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Testbericht

Stefan Grundhoff, 6. März 2015
Die chinesischen Metropolen kämpfen gegen den Verkehrskollaps - jeden Tag auf neue. Echte Lösungen fehlen, denn der öffentliche Nahverkehr ist für viele innerhalb der Stadt keine Alternative.

So einen Dienstag wie den 24. Februar 2015 hatte es selten gegeben. Auf den Straßen in und um die großen Metropolen wie Peking, Shanghai oder Guangzhou ging nichts mehr. Das chinesische Neujahrsfest (startete am 19. Februar) neigte sich dem Ende und scheinbar jeder Chinese wollte in paar Tage mit Freunden oder Familie genießen. Nach inoffiziellen Angaben sollen in den Morgenstunden mehr als 100 Millionen Menschen zeitgleich in Verkehrsmitteln unterwegs gewesen sein. Die meisten verstopften mit ihren Fahrzeugen Autobahnen, Innenstädte und Zufahrtsstraßen. Vor Bahnhöfen und besonders den Flughäfen ähnelte glichen die Zufahrtswege überdimensionalen Parkplätzen. Schließlich galt es das Jahr des Pferdes stimmungsvoll zu beenden und das neue beginnende Jahr des Schafes fröhlich zu begrüßen.

Die Feierlichkeiten und der zunehmende Mobilitätsdrang der insgesamt 1,3 Milliarden Chinesen zeigt eindrucksvoll, wohin der Reise in den nächsten Jahren gehen wird. Die Metropolen stehen bereits am Rande des Kollaps‘ und selbst Fahrtbeschränkungen sorgen nicht für erträgliche Straßen. Die geografische Lage der Hauptstadt Peking sorgt dafür, dass der Smog zum Dauerproblem wird. Die 20-Millionenmetropole liegt vor einer Nordkette und der Wind aus Süden schafft es oftmals nicht, die verdreckte Luft über die Berge zu drücken. "Vor zwölf Jahren gab es hier vier Autobahnringe", erklärt Jeremiade Jenne vom Cultural Center The Huton, "bald wird nun der siebte Ring fertiggestellt und Peking wächst bald mit Tianjin im Süden zusammen." Wer nach Fertigstellung den siebten Pekinger Autobahnring befährt, ist mehrere Stunden unterwegs. Der Weg mit dem Auto von der Pekinger Innenstadt ins Herzen des benachbarten Tianjin dauert bei illusorisch problemlosen Verkehrsverhältnissen für die rund 150 Kilometer zwei Stunden. Es können jedoch auch vier bis fünf Stunden dauern, während die Zugfahrt kaum mehr als eine halbe Stunde dauert. Beeindruckend: die Züge verkehren zwischen den beiden sich verschmelzenden Ballungsräumen zwischen 6 und 22.30 Uhr im Zwölf-Minuten-Takt. Kein Wunder, dass die Eisenbahn auf Langstrecken das Fortbewegungsmittel eins bleibt - trotz des steigenden Autoverkehrs.

Dabei ist der Stau für viele nur das kleinere Problem. Der stehende Verkehr mit den parkenden Autos ist jedoch überhaupt nicht in den Griff zu bekommen. Denn während die Autos je nach Kennzeichen nur an bestimmten Tagen der Woche bewegt werden dürfen, darf und muss täglich geparkt werden. Daher investieren Städte wie Peking gigantische Summen in den öffentlichen Personennahverkehr. Bis zum Jahre 2020 soll rund jede 500 Meter eine U-Bahn-Station in Betrieb sein, um die Straßen zu entlasten. "Derzeit will niemand zu einem Treffen mit der U-Bahn fahren", sagt Jeremiade Jenne, "man müsste die Bahn mit 9.000 seiner liebsten Freunde teilen, die man gerade erst kennengelernt hat. Keiner mag das." Nach der Inbetriebnahme der U-Bahnen Ende der 60er Jahre wurde die Bahn kaum ausgebaut. Dies geschah erst nach der Vergabe der Olympischen Spiele, die 2008 in Peking stattfanden. Doch nur sehr langsam gewöhnen sich die Einwohner von Peking an die U-Bahn. Und nur kurze Strecken in der City werden mit Bussen zurückgelegt. Da steigen viele lieber auf Fahrrad oder den Roller um.

Die Überlandverbindungen für lange Strecken mit dem Zug oder dem Flugzeug funktionieren ohne Probleme. "Doch was nützt mir der schnelle Zug, wenn ich nicht einfach zu Bahnhof komme?", erläutert Fabian Wiese vom Kulturverein The Huton, der sich seit Jahren mit den städtebaulichen Entwicklungen in China befasst. Der Kulturverein befindet sich in einem alten der Hutong-Quartiere von Peking, wo bis in die 1990er Jahre die meisten Einwohner von Peking wohnten. "Aktuell gibt es Peking knapp 3.000 Hutongs", sagt Jeremiade Jenne. Die kleinen Gassen mit den Gebäuden im traditionellen China-Stil sind hier so schmal, dass gerade einmal ein Fahrzeug durchquetschen kann. Der turbulente Straßenverkehr bleibt vor dem historischen Wohnquartier, das sich wie eine historische Parallelwelt darstellt. Der große Verkehr beginnt erst an der nächsten Ecke. Doch in der Parallelwelt der Hutongs gibt es alles. Geschäfte, Wäschereien, Handwerker und selbst Prostituierte, die sich in Schaufenstern anbieten.

Die jungen Chinesen wollen unbedingt ein Auto, je nach Einkommensklasse bevorzugt aus europäischer Produktion, um den Mief des alten China weit von sich zu weisen. Kein Wunder, dass der in Europa seit Jahren kränkelnde Smart in den chinesischen Megacities auf dem besten Weg ist, zu einem trendigen Massenmodell zu werden. Die Hürden liegen dabei jedoch weniger bei dem rund 15.000 Euro teuren Preis für den kunterbunten Kleinstwagen. Viele Autos kosten so viel wie ein Kennzeichen; je nach Distrikt bis zu 8.000 RMB; das sind über 10.000 Euro. Das Kennzeichen selbst gilt dann auf Lebenszeit; jedoch darf der Chinese nur alle drei Jahre ein Auto anmelden. "Smart heißt hier anders sein", sagt Smart-Chefin Dr. Annette Winkler, "65.000 Smarts wurden hier in China seit 2009 verkauft." China wird in den nächsten beiden Jahren zum wichtigsten Smart-Markt werden. Mittlerweile setzen auch mehr und mehr nationale Autoproduzenten auf Kleinstwagen, um die jungen Kunden zu locken.

Eine Metropole wie Shanghai vergibt gerade einmal 9.000 Kennzeichen pro Monat, einige Distrikte haben eine Lotterie für die Vergabe. Viele entscheiden sich daher für die zulassungsfreien Elektroroller. Mehr denn je nach einer gigantischen Razzia, die im vergangen Juli auf den Straßen der großen Städte durchgeführt wurde und tausende von normalen Rollern ohne Kennzeichen aus dem Verkehr gezogen wurden.

Quelle: Autoplenum, 2015-03-06

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