Erfahrungsbericht VW Golf 1.6 (75 PS) von Anonymous, März 2018
Ich fahre seit vielen Jahren einen original erhaltenen und unverbastelten Golf III GL, Erstzulassung 2 / 93, mit 1.6l-Maschine (55kW / 75 PS). Das Fahrzeug ist ein 4-Türer und hat inzwischen rund 200.000 km absolvier.
Ich habe selten ein besseres Fahrzeug gehabt. Der Wagen erfüllt alle automobilen Bedürfnisse, ist absolut zuverlässig, hat noch nie Zicken gemacht, mich nicht einmal im Stich gelassen und zeigt ein narrensicheres Fahrverhalten.
Außerplanmäßige Reparaturen gab es bislang abgesehen von ganz normalen Wartungen und der üblichen Verschleißteile überhaupt nicht, der Golf hat gerade erst wieder 2 Jahre frischen TÜV ohne Mängel bekommen (bis Februar 2020).
Die Innenausstattung sieht selbst nach der doch recht hohen Laufleistung noch aus wie neu. Die Sitze sind nicht durchgesessen, die Velourspolster makellos, unbeschädigt und fleckenfrei. Natürlich auch immer eine Frage des Umgangs und der Pflege. Aber auch die Verarbeitung insgesamt ist solide und ordentlich, da klappert auch nach 25 Jahren nix.
Der 1,6er-Motor läuft ruhig, sauber und zuverlässig, die Schaltung arbeiten präzise und die Kupplung ist immer noch die erste. Die Bremsen benötigen etwas mehr Pedaldruck, aber das ist normal bei der Baureihe, zumal hinten ja noch die alten Golf II-Trommelbremsen verbaut sind, die sowieso immer etwas unterdimensioniert warten. Man gewöhnt sich aber dran und unsicher ist das Fahrzeug deswegen trotzdem nicht.
Überhaupt ist das Fahren einfach etwas ursprünglicher als in der heutigen Kisten, die einen fast geräuschlos einlullen und mit nervtötenden Assistenzsystemen bombardieren. Ich bin sowieso der Meinung, dass das lediglich eine trügerische Sicherheit vermittelt und man viel besser lernt, ein Fahrzeug sicher unter jedeweden Bedingungen zu beherrschen, wenn man diesen ganzen elektronischen Firlefanz nicht an Bord hat.
Geht sowieso nur alles irgendwann kaputt und verursacht absurd teure Reparaturen. Genau wie die heutigen hochgezüchteten Motörchen, die auch nix mehr aushalten...
Von all dem ist mein Golf gottseidank befreit - ein Grund mehr für mich, ihn weiterzufahren. Nein, der Golf III ist noch ein Fahrzeug, das man unter dem Hintern spürt, ein Fahrzeug das sich mitteilt und welches den Fahrer nie über den jeweiligen Aggregatszustand im Unklaren läßt. Im Prinzip ein 80er Jahre-Auto, denn unterm Bleck steckt wie schon angedeutet noch ganz viel solide-bewährte Golf II-Technik und der Golf III wurde bereits ab 1985 entwickelt, kam 1991 dann auf den Markt. Also definitiv noch mehr 80er- als 90er-Jahre-Fahrzeug.
Das spürt man und das ist auch gut so. Ja, der Motor wird bei höheren Tempi etwas lauter. Aber muß ich auf den überfüllten heutigen Autobahnen schneller als 130, 140 fahren ? Nö, muß ich nicht. Und ich komme viel entspannter als Ziel, wenn ich mich der aggressiven Hackordnung, die auf der linken Spur vorherrscht, entziehe.
Der Wagen ist zweckmäßig ausgestattet: Höhenverstellbarer Fahrersitz, 5-Gang, Servo, Zentralverriegelung, Colorglas, Velourspolster, elektr. Außenspiegel beheizbar, heizbare Heckscheibe, el.Glas-Schiebedach, höhenverstellbare Gurte vorne und hinten, umklappbare Rücksitzbank (und bei umgelegten Sitzen wird der ein richtiges kleines Transportwunder !). Das Fahrwerk teilt sich mit, ist aber ausreichend komfortabel, auch auf längeren Strecken.
