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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 30. November 2016
Der Zulieferer ZF arbeitet an einem System, das Verkehrsunfälle zwischen Automobilen und Fußgängern beziehungsweise Fahrradfahrern signifikant minimieren soll. Alles was nötig ist, ist ein Smartphone, eine App und das Internet.

Die "Head Down Generation" ist ein Gesellschafts-Phänomen der heutigen Zeit. Das sind Menschen, die so vernarrt in ihr Smartphone sind, dass sie mit gesenktem Kopf auf das Display starrend, wie Zombies durch die Straßen und nicht selten in eine Kollision mit einem Verkehrsteilnehmer staksen. Nicht immer geht dieser Feindkontakt für die Fußgänger oder Fahrradfahrer glimpflich aus. Die World Health Organisation (WHO) hat ob der steigenden Zahl dieser Unfälle bereits Alarm geschlagen. Denn diese sogenannten "schwächeren Verkehrsteilnehmer" machen etwa die Hälfte der weltweit rund 1,25 Millionen Unfalltoten pro Jahr aus. Um diese Zahl zu reduzieren, hat der Zulieferer ZF hat eine Lösung in petto, die ohne eine aufwendige Infrastruktur funktioniert.

Das Prinzip von X2Smart klingt einfach, ist aber in der Umsetzung alles andere als trivial. Zwei Smart Devices, zum Beispiel ein Tablet und ein Smartphone, das ein Fußgänger bei sich trägt und eines im Auto, stehen via Internet und die Cloud ständig in Verbindung und warnen sich gegenseitig, wenn ein Zusammenstoß droht. Alles, was man tun muss, ist, sich eine App runterladen, die dann in einem mehrstufigen System, per Vibration, Anzeige oder akustisch vor einem Einschlag warnt. Das geht via Smartphone, Tablet oder auch einer Smartwatch.

Durch den Datenaustausch kann das System auch ohne zusätzliche Hardware um die "Ecke sehen" und meldet ein "fremdes Objekt", noch bevor es der Mensch sehen kann. Doch, was so einfach klingt, ist wie gesagt, schwer umzusetzen. Hinter dem "Radar" steckt ein komplizierter Algorithmus, also im Grunde eine Software, die neben dem GPS-Signal auch andere Sensoren und die GSM-Standort-Berechnung durch den Mobilfunk zur Lokalisierung des Verkehrsteilnehmers nutzt. Momentan beträgt die Genauigkeit drei Meter, mit einem 5G-Netztwerk soll es dann weniger als einen halben Meter sein. Mit einer verbesserten Car2X-Infrastruktur, zum Beispiel sogenannten Roadside Units, die für die Car2Car- und Car2X-Kommuniktion eingesetzt werden, soll sich die Lokalisierung ebenfalls verbessern.

Das komplexe Rechenprogramm berechnet die Bewegungsmuster der Verkehrsteilnehmer und ermittelt so den "Abfangkurs". Die Zeit vom Auslösen bis zur Ankunft der Warnung dauert etwa einen Wimpernschlag lang. "Die Latenzzeit beträgt bei einem 3G-Internet 100 bis 150 Millisekunden", erklärt Dr. Malgorzata Wiklinska, Leiterin der ZF-Denkfabrik, die X2Samrt ersonnen hat. Die Idee zu Assistenzsystem kam übrigens nach einen Unfall, als die begeisterte Rennradfahrerin von der Fahrerin eines modernen Autos übersehen wurde. Der buchstäbliche Beinbruch war die Initialzündung für die Entwicklung. "Ich lag da und habe mich immer wieder gefragt: Warum hat die mich nicht gesehen", erinnert sich die Ingenieurin.

Bei ersten Tests, schlug das System auch ordnungsgemäß an. In einem halben Jahr könnte der Helfer serienreif sein. Der Weg dahin war steinig. "Wir mussten das System acht Monate lang trainieren, dass richtig reagiert und überhaupt weiß, wer sich wie bewegt", erklärt Malgorzata Wiklinska. Schließlich bewegt sich ein Fahrradfahrer anders als ein Fußgänger und ein Benziner anders als ein Dieselfahrzeug oder ein Elektromobil. Die Methodik nutzt Elemente des "Deep Learning" und der künstlichen Intelligenz. Eine zentrale Frage, die sich das System als erstes beantworten musste, war tatsächlich: "wer bin ich, wohin gehe ich."

Die nächsten Schritte erfolgen auch unter dem Einbeziehen der Schwarm-Intelligenz. "Der Algorithmus lernt ständig dazu" sagt Malgorzata Wiklinska. Damit die neue Technologie in der Stadt nicht durch eine Dauer-Warnung nervt, soll das System erkennen, wie viele Leute um es herum unterwegs sind. Die Beanspruchung des Akkus soll durch die neue Smartphone-Generation und verbesserte Prozessoren im erträglichen Bereich bleiben. In Zukunft sind noch weitere Einsatzfelder denkbar: Zum Beispiel könnte das X2Smart-System bei einem vorhergesagten Crash eine Notbremsung vorbereiten und auch durchführen. Neben Autobauern sind auch Hersteller von (mobilen) Navigationsgeräten und -Software an dem neuen System interessiert. Auf die Kardinalsfrage, wie viele Unfälle mit X2Smart momentan vermeiden könnte, schätzt Malgorzata Wiklinska vorsichtig "etwa 50 Prozent". Wenn die Infrastruktur für das autonome Fahren steht, könnte diese Zahl auf 80 Prozent steigen. "100 Prozent werden es nie, da der Faktor Mensch eine Rolle spielt", verdeutlicht die Leiterin der ZF-Denkfabrik.

Quelle: Autoplenum, 2016-11-30

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