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Testbericht

22. September 2015
Haar, 22. September 2015 - Ich muss zugeben, der erste Tag mit dem Ram ist eine ziemliche Zumutung. Auch in der "kurzen" Variante mit Regular Cab und nur zwei Türen ist dieses Auto einfach so fürchterlich groß. Man muss sich das mal vorstellen: Das Kleinste, was Ram Trucks zu bieten hat, ist 5,31 Meter lang (das würde irgendwie noch gehen) und geschlagene 2,02 Meter breit. Ohne Außenspiegel, wohl gemerkt. In den unendlichen texanischen Weiten, wo dieses Auto in etwa so häufig vorkommt wie bei uns ein VW Golf, mag das alles keine Rolle spielen. Die hiesigen Spurbreiten scheinen mit dem amerikanischen Full-Size-Pick-up jedoch völlig überfordert zu sein. Wenn Sie es also geschafft haben, bei ihren ersten Schritten mit dem Ram nicht mindestens drei Smart zu überfahren oder ihre heimische Tiefgarage in Schutt und Asche zu legen, sind Sie höchstwahrscheinlich ein fabelhafter räumlicher Denker. Andere Dimensionen Oder es stört Sie einfach nicht, dass Sie grundsätzlich eineinhalb Spuren und zu viele Parkplätze brauchen. Und, dass ein Audi Q7 neben Ihnen aussieht wie ein leicht höhergelegter, teutonischer Zwerg. Was wäre nur passiert, wenn Importeur ACE uns den gröstmöglichen Ram 1500 zum Test überlassen hätte? Der ist 6,04 Meter lang. Ich will gar nicht daran denken. Auf der anderen Seite ist es schon reichlich erhebend, wie ein völlig entkoppelter König der Straße gefühlte zwei Meter höher als der Rest der Blechkolonne über den Asphalt zu schweben. Und dabei sehr viele, unglaublich große Dinge zu transportieren. Sollten Sie einen der besagten Smarts lieber aufladen, als überfahren wollen, so wäre das sogar beinahe möglich, denn die Ladefläche ist 1,94 Meter lang und fast 1,70 Meter breit. Zumindest werden Sie sich als Ram-Besitzer nie Gedanken um einen geeigneten Schlafplatz machen müssen. Und zwar egal, ob Sie alleine oder mit der ganzen Familie unterwegs sind. Ziehen können Sie natürlich auch. Bis zu 3,5 Tonnen. Nur die Zuladung fällt mit 497 Kilo überraschend mickrig aus. Jetzt auch mit modernem Diesel Sollten Sie den Kauf dieses Pick-up-Monstrums ernsthaft in Erwägung ziehen, dürfte die Wahl des richtigen Antriebs das berühmte Engelchen-und-Teufelchen-auf-meiner-Schulter-Szenario heraufbeschwören. Den Ram gibt es seit kurzem nämlich mit einem neuen 3,0-Liter-Turbodiesel. Er bringt es auf durchschlagskräftige 244 PS und 569 Newtonmeter, die in 99 Prozent der Fälle mehr als ausreichen sollten. Außerdem ist sein Normverbrauch von 9,5 Liter noch irgendwie verargumentierbar. Aber natürlich wollen Sie, wenn Sie auf riesige, nicht ganz plausible Ami-Schlitten stehen, den wunderbaren 5,7-Liter-Hemi-V8. Ja, er ist komplett unsinnig, aber leider ist er fabelhaft. Gerade in Verbindung mit der neuen, komfortbalen, aber hellwachen Achtgang-Automatik. Selbstverständlich säuft er trotz neuester Verbrauchshemmer, wie genannter Achtgang-Box oder einer Zylinderabschaltung, schamloser als eine Gruppe College-Boys auf dem Oktoberfest (wenn Sie die Berührung des Gaspedals geschickt umgehen, schaffen Sie es unter 16 Liter). Dazu können Sie die 401 PS und 555 Newtonmeter Drehmoment zumindest auf der Autobahn nicht wirklich zur Geltung bringen, weil sehr vernünftige Menschen (oder Greenpeace) dafür gesorgt haben, dass der Ram bei 170 km/h mit voller Wucht in den Begrenzer knallt.
