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Testbericht

Stefan Grundhoff, 5. April 2016
Längst hat sich der Tiguan zum Golf der SUV-Szene entwickelt. Die Konkurrenz erschaudert vor dem deutlich gefälliger gewordenen Crossover und potenzielle Kunden reiben sich die Hände.

Die zweite Generation des ehemals kompakten Crossovers hat sich in Sachen Design, Ausstattung und Dimensionen beinahe über Nacht zu einem ernsthaften Mittelklassemodell entwickelt, das sogar Audi Q5, BMW X3 und Mercedes GLC gefährlich nahekommt. Weshalb die Wolfsburger den Tiguan nicht zuletzt Dank des modularen Querbaukastens in neue Höhen erhoben haben, ist keine große Überraschung. Bald wächst ein kleiner VW-Crossover mit Golf-Genen von unten nach - da heißt es Platz schaffen. Zudem bleibt auch der Tiguan selbst kein Einzeltäter. Von ihn werden insbesondere für die internationalen Märkte eine Version mit langem Radstand für sieben Personen und eine emotionalere Coupévariante folgen.

Doch bereits das 4,49 Meter lange Standardmodell überzeugt nicht nur mit gefälligem Design und einem umfangreichen Paket an Fahrerassistenzsystemen. Ebenso wie die äußeren Abmessungen ist auch der Innenraum Dank 7,7 Zentimetern mehr Radstand deutlich größer geworden. Im Fond gibt es drei Zentimeter mehr Knieraum im Vergleich zum mehr als 2,8 Millionen Mal verkauften Vorgängermodell. Der Laderaum wuchs um 50 auf stattliche 520 Liter. Durch das Verschieben der Rückbank lässt sich das Volumen auf 615 Liter erweitern. Wenn das immer noch nicht reicht, werden die Rücksitze komplett umgelegt und es stehen maximal 1.655 Liter bereit. Großeinkauf, Baumarkt oder kleiner Umzug? Alles machbar. Ebenso sinnvoll wie ansehnlich sind das neu gestaltete Armaturenbrett mit animierten Instrumenten, klar gegliederten Bedientastern und einem mittig positionierten Bildschirm für Unterhaltung, Navigation und die Einstellung verschiedenster Fahrzeugfunktionen. Wenn etwas stört, ist es das wie ein Fremdkörper im Armaturenbrett wirkende Head-Up-Display, das seine Informationen auf eine ausfahrbare Scheibe ins Blickfeld des Fahrers projiziert. Schade zudem, dass die Sitzheizung ihre Funktionsstufen nur noch kurzzeitig auf dem großen Display und nicht mehr im Schalter selbst anzeigt. Auf besonderen Wunsch werden jedoch auch Windschutzscheibe und Lenkrad beheizt - der nächste Winter kann kommen.

Das Motorenprogramm des VW Tiguan wird bis zum Spätsommer Stück für Stück nach oben und unten wachsen. Insgesamt reicht das Portfolio an Diesel und Benzinern von 115 bis 240 PS. Mittelfristig dürfte eine noch stärkere R-Version folgen. Angesichts der deutlich größeren Dimensionen, mehr als 1,7 Tonnen Leergewicht und des mehr als sinnvollen Allradantriebs sollten Interessenten keinen Gedanken daran verschwenden, dass das Triebwerk weniger als 150 PS haben sollte. Mit dem 110 kW / 150 PS starken Tiguan 2.0 TDI ist man mit einem 340 Nm maximalem Drehmoment und einem Normverbrauch von 5,6 Litern Diesel standesgemäß motorisiert. Ab 1.750 U/min geht es aus niedrigen Drehzahlen mit einem leichten Turboloch kraftvoll und gut gedämmt nach vorn. Den Spurt 0 auf Tempo 100 schafft der Allradler mit dem gut abgestimmten Doppelkupplungsgetriebe in 9,3 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Wer öfter auf der Autobahn oder im Hängerbetrieb unterwegs ist, sollte jedoch über die stärkere Dieselversion mit 190 PS nachdenken, die mehr Druck nach vorn offeriert. Später im Jahr wird zudem noch eine 2.0-TDI-Topmodell mit 240 PS nachgelegt, das bereits dem VW Passat Selbstzünder-Flügel verleiht.

Wie häufig die kommenden Tiguan-Kunden zwischen den einzelnen Fahr- und Allradprogrammen hin- und herschalten, bleibt abzuwarten. Doch sie haben über den Drehschalter am Mitteltunnel verschiedene Möglichkeiten, ihren Lieblingscrossover auf den entsprechenden Untergrund und das Fahrprofil abzustimmen. "Besonders fahrdynamisch hat der Tiguan deutlich gewonnen", sagt Dr. Jens Andersen, Leiter der technischen Entwicklung, "wir haben nicht nur auf unseren modularen Querbaukasten umgestellt, sondern auch unsere neueste 4motion-Kupplung verbaut." Je nachdem, ob Schnee, unbefestigter Boden oder man wider Erwarten doch einmal auf den Feldweg abbiegt, zeigt sich der Tiguan gerüstet, wenngleich die einzelnen Fahrprogramme selbst allzu nah beieinanderliegen. Die Lenkung ist dabei ebenso leichtgängig wie präzise; die Fahrwerksabstimmung allemal stramm. "Eine feste Verteilung der Antriebskräfte gibt es bei uns nicht", erläutert Dr. Jens Andersen, "die Kraft wird variabel zwischen den Achsen und den einzelnen Rädern verteilt. Durch die Haldex-Kupplung der fünften Generation entsteht gar kein Schlupf mehr, sondern wie steuern mit dem Kraftfluss vor." Das spürt der Tiguan-Fahrer insbesondere auf rutschigem Untergrund.

Basispreis für den VW Tiguan 2.0 TDI in der sinnvollen Kombination aus mittlerer Ausstattungsvariante, Allradantrieb und siebenstufigem Doppelkupplungsgetriebe sind 35.950 Euro. Zumindest Drei-Zonen-Klimaautomatik (515 Euro), elektrische Heckklappe (395 Euro), beheizte Sitze (450 Euro), LED-Scheinwerfer (ab 995 Euro) und ein Navigationsgerät (555 bis 2.310 Euro) sollte man sich gönnen. Zum einen für ein Mindestmaß an Komfort und Innovationen; zum anderen, um den Wagen beizeiten auch wieder gebraucht gut verkauft zu bekommen. Die zahlreichen Fahrerassistenzsysteme lässt sich Volkswagen ebenso wie die Konkurrenz im großen Paket mit 2.495 Euro teuer bezahlen. Praktisch nicht nur beim Einparken: die Kamera-Augen rundum.
Technische Daten
Antrieb:Allrad
Getriebe:Siebengang-Doppelkupplung
Motor Bauart:Vierzylinder Diesel
Hubraum:1968
Drehmoment:340 Nm bei 1750 UPM
Preis
Neupreis: 30025 € (Stand: 2016-04-05)
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-04-05

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