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Testbericht

Stefan Weißenborn, 1. August 2008
Es könnte so schön sein: Alles Grünzeug vom Wegesrand in den Tank packen und mit lupenrein grünem Gewissen durch die Lande gondeln. Bioethanol als Treibstoff macht die perfekte CO2-Bilanz möglich – theoretisch.

In der Praxis wird der Alkohol aus Biomasse mit Benzin angereichert und findet seinen Weg meist als E85-Treibstoff in den Tank: Eine Mischung aus 85 Prozent Bioethanol und 15 Prozent Super, so, wie sie FlexiFuel-Autos mögen. Der Vorteil von E85 gegenüber anderen Biospritsorten: Die Mobilität ist durch das noch grobmaschige Tankstellennetz in Deutschland nicht gefährdet. Denn FlexiFuel-Autos sind wie es der Name sagt: flexibel. Sie vertragen E85 und herkömmlichen Sprit – in jedem Mischungsverhältnis. Renault hat mit dem Mégane Grand Tour ein erstes Fahrzeug im Programm. Doch in großem Stil setzt neben Ford und Saab nur Volvo auf das Öko-Prinzip. So können der Kombi V70 und die Limousine S80 auch in der Alkoholversion bestellt werden.

Anders als bei Saab, wo am Heck der Schriftzug "BioPower" prangt, geht es Volvo mit einem "F" am Heck dezenter an. Auch im Motorraum herrscht Unauffälligkeit. Anpassungen wurden jedoch vorgenommen, weil Ethanol aggressiver als Benzin wirkt: Kraftstoffleitungen aus Stahl, vergrößerte Einspritzventile, speziell beschichtete Zylinderköpfe. Ein abgewandeltes Motormanagement, das den Kraftstoffmix im 70-Liter-Tank überwacht, regelt den Zündungsvorgang. Im Betrieb hört sich der Motor an wie immer. Bei den Fahreigenschaften gibt es anders - als bei Erd- oder Flüssiggas als Treibstoff - keine Abstriche zu machen. Technisch machbar wäre es, dem Motor unter Alkoholeinfluss merklich mehr Leistung zu entlocken. Volvo überlässt es jedoch Saab, die sportliche Öko-Karte mit einem Bonus an Pferdestärken auszuspielen.

Denn E85, das gegenwärtig in Deutschland an nur rund 160 Tankstellen zu haben ist und je Liter rund 95 Cent kostet, ist weniger effizient. "Im E85-Betrieb liegt der Verbrauch um 30 bis 40 Prozent höher", sagt Niklas Gustavsson, der bei Volvo Verantwortliche für Umweltfragen. Ein Plus an Leistung würde den Verbrauch deshalb weiter in die Höhe treiben und damit die ohnehin reduzierte Reichweite weiter einschränken, argumentiert Volvo. Trotz Spritdurst bleiben die finanziellen Anreize aber bestehen: Bis 2015 ist E85 noch steuerlich begünstigt. Auch der Aufschlag auf den jeweiligen Neupreis von pauschal 400 Euro für die FlexiFuel-Variante eines Volvo ist so an der Zapfsäule bald wieder reingeholt.

Anders als in Schweden, wo die Verkaufszahlen laut Gustavsson "extrem nach oben" schnellen, spielt FlexiFuel in Deutschland bisher kaum eine Rolle. "Der Markt reagiert sehr zögerlich", heißt es etwa beim Verband der deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Und während Volvo auf dem Heimatmarkt rund 30 Prozent seiner Fahrzeuge mit dem "F" im Typenschild absetzt, dümpeln die Verkaufszahlen in Deutschland vor sich in: Nur 28 Prozent der hierzulande verkauften Schwedenkarossen sind Benziner, davon zwei Prozent FlexiFuel-Versionen. Bei jährlich rund 34.000 Einheiten macht das gerade mal 200. Auch im Zuge des Flottenausbaus mit FlexiFuel rechnen die Schweden mit keinem Verkaufsschub in Deutschland.

In Zeiten, in denen Bioethanol verschrien ist, in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu stehen, dürfte sich daran so schnell nichts ändern. Das Blatt könnte sich erst wenden, wenn Bioethanol der zweiten Generation in genügend großen Mengen produziert wird. Statt aus Zuckerrohr, –rüben oder Getreide wird Lignozellulose (Holz und Stroh, darunter Abfälle aus der Forstwirtschaft) dort bei der Produktion verwendet. Noch gibt es in Deutschland nach Erkenntnis des VDB jedoch keine einzige Produktionsstätte für diesen Stoff. Dass Schweden nach Volvo-Angaben E85 derzeit zu 100 Prozent aus Brasilien bezieht, tut der Popularität dort keinen Abbruch. In dem südamerikanischen Land wird der Treibstoff aus Zuckerrohr hergestellt. Der Flächenstaat deckt mit einem Prozent seiner Landesfläche rund die Hälfte des eigenen Kraftstoffbedarfs. "Biokraftstoffe sind ein Weg zum Ersatz von fossilen Energieträgern", sagte Kanzlerin Merkel während ihres Brasilienaufenthaltes. Dies gelte aber nur, "wenn sie nachhaltig angewandt werden". Aber gerade darüber herrscht im ökosensiblen Deutschland derzeit große Unsicherheit.

Mit einem 2,5-Liter-Fünfzylinderturbomotor (200 PS, 300 Nm maximales Drehmoment) erweitert Volvo die Palette seiner FlexiFuel-Triebwerke nach oben. Verbaut werden die Aggregate im Kombi V70 und in der großen Limousine S80. Wird der Tank mit E85 gefüllt, könnten die CO2-Emmissionen im Vergleich zum Benzinantrieb um bis zu 80 Prozent gesenkt werden, verspricht der Hersteller. Das 2.5FT-Triebwerk kann neben der serienmäßigen Sechsgang-Schaltung auch mit einem optionalen Sechsgang-Automatikgetriebe kombiniert werden. Der V70 2.5.FT beschleunigt in 8,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 230. Mit Geartronic kostet der V70 2,5FT 39.500 Euro. Der Volvo S80 benötigt für den Sprint 7,7 Sekunden und erreicht 235 km/h Spitze. In der FlexiFuel-Variante kostet der S80 ab 37.650 Euro. Der Kraftstoffverbrauch hängt davon ab, wie viel E85 getankt wird.

Wird der V70 ausschließlich mit Superkraftstoff gefahren, schluckt er 9,4 Liter auf 100 Kilometer. Beim S80 liegen die Werte bei 9,2 Liter und 10,1 Liter. Im E85-Betrieb liegt der Verbrauch wegen des geringeren Energiegehalts 30 Prozent höher. Die Schweden bieten die alternative Antriebsvariante nunmehr in drei Varianten und in fünf verschiedenen Modellen an. Den Beginn in Deutschland machte vor einem Jahr der 1,8 F, der seitdem im C30, S40 und V50 angeboten wird. In Schweden war ein Flexifuel-Triebwerk für S40 und V50 bereits 2005 verfügbar. Sowohl V70 als auch S80 können aber auch mit dem kleineren 2,0F geordert werden, der 145 PS leistet und 185 Nm maximales Drehmoment verspricht.

Quelle: Autoplenum, 2008-08-01

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