Kein ABS, keine Airbags, kein elektronischer Schnickschnack, keine Piepstöne, keine nervige Assistenzsystem-Bevormundung. Der Motor mit seinen 1,6l-Hubraum ist robust und langlebig, ein braver Sauger, der recht drehfreudig ist und gut durchzieht, bislang keinen nennenswerten Ölverbrauch aufweist und bei flüssiger, normal zügiger und vor allem vorausschauender Fahrweise mit geringem Verbrauch erfreut (durchschnittlich 6-6,5 Liter / 100 km, ich hatte ihn auch schon mal auf ca. 5.5l). Selbst im Stadtverkehr, wo er naturgemäß etwas mehr verbraucht, hält es sich in absolut akzeptablem Rahmen.
Natürlich ist auch hier klar: Wenn man den Wagen immer in kaltem Zustand hochprügelt, ungleichmäßig fährt und ständig bis an die Grenze seines Leistungsvermögens tritt, muß man sich nicht wundern, wenn er deutlich mehr nimmt. Aber das gilt für jedes Auto und liegt dann letztlich eher am Fahrer, nicht am Fahrzeug...;-)
Das einzige, was beim Golf III trotz achtsamen Umgangs eigentlich irgendwann immer ein Thema wird, ist der Rost. Aber man wäre natürlich auch naiv anzunehmen, ein 25 Jahre altes Auto würde nirgendwo rosten - egal von welchem Hersteller. Im Auge behalten muß man vor allem die Schweller und den Golf III-Klassiker, die vorderen Kotflügel. Trotz wirklich guter Pflege ist bei mir jetzt in absehbarer Zeit zum Beispiel der vordere rechte fällig. Vielleicht noch nicht dieses Jahr, aber spätetestens nächstes.
Trotz des idiotischen Abwrackwahns gibts ja gottlob noch genügend Teile bei den Verwertern oder auch aus privater Hand und die sind auch sehr wirtschaftlich, da meistens günstig und einfach auszutauschen. Am Golf III kann man im Gegensatz zu den modernen Schüsseln nämlich noch das meiste oder zumindest vieles selber machen, wenn einem nicht gerade ein Ziegelstein auf den Kopf gefallen ist.
Ich würde auch immer dazu raten, entweder eher einen guten gebrauchten Originalkotflügel zu nehmen, sofern der weitgehend rostfrei ist oder direkt bei VW einen neuen zu bestellen, auch wenn der etwas teurer ist - da ist die Paßgenauigkeit in beiden Fällen garantiert und man ärgert sich nicht mit irgendwelchen Billigneuteilen für 40 Euro aus dem Carshop rum, die garantiert NICHT passen werden. Und immer den Kotflügel von innen dick einwachsen, bevor er verbaut wird.
Zusätzlich sollte man einmal im Jahr die Innenkotflügel aus Kunststoff abschrauben, weil dahinter fast immer ein Komposthaufen sitzt. Dort sammelt sich nämlich Dreck und das fördert natürlich den Gammel. Also hübsch dahinter saubermachen, trocknen lassen und die Innenkotflügel wieder einbauen. Aber das sind auch die wesentlichsten Punkte, wenn man die beachtet, hat man wirklich lange Freude an dem Wagen denn sonst bereitet der Golf III wie gesagt kaum Probleme.
Nein, ich bin nach wie vor sehr zufrieden und werde mir auch weiterhin so schnell kein anderes Auto kaufen, da ich bestrebt bin den Golf als Langzeitauto zu erhalten. Und sollte uns doch irgendwann etwas trennen, kommt garantiert wieder ein gut erhaltener alter VW dieser Kategorie und dieser Generation (Golf II oder III, Jetta, Vento, Passat 35i) ins Haus. Frei von Imageproblemen, Softwaremanipulation oder anderen Schummeleien und vor allem eines: Haltbar ! :-)