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Testbericht

Stefan Grundhoff, 4. Juni 2009
Sie sind schön, schnell, faszinierend - und völlig unterschiedlich: BMW bietet den 6er auch mit sportlich sparsamem Diesel. Maserati dagegen will mit dem Gran Tourismo endlich richtig in der Top-Liga mitmischen.

Schönheit alleine reicht eben nicht. "Bella Machina", "grandiose Schönheit" und "Concerto Mobile" – nur schöne Worte kann man selbst bei Maserati nicht mehr hören. Man will endlich als ernsthafte Alternative zu den Platzhirschen im Top-Segment wahrgenommen werden. Jaguar XK, BMW 6er und Mercedes CL sind die, die es mit dem neuen GranTourismo zu schlagen gilt. Genau das hat sich die Marke mit dem Dreizack vorgenommen. Dass sie es dort ernst meinen, zeigt der 4,90 Meter lange GT, der auf der Plattform der Luxuslimousine Quattroporte entwickelt wurde, eindrucksvoll. In Sachen Fahrdynamik, Komfort und Alltagstauglichkeit gibt es denn vor allem auch einen, mit dem man sich messen will: Abgesehen von seinem nach wie vor polarisierenden Design ist das 6er Coupé von BMW in der GT-Liga nach wie vor das Maß der Dinge. Und als ob er mit zahlreichen Motorvarianten, dem grandiosen Fahrwerk und den zahlreichen Hightech-Komponenten nicht schon gefährlich genug gewesen wäre, bringen die Bayern jetzt sogar einen Diesel auf den Markt. Der 4,82 Meter lange BMW 635d lässt Coupéfans träumen. 286 PS, 580 Nm Drehmoment und 250 km/h Spitze gepaart mit einem Verbrauch von weit unter zehn Litern - da wird die Coupéwahl schnell zur Glaubensfrage.

Wie aber schlägt sich nun der neue Maserati GranTourismo mit seinem lustvoll und sonor grollenden und extrem sportlichen 4,2 Liter V8 gegen den Dieselstürmer aus Bayern? Alternativer können Antriebskonzepte in dieser Klasse ja wohl kaum sein. Erst einmal: Der Maserati ist eine Schönheit. Punkt. Fast jeder dreht sich nach ihm um. Auf der Autobahn fahren Lieferwagen und Familienkombis im Stau Kringel um den Renner, nur um mit der Handy-Kamera verwackelte Fotos von ihm zu schießen. Selbst in der mit Luxuskarossen nun wahrlich verwöhnten bayrischen Hauptstadt gibt es stillen Applaus, wenn der strahlend weiße Gran Tourismo die Leopoldstrasse herunterrollt. Dieser Sound, diese Optik – ein Genuss. Doch die Norditaliener wollen diesmal mehr als nur zum x-ten Mal die Schönheitskonkurrenz gewinnen. Wer ein Luxuscoupé sucht, soll künftig genauso notwendigerweise auch beim Maserati vorbeischauen wie bei Mercedes, BMW oder Porsche. Man will zeigen, dass man mithalten - und vieles sogar besser - kann als die Konkurrenz.

Mehr als jeder andere Maserati-Zweitürer der letzten Jahrzehnte ist der GT ein exzellenter Gleiter. Auf der Autobahn überzeugt der knapp zwei Tonnen schwere Bolide mit einem fast schon dekadenten Dahingleit-Faktor. Abgesehen von dem zu geringen Seitenhalt sitzt man in dem Dreizack sehr gut, hat alles im Blick. Den Rest erledigen das ausgewogene Fahrwerk, die gut abgestufte Sechsgang-Automatik und diese phantastische Lenkung. Das BMW-Volant gehört ebenfalls zu den besten auf dem Markt und ist gerade bei langen Autobahn-Touren eine Spur komfortabler - ohne dass es an Präzision fehlen würde. Die Lenkung des Maserati ist scharf wie ein japanisches Küchenmesser. Man fährt entspannt - auch wenn man bei höheren Geschwindigkeiten immer Herr seiner Sinne sein sollte. Mit diesem Triebwerk ist man schnell weit jenseits der 200er Marke unterwegs. Das Geräuschniveau ist bei den beiden Konkurrenten so angenehm, dass man etwas mehr Klang durchaus vertragen könnte. Der 1,7 Tonnen schwere Sechszylinder-Commonrail-Diesel des BMW ist nicht nur bärenstark sondern auch vorbildlich gekapselt. Bei welchem Tempo auch immer – da dröhnt und nervt rein gar nichts – selbst nicht beim Kaltstart.

