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Testbericht

Sebastian Viehmann / Stefan Grundhoff, 20. Januar 2010
Die amerikanische Autoindustrie hat eines der schwärzesten Jahre der Geschichte hinter sich. Gerade die deutschen Premiumhersteller wollen von der anhaltenden Marktschwäche profitieren.

Fragt man Daimler-Boss Dieter Zetsche nach den Märkten mit den größten Wachstumschancen, so kommt ihm nicht nur China, Russland oder Indien in den Sinn. „Die USA wird einer unserer wichtigsten Märkte bleiben. Hier gibt es für uns nach wie vor große Potenziale“, so Dieter Zetsche, „die größten Zuwächse erwarten wir jedoch in China. Hier haben wir zuletzt ein Wachstum von 70 Prozent gezeigt.“ Die USA gelten seit je her als der beliebteste Auslandsmarkt der Deutschen. Bei den Amerikanern liegen BMW, Mercedes und Porsche bekanntermaßen hoch im Kurs. Gerade Audi will hier die Vergangenheit vergessen machen. Eine schwache Händlerstruktur und der Schrecken der 80er Jahre verhindert bislang, dass Aushängeschilder wie Audi A8, A6, R8 oder Q7 auf Augenhöhe mit der deutschen Konkurrenz fahren. Doch die Ingolstädter haben gerade in den USA viel vor. Im Dezember feierte der neue Audi A8 aus gutem Grund in Miami Beach seine Weltpremiere. Als neuer Werbestar soll Pop-Sternchen Justin Timberlake Lust auf die Marke mit den vier Ringen machen. Der ein oder andere sehenswerte Spot im Superball-Finale nicht ausgeschlossen.

Im Jahr 2005 wurden in den USA 17 Millionen Autos verkauft. 2009 waren es gerade noch 10,4 Millionen. „Da sind 5,7 Millionen Kunden einfach verschwunden. Das zeigt die Dramatik des Marktes“, sagt Stefan Jacoby, Präsident der Volkswagen Group of America. Auch VW blieb nicht verschont, verkaufte 2009 mit 213.454 Fahrzeugen 4,3 Prozent weniger als 2008. Gleichzeitig stieg immerhin der Marktanteil von 1,7 auf knapp über 2 Prozent. Doch an die Erfolge, die VW einst mit dem Käfer in Amerika hatte, konnte bislang kein Volkswagen anknüpfen – schon gar nicht der Golf. „Kunden, die zu VW gefunden hatten, sind nicht zu VW zurückgekommen“, gibt Jacoby zu. Fehlende Markentreue, demotivierte Händler und mieses Image haben den Deutschen in den vergangenen Jahren arg zugesetzt. Bei der J.D. Power Kundenzufriedenheitsstudie 2009 (Initial Quality Survey) lag VW trotz eines Aufwärtstrends in den letzten Jahren immer noch auf Rang 15 – unter dem Industriedurchschnitt. Nicht nur Lexus (Platz 1), Mercedes oder Porsche schnitten deutlich besser ab. Auch die einheimischen Marken Cadillac, Chevrolet und Ford finden sich unter den ersten Zehn wieder.

Bei Mercedes, eine der Lieblingsmarken der Amerikaner sieht das deutlich besser aus. Der Stuttgarter Autobauer produziert bisher bereits die Modelle der R-, ML- und GL-Klasse in Tuscaloosa. Weitere sollen folgen. Dieter Zetsche: „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer deutlich besseren Kostenbasis. Das ist auch ein Grund dafür, weshalb wir die neue C-Klasse in unserem amerikanischen Werk in Tuscaloosa bauen werden. Zudem sind wir stolz darauf, dass wir auch in Sachen Qualität stehen wir in der Summe sehr gut da. Die Kundenzufriedenheit ist besser als je zuvor.“ Dahin will auch Volkswagen – gerade in den USA. In den kommenden Jahren soll sich der Absatz auf 800.000 Autos pro Jahr vervierfachen. Durch die Produktion im neuen Werk Chattanooga (Tennessee) will sich VW von den Problemen des Dollar/Euro-Wechselkurses unabhängig machen. Die VW-Investitionen mitten in der Wirtschaftskrise sind hochwillkommen, es stapeln sich bereits 65.000 Bewerbungen und die mächtige Gewerkschaft UAW (United Auto Workers) hat im Süden der USA wenig Einfluss. Einen weiteren Grund für das Engagement vor Ort sollte man nicht unterschätzen: „Das ist nun einmal ein sehr patriotisches Land. Man kann hier nicht 800.000 Autos verkaufen, ohne auch hier zu fertigen“, so Stefan Jacoby. Mit einer neuen Mittelklasselimousine, dem Jetta-Nachfolger und nicht zuletzt einem Nachfolger des VW Beetle will VW das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zurückerobern.

