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Testbericht

Jürgen Wolff, 15. Juli 2014
Die Modellpalette ist voller Erfolgsgeschichten. Der Scirocco gehört bisher nicht dazu. Ob die Modellpflege den Verkaufszahlen Beine machen kann?

Nicht jeder Renner ist ein Renner - selbst, wenn er irgendwie schon irgendwo was von einer Legende hat. Der VW Scirocco ist so ein Auto. Während andere Modellreihen über die Jahre dem Rostfraß genauso wie dem Vergessen anheim gefallen sind, reichte den Wolfsburgern 2008 der immer noch gute Klang des alten Namens, um den heißen Wüstenwind nach 16 Jahren Pause aus der kollektiven Erinnerung wieder als reales Modell auf die Straße zu wehen. So richtig zum Erfolg wurde der neu aufgelegte Volkssportler allerdings nicht: Gerade mal 3440 Zulassungen verzeichnet die Statistik hierzulande für das Jahr 2013. Dass Volkswagen dennoch nicht zum zweiten Mal die Lust am Scirocco verlor, ist ausgerechnet den sonst eher auf Nobelkutschen versessenen Chinesen zu verdanken: Die meisten Scirocco werden in der Volksrepublik verkauft. Genug jedenfalls, um dem Scirocco jetzt ein eher behutsames Facelift zu spendieren.

Rein optisch hat sich dabei nicht so sehr viel getan. Mehr Breite suggerierende Stoßfänger vorne und hinten, leicht modifizierte Scheinwerfer, Tagfahrlicht und Nebelleuchten, ein neues Lichtdesign auch für die Heckleuchten - das war's schon weitgehend. Dass sich die Heckklappe nun wie beim Golf durch das aufklappbare VW-Logo öffnen lässt, das merkt man erst, wenn man Hand anlegt. Der Kofferraum ist mit 312 Litern ebenso wenig gewachsen wie die grundlegenden Dimensionen von 4.256 mm Länge, 1.810 mm Breite und 1.406 mm Höhe. Innen reicht das wie gehabt für zwei - plus Nachwuchs auf der eher engen Rückbank.

Neu gestalten wurde - zumindest zum Teil - das Cockpit, das über der Mittelkonsole von drei Zusatzinstrumenten getoppt wird: Ölthermometer, Ladedruckanzeige, Stoppuhr - alles, was der Sportfahrer von Welt nun mal so braucht, um im Bild zu sein. Die Kombiinstrumente über dem Lenkrad sind nun in Tuben-Optik gestaltet und wirken deutlich sportlicher. Das Lenkrad mit drei Speichen stammt aus dem Golf GTI, ist unten abgeflacht und liegt gut in der Hand. Der kurze manuelle Gangwahlhebel flutscht knackig durch die Kulisse. Schon die serienmäßigen Sportsitze bieten guten Seitenhalt und sind gut einzustellen. Noch besser passen die optionalen Sportledersitze oder im R-Modell die Sportschalensitze. Schade ist, dass man in Sachen Infotainment deutlich hinter dem sonst bei VW möglichen zurück bleibt. Und auch das Display des ebenfalls betagten Navi ist nicht gerade an der Spitze des Fortschritts. Assistenzsysteme? Ebenfalls weitgehend Fehlanzeige, gerade mal Totwinkel- und Parklenkassistent finden sich in der Aufpreisliste.

Vier Benziner (mit 125, 180, 220 und 280 PS) sowie zwei Diesel (150 und 184 PS) bietet VW für den Scirocco zur Wahl - alle sparsamer als ihre Vorgänger, alle erfüllen Euro 6. Am besten zu ihm passt, was mit 36.175 Euro auch am teuersten ist: Der 4-Zylinder mit 206 kW/280 PS und einem maximalen Drehmoment von 350 Nm, der aus dem Scirocco den Scirocco R macht. Er ist, wie die anderen Motoren auch, nicht nur sparsamer geworden, sondern auch stärker: Früher waren es 15 PS weniger, die an der Vorderachse zerrten. Doch auch mit grollenden 280 PS kommt der Scirocco problemlos klar: Selbst bei Vollgas drehen die Räder nicht durch, sind kaum Zerrkräfte im Lenkrad spürbar. Ohne Probleme lässt sich der R in 5,5 Sekunden von 0 auf Tempo 100 treiben - das ist Boxster-Niveau. Anders als der Porsche wird der Scirocco allerdings bei 250 km/h eingebremst.

Beim Fahren ist der Scirocco R gutmütiger, als er aussieht. Er bleibt auch auf kurvigen Strecken sicher in der Spur, hat eine feinfühlige und präzise Lenkung und bissige Bremsen. Anders als etwa beim Golf GTI Performance wird zwar keine mechanische Differenzialsperre angeboten, aber immerhin die elektronische Version XDS - beim R ist sie serienmäßig, ansonsten optional. Das Fahrwerk, auf Wunsch mit adaptivem Dämpfersystem, ist sportlich, aber komfortabel genug, um auch längere Strecken im Scirocco problemlos zu überstehen.

VW verspricht, den Scirocco um bis zu 19% sparsamer gemacht zu haben - doch als absolute Zahl sieht es dann nicht mehr so günstig aus. Der Golf GTI Performance etwa muss mit 50 PS weniger auskommen - gibt sich dafür aber zumindest offiziell mit 6,0 Litern Super auf 100 Kilometern zufrieden. Der Scirocco R schluckt mit Handschaltung schon nach DIN ganze zwei Liter mehr. Und wer ihn so fährt, wie er Spaß macht, der darf sich real getrost auf zweistellige Verbräuche einstellen.

Auch sonst ist der VW Scirocco nicht gerade ein Schnäppchen. 23.900 Euro sind mindestens fällig - für den mit 125 PS eher schwach motorisierten 1.4 TSI. Der Scirocco R mit dem Zwei-Liter-Triebwerk dagegen kostet gleich mal von 36.175 Euro an aufwärts.
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2014-07-15

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