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Testbericht

8. Juli 2009
Oslo (Norwegen), 8. Juli 2009 - Tomoaki Saito achtet etwas nervös auf meinen Fahrstil. Allerdings hat der Mazda-Ingenieur auch allen Grund dazu, denn ich sitze hinter dem Steuer des RX-8 Hydrogen RE, dessen Wankelmotor mit Wasserstoff betrieben wird. Der Sportwagen ist das erste von bislang zwei Exemplaren, die im Rahmen des HyNor-Projektes im Alltag erprobt werden. Reich durch Gas, fortschrittlich durch Wasserstoff HyNor, der Name verrät es bereits, ist ein norwegisches Projekt mit dem Ziel einer funktionstüchtigen Infrastruktur für wasserstoffbetriebene Autos. Auf den ersten Blick scheint es so, dass Norwegen energiepolitisch überhaupt keine Probleme hat: Wasserkraft, Erdgas und Erdöl sind im großen Maß vorhanden. Warum dann auf Wasserstoff setzen? Hier zeigt sich eine kluge Politik: Erdgas und Erdöl werden exportiert und die Erlöse zurückgelegt. Gleichzeitig deckt man den eigenen Strombedarf durch Wasserkraft, wodurch Wasserstoff mittels Elektrolyse preiswert und umweltfreundlich erzeugt wird. Von der Idee her also recht fortschrittlich, bereits an eine Zeit zu denken, in der das Öl knapp ist. Beteiligt sind an HyNor rund 50 Kooperationspartner, darunter öffentliche Institutionen, Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen. Ziele sind der Aufbau eines Tankstellennetz und die Praxiserprobung von Wasserstofffahrzeugen. Sauber tanken Mazda wird insgesamt bis Ende 2009 zwischen zehn und 15 RX-8 Hydrogen RE zur Verfügung stellen, ergänzt wird die HyNor-Flotte durch 15 auf Wasserstoff umgerüstete Toyota Prius der Firma Quantum, fünf einheimische Think Hydrogen und ab 2010/2011 acht Busse. Zudem laufen Verhandlungen mit weiteren Herstellern zur Erprobung von Fahrzeugen. Im Mai 2009 wurde die erste norwegische Wasserstoff-Route eröffnet: Entlang einer rund 600 Kilometer langen Strecke kann an acht Tankstellen sauber nachgefüllt werden. Ich stehe in Oslo an der Zapfsäule und versuche mich an der neuen Technik. Der Vorgang erinnert stark an das Tanken von Erdgas: Schlauch auf den Adapter stecken, mit einem Hebel verriegeln und den Startknopf drücken. Insgesamt dauert der Vorgang kaum länger als eine klassische Befüllung mit Benzin oder Diesel. Gespeichert wird der Wasserstoff in zwei Tanks mit einem Druck von 350 bar und einer Kapazität von 105 Liter, die den RX-8-Kofferraum komplett ausfüllen. Detektoren warnen frühzeitig vor ausströmendem Gas.

