die Münchner brachten als Nachfolger des blassen BMW E3 ihre erste echte Luxuslimousine auf den Markt und zeigten der S-Klasse mit dem E23 vom Start weg, wie dynamisch man im obersten Fahrzeugsegment unterwegs sein kann. Das zeigte sich auf den ersten Blick bei der Optik. Während der Mercedes mit mächtigen Rechteckscheinwerfern und imposantem Festungs-Kühlergrill auf der linken Spur für Angst und Schrecken sorgte, versuchte es BMW mit Chefdesigner Paul Bracq deutlich filigraner. Markant sind bis heute die Doppelscheinwerfer und die geneigte Doppelniere im Stile eines Haifischmauls mit denen sich der E23 nahtlos an das Luxuscoupé des 6ers vom Typ E24 anlehnte, der ein Jahr zuvor Premiere feierte. Mit Einführung der BMW 7er Baureihe gab es nun im Orchester mit 3er, 5er und 6er Baureihe eine Modellfamilie, deren verschiedene Typen aufgrund ihres ähnlichen, aber markanten Designs, auf Anhieb als einander zugehörig auszumachen waren. "Die optische und technische Einheit aller Modellreihen ist hergestellt", stellte auch der damalige Vertriebsvorstand Hans-Erdmann Schönbeck fest, "die BMWs sind unbestreitbar wieder eine "Familie" mit vielen Gemeinsamkeiten".

Der 4,86 Meter lange Urprungs-7er BMW vom Typ E23 hatte nur einen Konkurrenten: die Mercedes S-Klasse der Baureihe W116, die fünf Jahre früher auf den Markt kam. In ihr waren insbesondere in den großen Motorisierungen 350 SE / 450 SE Stars, Sternchen, Firmenchefs und Politiker bestens motorisiert unterwegs. Den 116er gab es als Normal- und Langversion, auf Wunsch sogar in schwerer Panzerung oder als spektakuläre Sportversion 450 SEL 6.9 mit imposanten 286 PS. Auf Basis des kleineren E12 entwickelt, sollte der E23 so fahrdynamisch sein wie man es von den sportlichen Bayern kannte und dabei bis dato unerreichten Komfort sowie Luxus vereinen. Ehe in späteren Jahren die Topversionen BMW 735i und oder aufgeladene 745i mit 252 PS kamen, war der BMW 733i das eingespritzte Topmodell. Der 3,2 Liter große Reihensechszylinder vom Typ M30 war auch in den 70er Jahren das Beste, das man mit sechs Brennkammern bewegen konnte. Die geplanten größeren Versionen mit V8- und V12-Motoren blieben aus Kostengründen und durch die angespannte Erdölsituation zunächst außen vor. Mit 145 kW / 197 PS, 280 Nm bei 4.300 U/min und 215 km/h Spitze wurde insbesondere der mindestens 38.600 D-Mark teure 733er Einspritzer der Schrecken der meisten Sportwagen. 1979 wurde der 733i vom 732i mit digitaler Motorelektronik und nahezu identischer Leistung ersetzt. Noch dynamischer wurde es mit dem turboaufgeladenen 745i, der als Executive oder Highline an der Spitze der Palette stand. Aus 3.210 ccm Hubraum holte der Reihensechszylinder 252 PS und verputzte mit seinen Fahrleistungen die meisten Sportwagen.

Im Gegensatz zu seinem einzigen Konkurrenten aus Schwaben gingen die Bayern nicht nur bei Antrieb und Fahrdynamik einen anderen Weg. Auch im Innenraum zeigte sich der 7er BMW so modern wie einst die Enterprise von Captain Kirk. Die großen Runduhren des Cockpits lieferten dabei nur einen Teil der Informationen. Die zum Fahrer geneigte Mittelkonsole bot nicht nur übersichtliche Bedienelemente und Drucktaster, sondern auch pfiffige Lösungen wie den Lüftungsregler um die Analoguhr herum. Links oberhalb des Fahrerknies gab es eine frühe Art von Bordcomputer. Der Fahrer konnte per Knopfdruck testen, ob die wichtigsten Fahrzeugfunktionen wie Licht, Motoröl oder Bremsflüssigkeit arbeiteten. Wer seinen BMW 733i mit allen nötigen Kreuzen in der Aufpreisliste versah, genoss den Luxus von elektrischen Fensterhebern, ein elektrisches Schiebe- / Ausstelldach, Scheinwerferwachanlage und eine manuelle Klimaanlage. Auf besonderen Wunsch wird die Ausstattung des 7ers noch mit einem Autotelefon, Klimaautomatik und elektrisch verstellbaren Einsitzen im Fond komplettiert. Anfang 1979 zog mit dem 732i das von Bosch und Daimler gemeinsam entwickelte Anti-Blockier-System ein. Ohne große Aufmerksamkeit blieben die 150 PS starken BMW 725i, die in Buchhalterausstattung nahezu ausschließlich an Behörden verkauft wurden.

Sich seines Ursprungs bewusster denn je, konnte es der ehemalige bayrische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß kaum erwarten, sein Panzerdoppel aus Mercedes 350 SEL und 450 SEL so schnell als möglich durch Produkte aus heimischen Landen zu ersetzen. Obwohl Strauß privat nur allzu gerne auf die Modelle mit dem Stern setzte, wurden Ende der 1977 zwei schwer gepanzerte BMW 733i aufgebaut, die dem Ministerpräsidenten fortan Schutz vor der Roten Armee Fraktion und anderen politischen Gegnern geben sollen. Ehemalige Personenschützer, dass das Fahrverhalten der nachträglich gepanzerten 7er-Versionen nicht nur im Grenzbereich alles andere als einfach war und die Fugen im schnellen Galopp so groß wurden, dass es zog. Das Gewicht der gepanzerten 733i war mit knapp drei Tonnen so hoch, dass die bayrische Staatslimousine fortan nur mit drei Personen besetzt werden konnte. Doch die Serienversionen des BMW 733i und seiner kleineren Brüder 728, 728i und 730 waren den Mercedes S-Klassen in Sachen Fahrdynamik überlegen. Lenkung, Bremsen, Fahrwerk und Antrieb waren der Konkurrenz weit voraus - zumindest, wenn man es etwas schneller bevorzugte. Was dem Siebener in den späten 70er und frühen 80er Jahren insbesondere fehlte, war der Stern auf dem Kühlergrill und das nötige Image, um in die obersten Schichten der Bevölkerung zu kommen. Ein Makel, dass der ewige Zweite bis heute nicht ablegen konnte. Luxuriöser als die europäischen Modelle war der BMW L7, der 1985 in den USA als Topversion, vergleichbar mit dem europäischen 735i Highline angeboten wurde. Zusätzlich zu elektrischen Sitzen und Büffellederausstattung gab es unter anderem Fahrerairbag, Schiebedach und Klimaautomatik. Der sportlichste 7er der Baureihe E23 war ausschließlich in den Vereinigten Staaten zu bekommen. Hier wurde der 745i nicht mit dem aufgeladen 3,2-Liter-Triebwerk, sondern mit einem auf 290 PS erstarkten M1-Vierventil-Saugmotor der Serie M88 nebst Fünfgang-Handschaltung oder Viergang-Automatik ausgeliefert. Die lokal produzierten knapp 200 Modelle waren seinerzeit sogar in Rennserien erfolgreich und sind heute begehrte Sammlerstücke.

Der BMW 7er der Baureihe E32

Quelle: Autoplenum, 2017-02-14

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