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Testbericht

17. September 2010
Hamburg, 17. September 2010 - Manch einer hält ihn für einen Lkw, dabei ist er nicht größer als ein VW California: der Mercedes Viano Marco Polo. Das Wohnmobil wurde jetzt frisch überarbeitet. Wir sind den Wagen mit modernisiertem 3,0-Liter-Diesel gefahren.

Leuchtende Veränderungen Der Viano guckt jetzt mit neuen Scheinwerfern auf die Straße, gegen 1.113 Euro Aufpreis gibt es auch Xenonlicht. Das serienmäßige LED-Tagfahrlicht ist für die Sicherheit gut. Der vordere Stoßfänger bekommt nun im unteren Bereich eine Gitteroptik und die Heckleuchten tragen eine schwarze Blende in Glasoptik. Ansonsten ist der Viano Marco Polo ein recht schnittiger Wagen - zumindest wenn man bedenkt, dass er auf einem Nutzfahrzeug basiert. Ist das Hubdach ausgefahren, wirkt der Van richtig gigantisch.

Gute Stube Gedacht ist der Marco Polo für vier Übernachtungsgäste, wer clever ist, macht größere Touren nur zu zweit, sonst hockt man sich zu sehr auf der Pelle. Das Ausfahren des Dachs geht komfortabel per Knopfdruck, in den dann frei werdenden Schlafraum kommt man am besten, indem man die Vordersitze als Treppe benutzt. Das Bett im ersten Stock liegt sich ganz bequem und serienmäßig helfen zwei Schwanenhals-Lampen beim nächtlichen Lesen. Im Parterre lässt sich die Rückbank mit ein paar Handgriffen zum Bett umklappen, auch hier stimmt das Liegegefühl. Einer lauschigen Wohnatmosphäre zuliebe lassen sich auch Fahrer- und Beifahrersitz nach hinten umdrehen. Wenn dann noch der Tisch mit dem recht schwer ausziehbaren Bein steht, kann wieder mal gemeinsam Abendbrot gegessen werden.

Teures Gestühl Die Sitze von Fahrer und Beifahrer werden in der rauen Welt der Nutzfahrzeuge separat behandelt. Wer die Lederausstattung für 2.479 Euro ordert, der muss auch zwei Sitzheizungen dazu nehmen: Eine für den Fahrer und eine für den Beifahrer, macht nochmal 212 Euro pro Platz. Ansonsten ist das vordere Gestühl durchaus langstreckentauglich, die Abwesenheit von sportlichem Seitenhalt sollte selbstverständlich sein. Leicht irritiert hat uns, dass die Vordersitze ein bisschen wackelig wirkten, wenn wir die Rücklehnen nach hinten drückten. Auf den Fahrkomfort hat dies allerdings keinerlei Auswirkungen. Was wir uns wünschen würden: Die Heckklappe könnte ruhig noch etwas höher aufschwingen, damit auch groß gewachsene Menschen sich nicht unter ihr durchbücken müssen.

Ruhige Reise Das Fahrwerk des Viano haben die Ingenieure grundlegend überarbeitet. Tragfeder, Federteller, Stützlager, Querlenker und Stabilisator: Alles ist neu. Vor allen Dingen wegen der neuen Lager konnte die Karosserie vom Fahrwerk hinsichtlich der Übertragung von Vibrationen weiter entkoppelt werden, was einer niedrigen Geräuschkulisse zugute kommt. Ansonsten gibt sich selbst die optionale Luftfederung (1.959 Euro) immernoch recht hart. Das heißt zum einen: vor großen Schlaglöchern und unübersehbaren Bodenwellen ein bisschen Abbremsen. Zum anderen lassen sich aber Kurven überraschend sportlich nehmen, die Agilität des hohen Wagens ist selbst bei hohen Geschwindigkeiten bemerkenswert. Dabei nehmen die Bremsen den Wohnlaster souverän in die Zange, verzögern vorbildlich.

Effiziente Kraft Unser Marco Polo wird von einem Sechszylinder-Turbodiesel mit 3,0 Liter Hubraum angetrieben. In seiner neuesten Auflage bringt das Aggregat nun 224 PS an den Start, der Vorgänger musste noch mit 20 PS weniger auskommen. Das Drehmoment bleibt bei 440 Newtonmeter, es liegt zwischen 1.800 und 2.400 U/min an. Die Leistungssteigerung geht erfreulicherweise mit einer Verbrauchssenkung daher: 8,5 statt 9,2 Liter wandern jetzt pro 100 Kilometer durch den Tank.

Sanft und sauber Beim Tritt aufs Gas dreht das Dieseltriebwerk freudig hoch, bringt den Reisewagen schnell auf Touren. Die jetzt mit 1.800 bar in die Zylinderräume eingepressten Kraftstoff-Tröpfchen verbrennen ganz sanft - zumindest hat der Fahrer diesen Eindruck. Äußerst kultiviert brummt der Motor ganz leise vor sich hin, die in ihm wütenden Explosionen bleiben uns fern. In 9,1 Sekunden spurtet der Marco Polo auf Tempo 100, erst bei 201 km/h ist Schluss. Serienmäßig ist der Sechszylinder an eine Fünfgang-Automatik gekoppelt, die schon auf Grund des immensen Drehmoments keine Probleme hat. Sehr sanft schaltet sie durch die Stufen, in jeder Situation steht mehr als genug Kraft bereit - auch aus dem Sand vom Elbestrand wühlen wir uns problemlos wieder frei. Was es bei der Automatik noch nicht gibt, ist ein Start-Stopp-System.

Nicht ganz billig Der Grundpreis unseres Viano Marco Polo 3.0 CDI liegt bei 55.347 Euro. Mit ein paar Extras sind wir schnell bei 75.000 Euro - unbedingt günstig ist so ein kleines Wohnmobil also nicht. Aber VW langt beim Konkurrenzmodell California mindestens genauso zu: Ein T5 California 2.0 BiTDI Comfortline mit Aufstelldach, 180 PS und Siegengang-Doppelkupplungsgetriebe wird beim Einstiegspreis mit 59.191 Euro berechnet.
Technische Daten
Antrieb:Hinterradantrieb
Anzahl Gänge:5
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:V-Turbodiesel
Hubraum:2.987
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:165 kW (224 PS) bei UPM
Drehmoment:440 Nm bei 1.800-2.400 UPM
Preis
Neupreis: 55.347 € (Stand: September 2010)
Fazit
Der Mercedes Viano Marco Polo ist ein komfortables Wohnmobil für zwei bis vier Personen. In der Kabine lässt sich bequem kochen, waschen und schlafen. Die Sitzvariabilität schafft bei Bedarf einen gemütlichen Raum.

Das neue Fahrwerk verhilft dem großen Wagen zu dynamischen Höhenflügen, gibt sich aber bei schlechter Piste recht hart. Der Sechszylinder-Diesel wiederum ist äußerst kraftvoll und sorgt im Zusammenspiel mit der Fünfgang-Automatik für zügiges und trotzdem leises Vorankommen.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2010-09-17

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