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Testbericht

Sebastian Viehmann, 6. Juni 2012
In den 80er Jahren wurde die Opa-mit-Hut-Marke plötzlich cool – dank des Allradantriebs Quattro. Für das Design der Marke war aber nicht das Quattro-Coupé wegweisend, sondern der Audi 100 von 1982. Das Ingolstädter cW-Wert-Wunder wurde sogar von den Amerikanern kopiert.

Wer einen Schock fürs Leben erleidet, vergisst ihn nicht so schnell. Für die Autoindustrie der 70er Jahre war es der Ölpreis-Schock, der ihr noch jahrelang in den Knochen steckte. Effizienz und Verbrauchsreduzierung standen fortan ganz oben im Lastenheft. Damit stieg auch die Bedeutung des Windkanals: Je weniger Angriffsfläche ein Auto dem Wind bietet, desto besser für den Spritverbrauch.

Als Audi 1981 auf der IAA in Frankfurt sein "Forschungsauto" präsentierte, hatten die Designer sich bis zum Exzess im Windkanal ausgetobt. Die Studie, die dem späteren Audi 100 der dritten Generation schon sehr nahe kam, hatte eine glattflächige Karosserie mit bündig eingesetzten und hoch gezogenen Seitenscheiben. Front und Heck wirkten noch etwas unbeholfen. Sie wurden für das Serienmodell von 1982 aufgehübscht und geglättet. Der Audi 100 der Generation C3 erreichte einen cW-Wert von 0,30, fast so gut wie beim zuvor gezeigten Forschungsauto.

Damit war der neue Audi die stromlinienförmigste Serienlimousine der Welt. Die Form des C3 ließ selbst Automobildesigner in den USA bewundernde Blicke nach Ingolstadt werfen. Besonders bei Ford schielte man auf Audi: Die Mittelklasselimousine Ford Taurus, die 1986 auf den Markt kam, wirkte fast wie eine Kopie des Audi 100. Der Taurus war enorm erfolgreich und wurde in den USA zum bestverkauften Wagen seiner Klasse.

Die windschlüpfrige Form des Audi 100 sorgte nicht nur für einen geringeren Verbrauch, sondern auch für niedrigere Windgeräusche. Der Innenraum war indes viel größer als beim Vorgängermodell. 1983 erschien die Kombi-Version Avant, ein echter Lademeister. Für eine Werbeanzeige drapierte man 18 Koffer hinter der Heckklappe, um das üppige Fassungsvermögen zu demonstrieren.

Allerdings hatte die Stromlinienform des neuen Audi mit den großen schrägen Seitenscheiben auch Nachteile: Der Innenraum heizte sich im Sommer stark auf – eine Klimaanlage gehörte in den 80ern in der Mittelklasse selten zur Serienausstattung – und wenn die Fenster geöffnet waren, tröpfelte allzu leicht Schnee und Regen auf die Sitze.

Der Wagen war 4,79 Meter lang und 1,8 Meter breit, damit auch deutlich größer als sein Vorgänger. Trotzdem war er mit einem Leergewicht von 1130 kg rund 80 kg leichter und verbrauchte im Schnitt einen Liter weniger Sprit auf 100 km. Das Basismodell hatte einen phlegmatischen Vergasermotor mit vier Zylindern und 75 PS unter der Haube. Flotter unterwegs war man mit den Fünfzylinder-Benzinern, sie hatten 100 bis 136 PS zu bieten. Darunter war 1984 auch das erste in Deutschland angebotene Modell mit einem geregelten Katalysator.

In Sachen Kraftstoffersparnis hatten natürlich die Dieselmodelle die Nase vorn. Die stärkste Version war der Audi 100 TDI von 1990. Er setzte nicht mehr auf das Wirbelkammer-Prinzip, sondern auf Direkteinspritzung. 120 PS trieben den Wagen in 12 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der Durchschnittsverbrauch lag bei 8,5 Litern Diesel pro 100 km. Durch den 80 Liter großen Kraftstofftank waren bei sparsamer Fahrweise 1000 Kilometer Reichweite drin. Audi experimentierte zudem mit einem Dieselhybridantrieb, der erste "Audi Duo" wurde 1989 präsentiert.

Sparen war jedoch nicht alles bei der in den 80er Jahren noch ziemlich spießigen Marke Audi. Dafür sorgte zum einen der Allradantrieb. Die Quattro-Version des Audi 100 war 1984 der Star in einem der berühmtesten Auto-Werbespots, als sie mühelos auf einer steilen Skisprungschanze fuhr – und zwar von unten nach oben. Zum anderen blies Audi seinem Stromlinien-Wunder mit einem Turbolader den Marsch. Der Audi 100 Turbo hatte fünf Zylinder und 165 PS in petto.Noch mehr Power bot die Sport- und Luxusversion Audi 200. Das Top-Modell 200 Quattro 20V protzte mit 220 PS und rannte in 8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 242 km/h machten die großen Audis plötzlich der Konkurrenz von BMW und Mercedes die linke Autobahnspur streitig. Der Audi 200 hatte außerdem einen besonderen Promi-Bonus: James Bond alias Timothy Dalton fuhr den Wagen 1987 im Film "Der Hauch des Todes", und Klausjürgen Wussow alias Professor Brinkmann brauste mit verschiedenen Audi 200 in der Serie "Die Schwarzwaldklinik" durchs Glottertal.Auf die Spitze trieb es schließlich der auf Basis des Audi 100 konstruierte Audi V8, der ab 1988 mit 250 PS und ab 1991 sogar mit 280 PS auftrumpfen konnte. Der Leistungshunger einer Marke, die endlich in die Premiumliga aufsteigen wollte, trieb leider auch die Preise in schwindelerregende Höhen. Die Top-Version des V8 kostete 1991 satte 163.000 D-Mark. Das Basismodell des Audi 100 von 1982 hatte man noch für 21.600 Mark kaufen können.

Quelle: Autoplenum, 2012-06-06

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