Noch immer sind viele Volkswagen aber teurer als amerikanische und japanische Konkurrenten. In Kanada wird auf Druck der dortigen Händler ein Einsteigermodell angeboten, das umgerechnet rund 10.000 Euro kostet – der „Golf City“ basiert auf dem Golf der dritten Generation. In Nordamerika kommt so etwas für Stefan Jacoby nicht in Frage: „Wir sind kein Billiganbieter und werden es auch nicht“, betont der oberste VW-Mann der USA. Allerdings verkauft VW seine Autos jenseits des großen Teiches erheblich billiger als in Deutschland. Ein Golf GTI zum Beispiel kostet in den USA inklusive der – regional unterschiedlichen – Steuern weniger als 25.000 US-Dollar. In Deutschland muss man für den schnellen Wolfsburger 26.650 Euro auf den Tisch legen.

Einen Passat CC mit V6-Motor und Allradantrieb gibt es in Deutschland für 45.825 Euro, in den USA kostet das ähnlich motorisierte Top-Modell des Wagens keine 43.000 Dollar. Die Fahrzeugpreise bei BMW, Mercedes oder Porsche zeichen kaum ein anders Bild. Durchweg sind die Preise deutlich günstiger als in Europa. Beispielsweise kostet der BMW X6 Active Hybrid in Deutschland rund 103.000 Euro – in den USA sind es umgerechnet kaum mehr als 60.000 Euro (knapp 90.000 Dollar). Auch der Hybridkonkurrent Mercedes ML 450 Hybrid ist in den USA zu einem Schnäppchenpreis zu haben, wofür es bei uns keinen Diesel gibt.

Der Diesel führt einen schweren Kampf auf dem US-Markt. 1981, kurz nach der zweiten Ölkrise, war das ganz anders: Rund 80 Prozent aller in den USA verkauften Mercedes-PKW hatten Selbstzünder an Bord. Erst neue Abgasbestimmungen setzten dem Trend zum (damals) rußenden Stinker ein Ende. Mit gewaltigem Aufwand werben vor allem VW, Audi und Mercedes nun für die neuen sauberen Selbstzünder. Der Absatz von Dieselfahrzeugen deutscher Hersteller hat sich 2009 im Vergleich zu 2008 auf 42.000 Fahrzeuge verdreifacht, was auch an der breiteren Modellpalette lag. Nicht nur SUV und Pick-Ups bringen Käufer in Diesel-Versuchung. Der Audi A3 TDI Clean Diesel ist Preisträger des „Green Car of the Year Award“ 2010. Jeder vierte Jetta, den VW in den USA verkauft, hat einen Selbstzünder unter der Haube. Doch sowohl die teils höheren Preise des Kraftstoffs im Vergleich zu Benzin als auch Lücken im Angebot der Tankstellen werfen dunkle Schatten über die schöne neue Diesel-Welt.

„Wir Deutsche setzen nicht nur allein auf den Clean Diesel. Wir vernachlässigen weder Hybrid noch andere Antriebe“, betonte VDA-Präsident Matthias Wissmann, oberster Lobbyist der deutschen Automobilindustrie, auf der Detroit Motor Show. Ebendort stellte VW ein schickes Hybrid-Coupé vor. Aus Unternehmenskreisen ist zu erfahren, dass dies ein Ausblick auf einen kompakten Viertürer ist, der als Benziner mit Preisen um 15.000 Dollar gegen den erfolgreichen Toyota Corolla und als Hybrid gegen den Toyota Prius antreten soll.

Ob die Amerikaner nun der Umwelt zuliebe auf sparsamere Fahrzeuge umsteigen oder aus Angst vor hohen Spritpreisen, sei dahingestellt – fest steht, dass der Leidensdruck an der Tankstelle einen enormen Einfluss auf das Kaufverhalten hat. So reagiert die Absatzkurve bei Hybridfahrzeugen mit schöner Regelmäßigkeit auf sinkende oder kletternde Spritpreise. Das US-Energieministerium prognostiziert einen Anstieg des durchschnittlichen Benzin-Preises von 2,35 Dollar pro Gallone (Durchschnitt 2009) auf 2,84 Dollar im Jahr 2010 und auf 2,96 Dollar im Jahr 2011. Den höchsten Preisanstieg auf mehr als drei Dollar pro Gallone wird es demnach im kommenden Sommer geben.

Quelle: Autoplenum, 2010-01-20

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