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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 29. Juni 2015
Während sich hierzulande Heerscharen von Ingenieuren den Kopf zerbrechen, wie man das autonome Fahren serienreif bekommt, haben die Engländer das Problem schon gelöst. Mit einer ziemlich abgefahrenen Idee.

Agnus Fitton lehnt sich ganz entspannt zurück, nimmt die Hände vom Steuer und gibt Gas. Mit einem lauten metallischen Knirschen rollt der Smart Forfour an. Der Engländer denkt gar nicht daran, die Finger an den Lenkkranz zu legen, sondern drückt seelenruhig das Pedal weiter nach unten und schaltet in den zweiten Gang. Der kleine Flitzer hält mit seinen 71 PS stoisch die Bahn und wird dabei immer schneller. Statt dem Piepsen der elektrischen Helfer und dem Blinken in den Display ist, ist nur das Grummeln des Ein-Liter-Dreizylinders zu hören, untermalt von dem Rumpeln und leichten Kreischen, das dem Geräusch ähnelt, wenn ein Stück Kreide über eine Tafel gezogen wird. Das Geheimnis des Zaubers: Der Smart rollt auf Eisenbahn-Schienen. So einfach lässt sich also autonomes Fahren realisieren. Alles, was man dazu braucht, ist eine Eisenbahnstrecke, ein Auto und eine Menge handwerkliches Geschick.

"Der neue Smart hat genau die gleiche Spurweite, wie die meisten Gleise in Europa", erklärt Agnus Finton, der die Idee zu dem ungewöhnlichen Vehikel hatte. Sechs Monate dauerte es, bis aus dem Plan eine Tatsache wurde. Damit der abgefahrene Smart zur Mini-Lokomotive mutieren konnte, holte man sich Interfleet ins Boot. Die britischen Eisenbahn-Spezialisten stellen sonst 70-Tonnen-Diesel-Stahlrösser her und kümmerten sich jetzt um den Stadtfloh. Um das "Ei des Kolumbus", für das autonome Fahrerlebnis zu finden, musste man lediglich in ein Comic schauen. Dort werden alle Nase lang Autos auf die Schienen gesetzt. Das bedeutet: Einfach einen Smart der zweiten Generation nehmen und die Reifen durch 22-Zoll-Stahlräder ersetzen. Das klingt deutlich simpler als es war. Aufgrund des deutlichen höheren Gewichts der Eisenwalzen, mussten Veränderungen an Radaufhängungen und dem Antriebsstrang durchgeführt werden. Die Lenkung entkoppelten die Ingenieure und stabilisierten die Spur mit Aluminiumstreben. So zieht der Mini-Zug mit maximal vier Passagieren stoisch seine Bahnen.

Bis auf die Modifikationen an der Lenkung und den Rädern ist der Smart unverändert. Wenn die Strecke geeignet ist, könnte der Kleinwagen mit über 120 km/h über die Schienen fliegen. Der Infotainment-Bildschirm gibt Auskunft über die Eco-Bilanz des Flitzers - die ist mit 99 Prozent überragend. "Wir wollen dieses Auto nach Deutschland bringen und so auch dort das Stauproblem lösen", erzählt Angus Fitton. Bei diesem Vorhaben dürften die Sorgenfalten auf der Stirn des Bahn-Chefs und ehemaligen Daimler-Vorstands Rüdiger Grube nicht unbedingt kleiner werden. "Das ist nur zu Demonstrationszwecken", beruhigt Fitton in vorauseilendem Gehorsam.

Die Abenteuer-Reise im coolen Smart findet auf der malerischen Bluebell-Railway statt. Einer privat betriebenen Schienenstrecke im Süden Englands. Die Bahnhöfe zwischen Sheffield Park und East Grinstead sind seit über 100 Jahren nicht mehr verändert worden. Verwinkelte bunte Holzhäuser säumen die einspurige Eisenbahnstrecke. Die Signale werden noch mit einem großen Schlüssel umgestellt, so, wie Anfang des 20. Jahrhunderts. Die pittoreske Horsted Keynes Station diente für die fantastischen Abenteuer des Zauberers Harry Potter und die BBC-Erfolgsserie Downtown Abbey als Kulisse. Aber so ein Vehikel haben die Bewohner der beschaulichen Gegend noch nicht gesehen. Wenn der Smart über mit rund 40 km/h über die Gleise rollt, springen schon mal Rehe über die Schienen und tänzeln vor dem Kleinwagen her. Nur gut, dass die Bremsen aufgrund des Heckmotors und des damit verbundenen Gewichts hervorragend zubeißen.

Aber nicht nur das Damwild wird von dem Gefährt überrascht: Als der Smart vorbeirollt, fällt einem Passanten buchstäblich die Kinnlade herunter. Aufgeregt winkt er seinen Kumpel heran und deutet wild gestikulierend auf das unerwartete Schienenfahrzeug. Das ist noch ein Exot, aber das waren Autos vor 150 Jahre auch.

Quelle: Autoplenum, 2015-06-29

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