Wundervoller Hemi-V8 Diese eher rationalen Argumente spielen letztlich trotzdem nur eine untergeordnete Rolle, weil der archaische V8 schon beim Start mehr Testosteron verströmt als ein Käfig-Kampf mit Chuck Norris und Steven Seagal. Außerdem werden Sie bei jedem Gasstoß unvermittelt anfangen wollen, zu grunzen. Der Klang des V8-Ram ist wie ein riesiger Bierkrug voller Manneskraft und er beschleunigt deutlich besser, als es für ein Gefährt dieser Größe erlaubt sein sollte. Außerdem kann man den Truck per Knopfdruck von den Fesseln seines Allradantriebs befreien und ihn zum astreinen Hecktriebler mutieren lassen. Reifengrillende Burnouts inklusive. Haarsträubende Drifts sollten in Anbetracht von Leistung, XXL-Radstand und kaum Gewicht auf der Hinterachse ebenfalls eine Domäne dieses Spaß-Transporters sein, allerdings spielt die reichlich restriktive Stabilitätskontrolle auch nach Druck auf den "ESP-Aus-Knopf" nicht so richtig mit. Sehr angenehm, nicht sehr sportlich Was am Ram so schön ist: Hat man genug davon, sich aufzuführen, wie ein pubertierender Idiot, verwandelt er sich vom rauch- und benzinspeienden Irrsinnslaster zu einem mehr als angenehmen Reisekompagnon. Bereits an Tag Zwei sollten Sie das mit den Dimensionen ganz gut im Griff haben (man gewöhnt sich wirklich recht schnell daran) und auch wenn Sie in Autobahnbaustellen eher rechts bei den LKW fahren sollten, ist die Autobahnfahrt an sich wie ein üppiges, massierend-grummelndes Wellnesshotel. Ich muss zugeben, auch mit der neuerdings blattfederlosen Hinterachse stolpert der Ram 1500 zum Teil recht unbeholfen über kurze Stöße (es ist nur schwer vorstellbar, wie gruselig es vorher war) und kleine kurvige Landstraßen sollte man grundsätzlich umfahren, weil hier der Vergleich mit einem 2,4 Tonnen schweren Wackelpudding noch gut gemeint ist. Ansonsten fühlt man sich in diesem Pick-up aber allerbestens aufgehoben. Das Gefühl, einen Ram zu fahren, ist auf positive Weise ein sehr besonderes. Lieber doch den Viertürer Das liegt natürlich auch am Innenraum, der seit dem Modelljahr 2015 nun deutlich wertiger daherkommt. Das heißt: Das Hartplastik wirkt nicht mehr ganz so hart und das serienmäßige UConnect-Infotainmentsystem (Fiat- und Alfa-fahrer sollten sich sofort heimisch fühlen) macht einen wirklich überzeugenden Job. Abgesehen davon gibt es natürlich mehr Platz, als man sich jemals wünschen könnte. Der Ram ist so breit, dass es fast ein Echo gibt, wenn man mit seinem Beifahrer spricht. Außerdem verfügt er über unzählige Ablagen und mehr Cupholder als ein Kinosaal. Der Raum hinter den beiden Sitzen sollte zudem für die meisten Wochenendausflüge locker ausreichen. Und dennoch wirkt es wie eine vertane Chance, wenn man dieses Auto als Zweitürer nimmt. Bei diesen Ausmaßen sollten 50 Zentimeter mehr Länge für den Viertürer nun wirklich keine Rolle spielen und die Möglichkeiten erhöhren sich dadurch enorm.
Auch der Preis scheint zu stimmen Letztlich ist der Ram 1500, gerade mit dem 5,7-Liter-V8-Hemi, ein sehr monumentales aber praktisches Gefährt, das an Coolness nur schwer zu übertreffen sein dürfte. Wer sich vor der schieren Größe nicht fürchtet, erhält eine wirklich besondere Alternative zu den üblichen SUVs und Crossovers. Und das im Falle des von uns getesteten Ram 1500 "Sport" mit 401-PS-V8 und absoluter Vollausstattung inklusive elektrischer Sitze, Navigation, Rückfahrkamera et cetera für 52.900 Euro. Wer sich ein deutsches Fullsize-SUV mit Achtzylinder zusammenstellt, dürfte schnell auf den doppelten Preis kommen. Nur zum Vergleich: Ein ähnlich ausgestatteter VW Amarok, allerdings mit einem 180 PS starken 2,0-Liter-TDI, liegt bei etwa 40.000 Euro.
Technische Daten
Antrieb:Allrad
Anzahl Gänge:8
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:V-Motor
Hubraum:5.654
Anzahl Ventile:2
Anzahl Zylinder:8
Leistung:295 kW (401 PS) bei UPM
Drehmoment:555 Nm bei 4.000 UPM
Preis
Neupreis: 52.900 € (Stand: September 2015)
Fazit
Der Ram 1500 mit Hemi-V8 ist ein sehr mächtiges, sehr praktisches, sehr unvernünftiges Auto. Klang und Durchzug des Zweiventil-Achtzylinders sind nach wie vor eine Schau und wenn es auf deutschen Straßen auch mal etwas eng wird, fühlt man bei jeder Fahrt doch irgendwie einen Mix aus Entspannt- und Erhabenheit. Zu diesem Preis, mit dieser Ausstattung und der robusten Qualität ist der Ram definitiv eine Überlegung wert. Wem der V8 zu drustig ist, sollte sich den neuen V6-Diesel ansehen. +charismatischer, herzhafter Antrieb; sehr viel Platz; hohe Praktikabilität; viel Ausstattung; hohe Cruiser-Qualitäten; guter Preis - horrende Ausmaße; gigantischer Verbrauch
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2015-09-22

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