993 - der letzte echte 911? Na sagen wir es mal so. Er sieht zumindest noch wie einer aus. Nach dem ziemlich mißglückten 964 erinnerte man sich bei der schwäbischen Sportwagenschmiede daran, wie ein 911er auszusehen hat, und ruckzuck gabs einen old school 911. Der hatte auch wieder was erotisches, die Kotflügel waren als solche zu erkennen, und der Hintern war mindestens so sexy, wie der J.Lo.
Ich kaufte den Kracher im Jahr 2000 für schlappe 45.000 Euro.
Klar, irgendwann mußte es sein, denn Porsche war schon immer mein Ding, nur der liebe Geldbeutel verhinderte den Kauf eines 911er. Nun aber war es soweit, und ich konnte kaum noch schlafen, bis sich ihn endlich unterm A...hatte.
Und er sollte mich nicht enttäuschen. Ein echtes Prachtstück, topgepflegt, jeder Service wurde gemacht vom Vorbesitzer, top ausgestattet mit allem was die Aufpreisliste hergab. Reinsitzen und wohlfühlen, wie bei einm Romikaschuh. Und er passte auch wie ein maßgeschneiderter Schuh. De Sitze, edel, straff und mit viel Seitenhalt.
Endlich, den Schlüssel links ins Schloß gesteckt, gedreht und 272 Zuffenhausener Rösser erwachen zum Leben.
Oh wie herrlich ist doch dieser Sound des 3,6 Liter Boxermotors. Und diese abnorme Kraft aus dem Keller.
Das Fenster nach unten und angasen. Yeah Baby, thats it!
Der Schub kommt dermaßen vehement, dass dir unweigerlich ein Grunzlaut entweicht ( siehe Tim Taylor von Tool Time).
Es geht vorwörts, als gäbs kein morgen und die Orgie endet erst bei Tachostand 292 km/h.
Du fühlst dich dabei wie in Abrahams Schoß, denn der Porsche liegt wie das berühmte Brett auf dem Asphalt.
Wie geil ist es, mit dem 11er durch eine kurvige Landschaft zu düsen. Natürlich liegt er Porsche sehr straff und natürlich rumpelt er mit seinen 295er-Hinterreifen auf Kopfsteinpflaster mehr schlecht als recht. Und natürlich muss der Fahrer aufpassen, bei Tempo-30-Höckern die vordere Spoilerlippe nicht hässlich ratschend auf die Steine zu setzen. Dafür gibts ein äußerst neutrales Fahrverhalten bis in Bereiche sehr hoher Querbeschleunigung und die Abwesenheit von Lastwechselreaktionen kennzeichnen den Stuttgarter Sportler, dessen Potenzial auszuloten mit einem Minimum Verantwortungsgefühl nur abseits öffentlicher Straßen möglich ist. Neben seinem aufwändigen und wirklich gelungenen Fahrwerk trägt die hervorragende direkte Lenkung maßgeblich zu diesem Fahrverhalten bei.
Ob Sex wirklich besser ist, fragt man sich unweigerlich. Na zumindest ist es diesem Hochgefühl sehr ähnlich. Dein Bludruck schießt nach oben, deine Herzfrequenz genauso, und Glückshormone aller Art jagen durch die Blutbahnen.
Das 6-Gangetriebe lässt sich knackig schalten. Die Wege sind kurz, und dein Kupplungsfuß wird auch nicht über Gebühr beslatet.
Zu alledem ist er auch noch zuverlässig und wie jeder weiß enorm wertstabil.
In den 4 Jahren, in denen ich den 993 fuhr, gab es keine bösen Überraschungen.
Verschleißteile wechseln, Kundendienst einhalten und fertig ist der Lack.
O.K. das alles ist nicht ganz billig, zugegeben!
Es gibt sicher günstigere Möglichkeiten, um von A nach B zu kommen, aber dafür gibts einfach Spaß ohne Ende.
Beim Verbrauch gibts gar nichts zu meckern, selbst bei forcierter Fahrweise geht es selten über 15 Liter. Und wenn du nur einfach mal durch die Gegend cruist, dann sind es schon mal unter 10 Liter. Man sollte auch nicht zwingend ständig Ampelstarts gewinnen wollen, denn der Verschleiß bei den Reifen geht dann wirklich ins Geld.
Der erste Satz Reifen hielt gerademal 10.000km!
Aber irgendwann wird man dann doch etwas zurückhaltender, was sich umgehend auf den Kontostand auswirkt.
Um auf die Frage vom Anfang zurückzukommen:
Ja er ist wirklich der letzte echte 11er.
Zumindest für mich.
Auch wenn er deutlich besser zu fahren ist als ein Carrera aus den 80er Jahren. Er ist nicht mehr ganz so gemein, nicht mehr ganz so kompromißlos, und er ist natürlich deutlich besser ausgestattet. Aber sein Charakter blieb erhalten.
Ehrlich gesagt war es ein Fehler, ihn zu verkaufen.