Keine Umwege Anders als die meisten deutschen Hersteller setzt Mazda auf die exotisch anmutende Lösung eines Wasserstoff-Wankelmotors. Warum keine Brennstoffzelle? Die Japaner geben offen zu, dass diese den höheren Wirkungsgrad besitzt und ebenfalls nur schadstofffreien Wasserdampf emittiert. Doch laut Mazda hat der Wasserstoff-Wankel den Vorteil, dass er strukturell eng mit der Benzinvariante verbunden ist. Dadurch fallen die Produktionskosten geringer aus und auch die Zuverlässigkeit liegt über jener der Brennstoffzelle. Ein weiterer Pluspunkt: Das Aggregat kann sowohl mit Wasserstoff als auch mit Benzin betrieben werden, sodass das Fahrzeug nicht vom doch noch recht dünnen Tankstellennetz abhängig ist. Ein Blick in die technischen Daten dämpft jedoch die Erwartungen: Die H2-Reichweite beträgt 100 Kilometer, mit Benzin sind es gerade einmal 45 Kilometer, denn der Benzintank ist nur fünf (!) Liter groß. Ziemlich bescheiden, aber man ist noch in der Erprobung und der RX-8 ist nicht gerade ein Raumriese, in den dicke Tanks passen. Vorteile für den Wankel Als Übergangslösung bis zur Brennstoffzelle macht der Wasserstoff-Wankel also durchaus Sinn. Allerdings gibt es bei der direkten Verwendung von Wasserstoff zwei Dinge zu beachten: Im Vergleich zu konventionellem Benzin ist Wasserstoff leichter entzündlich und benötigt auch eine geringere Zündungsenergie. Jedoch ist die Energiedichte kleiner als die von Benzin. Dennoch fühlt sich der Wasserstoff im Wankelaggregat wohler als im Hubkolbenmotor. Ein wesentlicher Grund dafür ist die bislang von vielen Ingenieuren kritisierte Thermodynamik des Kreiskolbenmotors: Die lang gezogenen Brennräume galten bislang als Effizienzkiller. Da Wasserstoff aber leichter entzündlich ist, hält sich das Problem in Grenzen. Richtig zünden Mehr Sorgen bereitet die leichte Zündfähigkeit von Wasserstoff im klassischen Ottomotor. Hier wird das Gemisch direkt in den heißen Brennraum geleitet, in Verbindung mit den sehr heißen Auslassventilen besteht die Gefahr von ungesteuerten Selbstzündungen. Durch die räumliche Trennung von Einlass, Auslass steht der Wankel besser da. Auch die vier Arbeitstakte laufen getrennt voneinander ab: Richtig warm wird es im Motor dadurch erst ab dem dritten Arbeitstakt, der Zündung. Zudem entsteht durch den zeitlich längeren Takt des Kreiskolbenmotors eine gleichmäßigere Vermischung und eine bessere Verbrennung.

Unterwegs im sauberen RX-8 Doch wo Licht ist, gibt es auch Schatten: Durch die geringere Dichte wird bei der Verbrennung gleicher Volumenmengen bei Wasserstoff weniger Energie freigesetzt als bei Benzin. Folglich muss ein höherer Volumenanteil in den Brennraum gefüllt werden: Etwa 29,5 Prozent des Zylindervolumens benötigt der gasförmige Wasserstoff für die Verbrennung, Benzin dagegen nur rund 1,7 Prozent. Dadurch fällt der Luftanteil entsprechend geringer aus, die Verbrennung erfolgt unvollständig, in der Folge wird weniger Leistung freigesetzt. Abhilfe schafft eine direkte Einspritzung des Wasserstoffs in den Brennraum. Doch im Fahrbetrieb zeigen sich die Auswirkungen der grauen Theorie: Der bislang sanft surrende Wankel legt im RX-8 Hydrogen RE eine rauhe Note an den Tag, die härtere Verbrennung ist unüberhörbar. Auch die Leistung erinnert kaum an einen Sportwagen: Zu Buche stehen im Benzin- und Wasserstoffmodus 109 PS und ein maximales Drehmoment von 140 Newtonmeter. Über eine Taste neben dem Lenkrad kann während der Fahrt von Wasserstoff auf Benzin umgeschaltet werden, während der Wechsel in die andere Richtung nur im Stand möglich ist. So ist trotz der manuellen Fünfgang-Schaltung geruhsames Gleiten angesagt. Am Gewicht liegt es übrigens nicht: Der Wasserstoff-RX-8 ist gerade einmal 52 Kilogramm schwerer als ein Serienmodell mit 192 PS. Wir sind übrigens die Facelift-Version des Wankel-Mazda gefahren, die Kombination von neuer Frontpartie, modifizierten Seitenblinkern sowie Änderungen am Heck und im Innenraum weiß zu gefallen. Umweltfreundlichkeit hoch zwei Der RX-8 Hydrogen RE ist nicht der einzige saubere Mazda, den wir fahren dürfen. Extra aus Japan wurden zwei Premacy Hydrogen RE Hybrid mitgebracht. Der hierzulande als Mazda 5 bekannte Van wird in Japan bereits seit Mai 2009 in einem speziellen Programm an gewerbliche Kunden verleast. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen seriellen Hybrid. Das System wandelt die mit dem Verbrennungsmotor gewonnene Energie mithilfe eines elektrischen Generators in elektrischen Strom um und treibt damit den Elektromotor an. Auch beim Premacy Hydrogen RE Hybrid ist der Wasserstofftank 105 Liter groß, jedoch wird hier eine Reichweite von 200 Kilometern möglich, der 25-Liter-Benzintank legt zusätzlich 400 Kilometer drauf.

