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Testbericht

Sebastian Viehmann, 19. April 2011
Kopieren geht über Studieren – so einfach machen es sich nur wenige chinesische Autobauer. Trotzdem besetzen sie lediglich 42 Prozent ihres Heimatmarktes, und auch der Export steckt noch in den Kinderschuhen.

Chery, Changan, Brilliance, Great Wall, Dongfeng, Lifan – die Liste der chinesischen Autohersteller wird jedes Jahr länger. Auf deutschen Straßen wird man aber so schnell keins der neuen China-Autos sehen, die in Shanghai Premiere feiern. Dabei würden viele zumindest beim Design durchaus den europäischen Geschmack treffen wie zum Beispiel das SUV Lifan X60, der Roewe W5 oder das Riich Z5 Coupé. Bei den Show Cars gibt es sehenswerte Exemplare wie die SUV-Studie T012 von FAW. Manchmal aber weiß man gar nicht, wo man zuerst wegschauen soll. Das klobige Van-Konzept Changan Voss zum Beispiel wird hoffentlich eine Studie bleiben.

Für Schlagzeilen sorgt mit schöner Regelmäßigkeit die Kopierwut der Chinesen. Auch diesmal wird wieder fleißig abgekupfert, wobei nicht alle Kopien neu sind. Der Hersteller Hawtai hatte bei seinem SUV Bao Li Ge offensichtlich die erste Generation des Cayenne im Auge, denn das Hinterteil des China-SUVs ist klar bei Porsche abgekupfert. Bei BAIC hat man sich Land Rover und Jeep vorgenommen und kombiniert bei Geländewagen wie dem B40 und dem neuen B70 fröhlich das Design beider Marken. Der Plutus Pickup von Huanghai ist optisch ein Klon des Chevrolet Silverado, und der BC301 von BAIC sieht der Mercedes B-Klasse zum Verwechseln ähnlich. Eine aparte Erscheinung ist das Klappdach-Cabriolet Gleagle GS CC. Hier wurden ein paar Design-Scheibchen von Peugeot und Infiniti verwurstet – allerdings nicht die besten Stücke – und mit einem Kühlergrill bestraft, der auf der linken Autobahnspur wegen seiner Hässlichkeit jede Lichthupe ersetzt.

Die enormen Erfolge von Porsche, Mercedes und Co. im Reich der Mitte zeigen jedoch, dass die Chinesen das Original der Fälschung vorziehen - wenn sie es sich denn leisten können. Die einheimischen PKW-Hersteller hatten im Jahr 2010 zusammen nur 42 Prozent Marktanteil, den Rest besetzten europäische, japanische und amerikanische Marken. Mit rund 600.000 verkauften Autos war Chery 2010 der größte China-Hersteller. Der wegen seiner Elektro-Ambitionen gelobte Hersteller BYD dagegen schwächelt, er musste bei den Verkaufszahlen im ersten Quartal 2011 ein dickes Minus verkraften. „BYD hat eine zu aggressive Wachstumsstrategie betrieben. Die Händler mussten zu viele Autos abnehmen, die sie nicht alle verkaufen konnten“, sagt Lin Huaibin vom Beratungsunternehmen IHS Automotive.

BYD hat die Preise seiner erfolgreichen Modelle F0 und F3 gesenkt, um konkurrenzfähig zu bleiben. Jetzt droht ein Preiskampf im Billigsegment, in dem sich vor allem die einheimischen Autobauer tummeln. Ein Manager des Joint-Venture-Unternehmens Beijing Hyundai Motors sieht die Gefahr der gegenseitigen Zerfleischung: „Wenn sie zu brutal gegeneinander kämpfen, kann keiner gewinnen. Das Ergebnis wäre ein Verlust für alle“, so Li Feng in der Zeitung China Automotive Review. Er plädiert an die „kollektive Weisheit“ der heimischen Autobauer – ein Ratschlag, den man in der westlichen Autoindustrie wohl so nicht hören würde. IHS Automotive-Analyst Lin Huaibin geht davon aus, dass der PKW-Markt in China insgesamt 2011 ein Wachstum von zehn Prozent verzeichnen wird, also deutlich weniger als im Rekordjahr 2010. „Damit setzt eine gewisse Normalisierung ein“, glaubt Huaibin.

Während fast alle deutschen, japanischen und amerikanischen Hersteller Autos nach China exportieren oder in Joint-Ventures mit chinesischen Firmen vor Ort bauen, läuft der umgekehrte Weg trotz stetiger Zuwächse noch in bescheidenen Bahnen. Im Januar und Februar wurden laut Statistik des chinesischen Herstellerverbands CAAM rund 95.000 Autos exportiert, aber nur die wenigstens davon nach Europa. Die größten Exporteure sind Chery, Changan und Great Wall.

Analyst Lin Huaibin sieht derzeit nur wenig Potenzial für China-Exporte nach Europa, vor allem wenn es um Deutschland geht: „Dieser Markt ist der härteste von allen, da trauen sich viele nicht hin“, so Huaibin. Vielversprechende Kandidaten für den Export seien immerhin die Marken Roewe und MG, die zur Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) gehören. Zur gleichen Beurteilung kommt auch Kevin Huang, Analyst bei Jato Dynamics. „Das neue Modell MG6 wird in Longbridge in England gebaut, von dort will man dann weitere Märkte in Europa erobern“, so Huang. SAIC habe in Sachen Marketing viel von seinem Kooperationspartner General Motors gelernt.

Auch wenn viele China-Autos ganz gut aussehen – die Verarbeitungsqualität entspricht noch zu oft nicht europäischen Standards, und viele Motoren können weder bei der Leistung noch bei den Emissionswerten mit Aggregaten von VW, Fiat oder Renault mithalten. „Das Problem ist die Qualität, nicht die Marke“, so Jato-Analyst Kevin Huang über den Status der heimischen Autobauer. Für die westliche Zulieferindustrie gibt es also noch viel Terrain abzugrasen. Auch bei der Sicherheit tut sich etwas. Der Hersteller Geely baut gerade ein eigenes Crashtest-Zentrum und will umgerechnet mehr als 44 Millionen US-Dollar investieren. Wo sich die Chinesen das Know-how in Sachen Sicherheit holen, dürfte klar sein: Geely ist mittlerweile stolzer Besitzer von Volvo.

Quelle: Autoplenum, 2011-04-19

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