Auch der Maserati hält sich überraschend deutlich zurück. Von außen hört man ein williges Grollen - innen geht es leiser zu als erwartet. Die einen werden es scmerzlich vermissen. Die anderen werden den neu gewonnenen Reisekomfort und die Entspannung für die Ohren dagegen zu schätzen wissen. In Sachen Fahrkomfort können alle zwei durch ihre exzellente Gewichtsverteilung von 49:51 (Maserati) und 50:50 (BMW) glänzen. Bei Bedienung und Innenraumgestaltung zeigen beide viel Licht - und einiges an Schatten. Der BMW ist für so ein emotionales Fahrzeug wie ein Coupé viel zu nüchtern. Die Bedienung ist - abgesehen von dem versteckten Lichtschalter und dem wahnwitzig in Fußhöhe platzierten Schalter für die Kofferraum-Entriegelung - problemlos. Mit deutlich mehr Schaltern und mehr Styling versucht es der Maserati. Keine Uralt-Armaturen wie beim Vorgänger GranSport oder Schalter aus preiswerten Fiat-Modellen mehr. Doch auch er kann nicht nur glänzen. Besonders die Bedienung des nicht immer souveränen Navigationssystems bekommt man unter anderem selbst in Billigmodellen von Citroen oder Peugeot besser geboten. Zumindest der edle Zierrat der Ledermanufaktur Poltrona Frau lässt einen so manche Unzulänglichkeit doch schnell vergessen - und den BMW in diesem Punkte hinter sich.

Ob Diesel oder Benziner - das war bisher nur in Kompakt-, Mittel- und Luxusklasse eine ernst gemeinte Frage. Der Coupékunde musste bislang durchweg meist mit reinen Power-Triebwerken vorlieb nehmen. Auch hier macht der Maserati einen überzeugenden Job: 4,2 Liter Hubraum, 405 PS und etwas zurückhaltende 460 Nm zeigen, wie man unterwegs sein kann. Entweder lässig grollend oder bis über 7.000 Touren hoch ausdrehend mit gewaltigem Schub nach vorn. Ein Tatendrang, der dank nicht vorhandener Abriegelung bis hinter die 290-km/h-Marke führt. Die neue Sechsgang-Automatik von ZF ermöglicht einen Spurt 0 auf 100 km/h in 5,2 Sekunden. Das Tanken sollte man bei aller Begeisterung nicht vergessen: Maserati verspricht 14,3 Liter Super auf 100 Kilometern - mit rund 16 Litern sollte man in jedem Fall kalkulieren.

Da zeigt sich dann der große Unterschied zum BMW. Er bietet zwar exzellente Fahrleistungen, ist jedoch keine Rennmaschine, die wild gedreht werden will. Der doppelt aufgeladene Turbodiesel fährt dem Maserati beim Spurt von 0 auf 100 km/h und beim Topspeed hinterher. Dafür aber gibt er sich im Tagesgeschäft mit rund neun Litern Diesel auf 100 Kilometern zufrieden. Dass der Maserati in Sachen Fahrspaß letztlich deutlich vor dem 635d liegt, mag kaum überraschen. Denn auch wenn der sportliche 6er zum filigranen Sparbrötchen mutiert, hat er sich seine große Stärke genommen: Das grandiose Drehvermögen der Reihensechszylinder aus dem Hause BMW fehlt schon rein konstruktionsbedingt.

Dabei ist der BMW 635d nicht nur durch Details wie Nachtsichtgerät, Spurhalteassistent und Abstandstempomat unglaublich nah an der Perfektion. Bis jetzt konnte man beim 6er zumindest noch über den Verbrauch wettern - aber selbst den Zahn haben ihm die BMW-Ingenieure nun gezogen. Ändert nichts daran, dass sich der Maserati GranTourismo zu einer echten Alternative gemausert hat. Die Symbiose aus Eleganz, Fahrspaß, Motor und Getriebe lässt nicht nur die Herzen von Coupéfans hören schlagen. Real wird sich wohl kaum einer zwischen einem Maserati GranTourismo und einem BMW 635d entscheiden müssen. Lustbringer und Lockmittel sind beide – jeder auf seine Art. Dem BMW fehlt die Emotionalität, mit der ein Maserati dienen kann. Die Norditaliener bietet ein exzellentes Paket, sollten die längst standesgemäßen Hightechkomponenten jedoch nicht länger aussperren und dem GT ein paar Kilogramm abspecken.

Der Preis stört die Coupé-Kunden bekanntermaßen besonders wenig. Der komplett ausgestattete Maserati GranTourismo beginnt bei 112.280 Euro. Im Preis enthalten sind unter anderem elektrische Ledersitze, Bi-Xenonscheinwerfer, 19-Zoll-Radsatz, adaptives Dämpfersystem und ein nach wie vor mürrisches Navigationssystem. Die BMW-Anhänger müssen in der Basis deutlich weniger berappen. Sein Basispreis liegt gerade mal bei 72.500 Euro. Immerhin: Als 635d Individual kommt der Bayer fast so exklusiv wie der Maserati daher. Doch mit Edel-Leder, DVD-Navigation, Sportsitzen und weiteren Annehmlichkeiten knackt der 635d dann auch mit Leichtigkeit die 90.000-Euro-Grenze. Gespart werden kann erst beim Tanken.

Quelle: Autoplenum, 2009-06-04

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