Mazda lässt es drehen Der Wasserstoff-Wankel unter der Haube des Sonder-Premacy erzeugt 109 PS, der Elektromotor 150 PS und ein Drehmoment von 350 Newtonmeter. Beim Fahren dringt erneut der rauhe Wankel-Sound ins Ohr, denn trotz aller Beteuerungen der Ingenieure schaltet sich der Verbrenner recht früh zu, nachdem wir beim Dreh des Zündschlüssels kaum merken, dass das Auto an ist. Leiser und spritziger wird es im Benzinmodus, doch es stören die großen Drehzahlsprünge des Getriebes. Beim Premacy Hydrogen RE Hybrid läuft der Wankel nicht in einer monotonen Dauerdrehzahl, wie bei seriellen Hybrid sonst üblich. Laut Mazda steigt die produzierte Strommenge proportional zur Motordrehzahl. Sonderlich verbrauchsmindernd klingt diese Rechnung jedoch nicht. Gespeichert wird der Strom in einer Lithium-Ionen-Batterie mit einer Leistung von 40 Kilowatt. In Sachen Gewicht fordert die geballte Technik ihren Tribut: Mit 1.760 Kilogramm ist der Hybrid-Van rund 300 Kilogramm schwerer als sein Benzin-Pendant.

Mit Wasserstoff in die Zukunft? Wann genau der Wasserstoff-Wankel für jedermann erhältlich sein wird, lassen Saito-san und seine Kollegen noch offen. Bis dahin sind noch viele Fragen zu klären: Wo kommt die Energie zur Erzeugung von Wasserstoff her? Sobald Kohle- oder Atomkraftwerke ins Spiel kommen, steht die ökologische Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Wie teuer wird Wasserstoff fürs Auto sein? Bislang stützt Norwegen den Preis, um ihn auf dem Niveau von Benzin zu halten. Wann gibt es genügend Tankstellen für den sauberen Sprit? Erst wenn das Netz dichter ist, steigt der Anreiz für den Kunden zum Kauf eines Wasserstoff-Autos. Dann sind aber auch die Autohersteller gefragt, bezahlbare Möglichkeiten inklusive innovativer Leasingangebote anzubieten. In dieser Hinsicht ist der saubere Wankel-Mazda eine Alternative, da er mit relativ geringem konstruktiven Aufwand auskommt. Dadurch erhält der schon fast totgesagte Kreiskolbenmotor eine Existenzberechtigung als Überbrückung auf dem Weg zur Brennstoffzelle. Doch auch andere Hersteller schlafen nicht und arbeiten an Elektrofahrzeugen und Autos mit Brennstoffzelle. Skandinavien geht voran Betrachtet man die Entwicklung auf dem Gebiet der Wasserstoff-Mobilität, dann scheint es so, als wenn Staaten ohne eigene Automobilindustrie zügiger vorankommen. Dänemark verfolgt zum Beispiel das ehrgeizige Ziel, das im Jahr 2025 alle Neuwagen Elektro- oder Wasserstoffautos sein sollen. Dafür tut die Politik einiges: Die mit 180 Prozent extrem hohe Steuer beim Autokauf entfällt für die Öko-Mobile, gleichzeitig darf man im öffentlichen Raum frei parken. Zu guter Letzt sollen die jährlichen staatlichen Ausgaben von 67 auf 134 Millionen Euro steigen, um unter anderem bis 2011 eine Infrastruktur für Wasserstofffahrzeuge aufzubauen. Und Deutschland? Hier werden einst pompös gefeierte Wasserstoff-Tankstellen wieder geschlossen. Klarer Fall: Angela Merkel, übernehmen Sie!

Quelle: auto-news, 2009-07-08

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