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Testbericht

Stefan Grundhoff, 4. März 2008
Der Augenschmeichler für das Luxuswochenende in Davos oder Sankt Moritz kommt nicht mehr von Bentley. Und den Offroader kann man auch stehen lassen: Mercedes verpasst seinem Luxuscoupé CL Allradantrieb.

Die schönste Form automobilen Lebens findet gerade in den höheren Klassen zu alter Form zurück: Nur ein Coupé hat die Eleganz einer Luxuslimousine und die Dynamik eines Sportwagens. Einst waren es Monteverdis, Maseratis und Lamborghinis, die die Schönen und Reichen stilecht ans Ziel gebracht haben. Wenn dieser Ort etwas abgelegener sein sollte, dürfte künftig auch der neue Mercedes CL 500 4matic für die Kundschaft in Grünwald, Malibu, Cortina und Davos eine Versuchung sein. "Mit dem neuen 4matic-Coupé der CL-Klasse kann man seine Skihütte auch einmal ohne den Geländewagen erreichen", sagt Stefan Hache, Leiter der Entwicklung Gesamtfahrzeug für Mercedes S- und CL-Klasse. "Gerade in den USA, der Schweiz und der gesamten Alpenregion hat dieses Fahrzeug für uns eine große Bedeutung."

Allradantrieb liegt voll im Trend – nicht nur bei SUV und Geländewagen. Die Limousinen haben es vorgemacht - jetzt ziehen die Luxuscoupés nach. Der Aufwand, einen Mercedes CL 500 zum CL 500 4matic zu machen, war dabei größer als gedacht: "Zwar arbeiten wir hier mit dem Allradsystem der aktuellen Mercedes S-Klasse. Aber das einfach nur ins Coupé packen und fertig – so einfach ist das nicht", unterstreicht Stefan Hache. Die Tests zur Abstimmung der einzelnen Fahrwerkskomponenten sich aufwendig und dauerten für den CL 500 4matic mehr als zwei Jahre. Bevor der Wagen im Sommer auf dem Markt kommt, gab es bis vor kurzem die letzten Abstimmungen am Polarkreis. Der Kunde, der sich in der 120.000-Euro-Liga ein Luxuscoupé kauft, hat nun mal die höchsten Ansprüche.

Auf den winterlichen Straßen zwischen Arvidsjaur und Arjeplog werden die Vorteile der 4matic in einem mehr als zwei Tonnen schweren Coupé schnell offensichtlich: "Wir setzen auch bei der 4matic in unserem CL 500 auf eine feste Kraftverteilung von 45:55 Prozent zugunsten der Hinterachse", sagt Hache, als er das dunkle Luxuscoupé auf eine verschneite Straße Richtung Norden abbiegen lässt. "Das Fahrverhalten ist auch bei rutschigem Untergrund wie hier jederzeit leicht beherrschbar." Anders als andere Hersteller wie BMW, Audi, Volvo oder Volkswagen setzen die Sindelfinger Entwickler auf ein mechanisches 4x4-System, das Hand in Hand mit den verschiedenen Regelsystemen wie ABS, Schlupfregelung und Getriebe arbeitet. Rutscht ein Rad durch oder droht der Wagen auf Eis, Schnee oder lockerem Untergrund auszubrechen, wird das Rad in Sekundenbruchteilen abgebremst. Die Kraftverteilung ändert sich dabei nicht.

"Damit es bei rutschigem Untergrund vom Start weg zum gewünschten Vortrieb kommt, haben beide Achsen bis zu einem Drehmoment von 50 Nm einen starren Durchsatz", erklärt Dr. Andreas Faulhaber, bei Mercedes zuständig für die Regelsysteme der großen Baureihen. Das hilft besonders beim Anfahren am Berg. Der Allradantrieb 4matic wurde an das um 20 Zentimeter verlängerte Gehäuse der Siebengang-Automatik gekoppelt. Der Getriebesatz selbst wurde nicht verändert. Vom Ende des Getriebegehäuses geht die Kardanwelle in einem Sieben-Grad-Winkel an die rechte Seite der Vorderachse.

"Unser Allradsystem hat ein Mehrgewicht von gerade mal 50 Kilogramm gegenüber dem Hecktriebler", berichtet Stefan Hache auf einer seiner letzten Abnahmefahrten nicht ohne Stolz. "Zudem ist der Verbrauch genauso hoch wie beim normalen CL 500 – durchschnittlich 12,1 Liter auf 100 Kilometer. Das bietet kein anderer." Es gibt sicher größere Spritsparer in der Autowelt - doch knapp 2,1 Tonnen Leergewicht wollen nun mal bewegt werden. Dass es dem CL 500 4matic nicht an Leistung mangelt, dafür sorgt der bekannte 5,5 Liter-V8 mit 285 kW/388 PS und unspektakulär kraftvollen 530 Nm ab 2.800 U/min. Das Sprintpotenzial von 0 auf 100 km/h in 5,4 Sekunden dürften weit weniger Kunden ausreizen als die auf 250 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit. Der seidenweiche Langhuber hat Kraft in allen Lebenslagen und bringt sie Dank 4x4 auch im Grenzbereich mit einer geradezu dekadenten Lässigkeit auf die Straße. Kein Regelsystem zuckt, die Bremseingriffe an den einzelnen Antriebsrädern sind feinfühlig abgestimmt. Chefentwickler Stefan Hache am Steuer des Entwicklungsmodells sagt zwar nichts - doch sein zufriedener Gesichtsausdruck spricht Bände.

Wer sich für einen Mercedes CL 500 entscheidet, der kann es auch gleich für die 4matic-Version tun. In einigen Ländern muss er das auch – weil Mercedes den CL 500 mit Heckantrieb zeitgleich entfallen lässt: zum Beispiel in Nordamerika, Italien und Nordeuropa. Der Basispreis des CL 500 4matic liegt bei stattlichen 117.096 Euro. "Im Aufpreis von 4819 Euro zum heckgetriebenen CL 500 sind neben dem Allradantrieb Skisack, Leder Passion, Multikontursitze und 18-Zoll-LM-Felgen enthalten", sagt Mercedes-Baureihensprecher Michael Allner. Die europäische Markteinführung des neuen Allradlers wird im Juni sein. Der Hauptmarkt USA folgt im August. Die Konkurrenz ist rar gesät: 4x4 bietet unter den Schönsten der Schönen derzeit nur der Bentley Continental.

Quelle: Autoplenum, 2008-03-04

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