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Testbericht

Stefan Grundhoff, 8. August 2012
Am Vormittag des 11. September 1987 hatten die Daimler-Verantwortlichen die Gewissheit: BMW zeigte auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt mit dem BMW 750iL den ersten deutschen Zwölfzylinder der Nachkriegsgeschichte. Eine Majestätsbeleidigung für die erlauchte S-Klasse.

Die Mercedes S-Klasse feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag. Seit Anfang der 70er Jahre lässt Mercedes die internationale Luxuskonkurrenz bei den Limousinen alt aussehen. Keine andere Luxuslimousine hat weltweit einen derartigen Ruf wie die S-Klasse. Egal ob die verchromte Baureihe W116, der lässige W126 oder die Trutzburg W140 – jede Mercedes S-Klasse war zu ihrer Zeit das Maß der Dinge, wenn es um Limousinen ging. Doch es gab auch düstere Momente für die Mercedes S-Klasse: Da passte die mächtige Baureihe W140 nicht auf den Autoreisezug nach Sylt und kam so in die Nachrichten, der Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen 1989 starb bei einem Bombenanschlag in seinem schwer gepanzerten Mercedes 560 SEL in Bad Homburg oder eben der IAA-Eröffnungstag am 11. September 1987.

BMW hatte gerade erst ein Jahr zuvor seine zweite 7er-Generation vorgestellt. Fahrdynamisch der Mercedes S-Klasse um Längen überlegen, hatten die Daimler-Verantwortlichen an sich keinen Grund zu Besorgnis. Zu groß war der Imageunterschied zwischen S-Klasse und 7er. Doch BMW wagte die unglaubliche Majestätsbeleidigung und präsentierte auf der IAA im Herbst 1987 den BMW 750iL, das erste deutsche Auto nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Zwölfzylinder. Zwölfzylinder galten damals wie heute als die Krone der automobilen Schöpfung. Könige, Kaiser, Politikgrößen und Prominente in den USA, Asien oder Europa bevorzugen diese gediegenste alle automobilen Fortbewegungen. V12 bedeutet grenzenlosen Luxus auf vier Rädern und niemand hatte einen Zweifel daran, dass nur einer die automobile Königsklasse wieder auferstehen lassen könnte: Mercedes mit seiner S-Klasse.

Dabei war es nicht so, dass die Mercedes-Ingenieure geschlafen hätten. Schon bei der ersten echten Mercedes S-Klasse der Baureihe W116 waren Anfang der 70er Jahre intern Rufe nach einem imageträchtigen Zwölfzylinder wach geworden. Doch die Staatslimousine S600 Pullman kam schließlich auch mit vergleichsweiser betagter Technik und einem V8-Triebwerk aus. Wieso dann ein V12 für die S-Klasse? Als die elegante Baureihe W126 Ende der 70er als die beste Luxuslimousine der Welt vorstellte, waren die Rufe nach einem Zwölfzylinder in Stuttgart und Sindelfingen keinesfalls verklungen. Doch ein erster Ökotrend setzte sein. Zudem war die komplette Neuentwicklung eines V12-Triebwerks teuer und wohl gar nicht nötig, um den Emporkömmling aus München auf Distanz zu halten. Schließlich sollte im 126er auch die Powerversion des 450 SEL 6.9 auslaufen. Ein weiteres Problem barg der Motorraum der Mercedes S-Klasse. In den Vorderwagen der filigran und wenig überdimensional geschnittenen Karosse passte gerade noch der Fünfliter-V8. Doch vier Zylinder mehr würden nicht nur thermisch zu einem Problem. Jahre später hatten die Daimler-Entwickler genug damit zu schaffen, hier den Motor des 560er unterzubringen.

BMW hatte die Zeichen der Zeit erkannt. Schon der erste 7er BMW der Baureihe E23 war der S-Klasse in Sachen Dynamik überlegen. Als die zweite 7er-Generation der Baureihe E32 im August 1986 folgte, hatte die Mercedes S-Klasse sieben Jahre Vorsprung und einen kaum messbaren Imageabstand. So fiel Anfang der 80er Jahre in der Konzernzentrale des BMW-Vierzylinders am Petuelring der Entschluss, das nächste 7er Modell und die gesamte Marke mit einem Zwölfzylinder zu krönen. Mercedes bekam erst Wind von dem Projekt um das M70-Triebwerk und konnte im Blechkleid des W126 nicht mehr reagieren. Zwar hatte man sein Jahren auf den Prüfständen Zwölfzylinder-Erprobungen laufen. Doch im W126er war einfach nichts zu machen. Hier musste es das neue Topmodell Mercedes 560 SEL richten.

