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Testbericht

Marcel Sommer, 30. Juni 2013
Vor 125 Jahren erfand John Boyd Dunlop den luftgefüllten Reifen - zum zweiten Mal.

"Geht das nicht ein wenig leiser?", wird sich der schottische Tierarzt John Boyd Dunlop Anfang des Jahres 1888 gedacht haben, als sein Sohn zum wiederholten Male mit seinem Dreirad durchs Wohnzimmer polterte. Doch anstatt dem rasenden Nachwuchs das Vollgummigefährt einfach wegzunehmen, schenkte er ihm am 28. Februar 1888 ein neues. Allerdings bestanden dessen Räder aus auf Holzrädern befestigten und mit Leinen umwickelten luftgefüllten Gummischläuchen. Sohn Johnny war zufrieden und es herrschte Ruhe. Dass Dunlop mit dem Gummiluftschlauchreifen nicht nur allen Dreiradfahrern und ihren Eltern einen gewaltigen Gefallen tat, sondern dem gesamten Verkehrswesen, konnte er an diesem Abend natürlich noch nicht wissen. Und hätten die Autopioniere um Carl Benz früher von der Idee Wind bekommen, hätten sie auf zahllose knallharte Versuchskilometer verzichten können. Selbst die Vollgummireifen konnten den ersten Fahrkomfort einer pferdlosen Kutsche nur unwesentlich verbessern. Die Zeit war reif für eine alles verändernde Erfindung - John Boyd Dunlop hatte sie.

Die Idee des mit Luft gefüllten Gummireifens ist allerdings 42 Jahre zuvor schon einmal verfolgt worden. Robert William Thomson, seines Zeichens unabhängiger Eisenbahn-Ingenieur, meldete am 10. Juni 1846 ein Patent an, das vor allem drei Schwerpunkte in der Funktion eines Reifens hervorhob. "Der Sinn meiner Erfindung ist darin begründet, durch die Anwendung elastischer Lager um die Räder einer Kutsche die für den Vortrieb benötigte Kraft zu reduzieren, die Bewegungen besser zu dämpfen und die Bewegungsgeräusche zu vermindern", heißt es in seiner Patentschrift. Der Thomson-Schlauch besteht aus luft- und wasserdichtem Material, wie Kautschuk oder Guttapercha. Trotz zahlreicher Erprobungen und einer Vorführung für den brasilianischen Kaiser 1869 in Edinburgh geriet die Erfindung nach Thomsons Tod im Jahr 1873 in Vergessenheit. 15 Jahre später fuhr Johnny vollgummiert durchs väterliche Wohnzimmer und bescherte John Boyd Dunlop die Möglichkeit den Luftreifen zum zweiten Mal zu erfinden.

Am 23. Juli 1888 meldete Dunlop das Patent auf die Weltneuheit an und errichtete im nachfolgenden Jahr in Dublin auch gleich ein Reifenwerk. Bereits vier Jahre später folgte die erste Auslands-Dependance mit dem Namen The Dunlop Pneumatic and Tyre Co. GmbH in Deutschland - genauer gesagt in Hanau. Ab 1902 begann dort die Pkw-Reifen-Produktion. Diese drei wohlüberlegten Schritte unterschieden ihn zum Beispiel von einem anderen Erfinder, ohne dessen Taten Dunlop noch viele weitere Jahre unter dem Gepolter seines Sohnes hätte leiden müssen. Der amerikanische Eisenwarenhändler Charles Goodyear erfand 1839 durch Zufall das Gummi, gründete eine Firma für zur Goldgräberzeit nachgefragte Produkte und stellte neben Möbeln und Haushaltsgegenständen aus Gummi 1855 das erste Gummi-Kondom her. Dennoch musste er auf Grund eines zu hohen Schuldenbergs ins Gefängnis. 1860 starb er mittelos im Alter von 59 Jahren. Die Reifenfirma Goodyear Tire and Rubber Company wurde erst 38 Jahre später, am 29. August 1898 von Frank und Charles Seiberling gegründet. Ihr Vorteil: Durch die stark anwachsende Fahrrad-Kultur und dem Beginn des automobilen Zeitalters war der Zeitpunkt nun perfekt. Reifen wurden an allen Fahrrad- und Autoenden benötigt.

Den wohl entscheidenden Schritt in Richtung Luftgummibereifung von Automobilen ging 1889 jedoch wiederum jemand anders. Die französischen Brüder André und Édouard Michelin adaptierten ihren zuvor entwickelten austauschbaren Fahrrad-Luftreifen aufs Auto. Schlauchwechsel konnten ab sofort innerhalb einer Minute durchgeführt werden. Der erste Geschwindigkeitsrekord auf Michelinreifen ließ nicht lange auf sich warten. 1899 durchbrach der Belgier Camille Jenatzy mit einem Elektrofahrzeug die magische 100 Kilometer pro Stunde-Grenze. Das im selben Jahr gegründete Unternehmen Continental brachte 1904 den ersten Profilreifen auf den Markt. Die Weiterentwicklung des luftgefüllten Gummirades nahm ihren Lauf. Doch so wenig die ersten Dunlop-Mumienreifen, die ihren Namen der Segeltuchabdeckung des Luftpolsters zwischen den Speichen verdanken, mit den hochentwickelten Reifen der Neuzeit gemein zu haben scheinen. Eines ist trotz Gasfüllungen oder Run-Flat-Reifen gleich geblieben: Auf Luft gefüllte Gummireifen lässt sich nur schwer verzichten. Eltern mit Dreiradpiloten wissen das auch heute noch sehr zu schätzen.

Quelle: Autoplenum, 2013-06-30

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