Nach 13 Jahren und 400.000 Km kann man behaupten, ein Auto zu kennen. Höchste Eisenbahn also, dem VW T4 Multivan Allstar 2.5 ein Denkmal zu setzen.
Zugegeben, Denkmäler setzt man eher posthum. Und in der Tat verhindert nur noch ein ideeller Wert den Export des Bullis nach Afrika. Das liegt jedoch weniger an der Technik. Weder kann man sich über die Zuverlässigkeit des 110 PS starken 5-Zylinder Saugers beklagen, der den Bus mit 11-12 l Normal ausreichend voranbringt und mit Euro-2-Umrüstkat auch steuerlich bezahlbar ist. Noch gibt es Anlass zur Kritik beim Getriebe, das noch nie eine größere Wartung gesehen hat, oder gar der Kupplung, die ebenfalls noch nie gewechselt wurde (Ihr habt richtig gelesen). Auch kann man dem Multivan keinen übermäßigen Verschleiß unterstellen. Lediglich die Auspufftöpfe, ein Kat, die Ölpumpe, die Hinterachsfedern und die Achsmanschetten sowie Teile der Zündelektronik wurden über die Jahre getauscht. Defekte gab's auch beim Schaltgestänge und mehrfach bei der Elektrik und Elektronik sowie diversen Instrumenten und mechanischen Bauteilen (Türen, Schlösser). Geschenkt.
Zweifelsohne auch keine Problemstelle des T4 ist der Innenraum. Zwar ist die Verarbeitungsqualität und Qualitätsanmutung nach heutigen Maßstäben eher gruselig, aber immerhin hält sich der Verschleiß in Grenzen. Das gilt vor allem für die Sitze, die kaum Abnutzungserscheinungen zeigen und in der Ausstattungsvariante Multivan Allstar (ab 1993) sehr guten Seitenhalt bieten. Hinter dem Cockpit eröffnet sich der enorm große und sehr variable Fond. Durch die umklappbare und ausziehbare Rückbank entsteht eine ebene Ladefläche oder ein Bett. Was ja auch seine Vorzüge haben kann. Die Einzelsitze hinten sind ausbaubar, ein integrierter Tisch macht den T4 zum mobilen Wohnzimmer. Der Kofferraum bietet zwei Ladeflächen. Gemessen daran, dass man also quasi ein Einfamilienhaus durch die Gegend fährt, ist die Übersichtlichkeit sehr gut. Dank der kurzen Überhänge, der hohen Sitzposition, großer Außenspiegel und der kubischen Form, lässt sich der T4 im Stadtverkehr hervorragend rangieren und einparken.
Klingt ganz vital könnte man meinen, aber den einen oder anderen Hasenfuß hat die Sache doch. Ihr werdet Euch sicher noch daran erinnern, dass deutsche Hersteller den Ausstattungsumfang ihrer Fahrzeuge Anfang/Mitte der Neunziger eher stiefmütterlich behandelt haben. Und so gibt es auch hier weder ABS noch Airbags. Einzig eine Zentralverriegelung und elektrische Fensterheber vorne, die pro Seite nur einzeln und nicht gleichzeitig bedient werden können, sowie die bitter nötige Servolenkung erleichtern das Fahrerleben.
Was aber jedem T4-Fahrer der ersten Baujahre ziemlich auf den Senkel und ins Portemonnaie geht, ist der Rost. Egal ob oben, unten oder an der Seite. Würde Glas auch rosten, bräuchte man beim Drive-through kein Fenster runter machen. Es wäre vorher weggegammelt. Und damit sind wir wieder bei Afrika und ideellen Werten. Für die letzte HU waren zwei Scheine und eine größere Karosserierevision nötig. Trotz astronomischer Gebrauchtwagenpreise für alte T4 sicherlich eine wirtschaftlich fragwürdige Entscheidung. Zumal es nach wie vor die eine oder andere Baustelle gibt.
Aber wisst Ihr was, der T4 hat seine Qualitäten. Und Afrika kann noch ein wenig warten…