Die bekannt entwicklungsfreudigen Bayern rieben sich die Hände und genossen den Doppelschock auf der IAA 1987. Hier zeigten die Münchner nicht nur BMW 750i / 750iL, sondern auch den Spaßroadster BMW Z1. War zum Marktstart des neuen 7er der Baureihe E32 zunächst der bekannt starke Reihensechszylinder des BMW 735i mit 155 kW / 211 PS die Topmotorisierung, so setzte der Zwölfzylinder mit der internen Bezeichnung M70 dem 7er die Krone auf – und Stuttgart schaute in die Röhre. Der Zwölfzylinder mit 4988 Kubikzentimetern Hubraum leistete 221 kW / 300 PS bei 5.200 U/min und ein maximales Drehmoment von damals gigantischen 450 Nm bei 4.100 Touren. 0 auf Tempo 100 schaffte die Luxuslimousine in kaum mehr als sieben Sekunden und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Diese Leistungsdaten sorgten weniger für Heulen und Zähneklappern in Stuttgart als vielmehr für pure Verärgerung, darüber, nicht der erste gewesen zu sein. Die Antwort lautet 560 SEL, der je nach Länderausführung ab 1987 ebenfalls 221 kW / 300 PS leistete – doch nur über acht Brennkammern verfügte.

Am Steuer war der 750er ein Sprung in eine neue Luxuswelt. Der seidenweiche Lauf des Reihensechszylinders wurde nochmals deutlich übertroffen und insbesondere die subjektiven Fahrleistungen des Bayern beeindruckten jeden. So bullig hatte allenfalls der Mercedes 450 SEL 6.9 mit seinen 286 PS angeschoben. Das Paket aus exzellentem Fahrwerk und grandioser Leistungsausbeute beeindruckte jeden. Wenngleich es auch Stimmen gab, denen der Zwölfzylinder zu schwer auf der Vorderachse lag. Auch in Sachen Langlebigkeit war der V12 nicht derart beeindruckend wie die Sechs- oder späteren Achtzylinder, die nach der Modellpflege folgten. Optisch war der Zwölfzylinder durch eine breitere Niere von den Sechszylindermodellen zu unterscheiden. Später war das Topmodell auch erstmals bei einem Serienfahrzeug mit lichtstarken Xenonscheinwerfern zu bekommen. Die exklusivsten Modelle des 7ers boten nicht nur einen um rund elf Zentimeter verlängerten Radstand, sondern auch Doppelglas, TV, Telefon und eine elektrische Einzelsitzanlage. Wie vom Vorgänger gab es eine Schwerpanzerversion mit langem Radstand.

Erstmals in der Firmengeschichte war BMW seinem Hauptkonkurrenten Mercedes wirklich überlegen. Die Antwort der Schwaben ließ vier Jahre auf sich warten. Erst mit Einführung der Nachfolgegeneration W140 brachte Daimler die V12-Modelle Mercedes 600 SE und 600 SEL und legte gleich noch die identisch motorisierten Coupéversionen des CL nach. Die Motorleistung lag zwischen 394 und 408 PS und pulverisierte die des BMW 750iL, der in den 80ern jedoch die Gunst der Stunde nutzte und dem Stern eine schmerzhafte Nase drehte. Bis heute sind die Zwölfzylinder trotz aller Downsizing-Tendenzen wichtige Eckpfeiler jeder Luxuspalette. Bei den deutschen Modellen BMW 7er und Audi A8 sind sie ebenso gesetzt wie bei Rolls-Royce Phantom und Ghost oder den Sportwagen von Aston Martin oder Ferrari. Nur Jaguar, mit dem XJ lange Zeit das Maß der Zwölfzylinder, hat dem Imagemodell abgeschworen und belässt es mittlerweile bei acht Zylindern und Kompressoraufladung. Im Oktober 1994 wurde die 7er-Baureihe E32 vom Nachfolgemodell BMW E38 abgelöst. Auch hier gab es wieder einen Zwölfzylinder – ebenso wie in bisher allen Nachfolgegenerationen des bayrischen Topmodells.

Quelle: Autoplenum, 2012-08-08

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