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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 5. Juni 2014
Der Audi S8 ist eigentlich eine Chauffeurs-Limousine, mit der Geschäftsmänner zu ihren Terminen eilen. Der Allgäuer Haustuner Abt macht dem schnellen Ingolstädter Flaggschiff jetzt mächtig Beine.

Die Passstraße zum Oberjoch schimmert dunkelgrau. Während der letzten Stunden hat es geregnet. Ein leichter Wasserfilm liegt über dem Asphalt. Die Streckenführung macht es nicht einfacher: Eine Kurve reiht sich an die nächste. Nicht das perfekte Terrain für eine zwei Tonnen schwere Limousine mit 640 PS, die eigentlich für den schnellen Spurt auf einer Autobahn konzipiert ist. Der ABT Audi S8 kämpft sich die Kehren hoch. Immer wieder krallen sich die 21-Zoll-275er-Walzen in den rutschigen Bodenbelag. Der Quattro-Antrieb vermittelt unter vollem Einsatz der ausgetüftelten Regelsoftware zwischen dem niedrigen Haftungsgrad des wassergetränkten Asphalts, den Grip des Gummis und der Richtung die der Lenkradeinschlag vorgibt.

Das gelingt eine ganze Zeit lang prächtig. Der Zwei-Tonnen-Kreuzer pfeffert lustvoll um die Ecke und lässt dabei einige vermeintlich wendigere Verkehrsteilnehmer stehen. Deren Lenker schauen der dunklen Limousine nicht selten mit offenen Mündern hinterher. Doch auch die Physik hat ihre Grenzen, die auch Ingenieurskunst nicht aushebeln kann. Deswegen kommt die Trägheit des großen Audis über die Lenkung in den Handgelenken des Fahrers an.

Die Allgäuer Tuning-Experten machen aus dem ohnehin alles andere als schmalbrüstigen 520-PS-Flaggschiff ein luxuriöses Schnellboot. Die Leistungssteigerung um 120 PS gegenüber dem Serien-S8 erreichen die Ingenieure mit einer Veränderung der Motorsteuerung. Die Black-Box schöpft die PS-Reserven des Vier-Liter-Aggregates noch etwas mehr aus. Allerdings steht diese Kraft nicht gleich nach dem Start zur Verfügung, sondern erst dann, wenn das Triebwerk warmgefahren ist. Das gilt vor allem für das Öl. Wer jedoch einen großmäuligen akustisch brachialen Krawallbruder erwartet, wird bei der Allgäuer Variante des Ingolstädter Gleiters enttäuscht. Der V8 grummelt zwar präsent, aber seine PS-Potenz dringt nicht penetrant in den Innenraum. Der ist übrigens unverändert. Auch die wenig ansehnliche Aussparung für das Audi-Head-Up-Display ist vorhanden. Genauso, wie die sehr solide Verarbeitung der Applikationen und das feine Leder.

Der Überfluss an Kraft wird dem Fahrer sehr schnell bewusst, wenn er es mit dem Gaspedal mal etwas übertreibt. Dann geht der A8 mit dem Heck in die Knie und nur dem Allradantrieb ist es zu verdanken, dass die brachiale Kraft des maximalen Drehmoments von 780 Newtonmetern ohne Gummi-Rauchentwicklung in Vortrieb umgesetzt wird. Lässt man die ganze Kraft von der Leine, wird aus dem zurückhaltenden Manager-Fahrzeug ein dynamischer Asphaltfresser. Dessen Revier die linke Spur der Autobahn und weit geschwungene Landstraßen sind. Dieses Sprint-Vermögen zeigt sich bei jedem geraden Zwischenstück. In nur 3,7 Sekunden schafft der Über-Audi-S8 von null auf 100 km/h. Wer knapp 2.000 Euro auf den Tisch des Kemptener Hauses legt, befreit den Audi von den Fesseln der freiwilligen Geschwindigkeitsbegrenzung und lässt die Tachonadel erst bei 280 km/h verharren.

Wenn nötig, flitzt der ABT-Audi A8 2,5 Zentimeter tiefer über den Asphalt. Das Fahrwerk mit Luftfederung ist im Grunde unverändert. Straff aber immer noch kommod lautet die Devise. Deswegen fallen dem Generaldirektor nicht die Schriftstücke aus der Hand, wenn der Kemptener Kraftprotz über unebenen Asphalt flitzt. Mit einer reinen Kraftkur ist das ABT-Portfolio noch lange nicht ausgereizt. Auch die Optik unterscheidet sich von dem Serien-S8. Die Leichtmetallräder haben einem dunklen Metallton, dem die Allgäuer den martialischen Namen "Gun Metal" gegeben haben. Den passenden Abschluss bildet das Heck mit den vier Auspuffrohren, die dem Folgenden unmissverständlich demonstrieren, wer ihn soeben verblasen hat. Das Aufpeppen hat seinen Preis. Zu dem Grundpreis des Audi S8 von 114.700 Euro kommen noch die Tuningteile hinzu. Langt man bei allen optischen und technischen Optionen hin, sind 19.500 Euro zusätzlich fällig - reine Vergnügungssteuer.

Quelle: Autoplenum, 2014-06-05

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