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Testbericht

Stefan Grundhoff, 2. Dezember 2009
Jahrelang waren AMG-Versionen nicht viel mehr als leistungsstarke Mercedes-Boliden. Doch die hauseigene Sportfraktion aus dem schwäbischen Affalterbach hat in den letzten Jahren viel dazu gelernt und insbesondere hingeschaut, womit die M-GmbH ihre Kunden begeistert. Bestes Beispiel ist der E 63 AMG.

Die Kundschaft in der Liga der sportlichsten Oberklasselimousinen ist bekanntermaßen anspruchsvoller denn je. Da macht AMG keinen Unterschied zur M-GmbH oder Audis Quattro-Team. Die Kunden bezahlen viel Geld und wollen dafür mehr als sportliche Exklusivität allein. Zumeist den Wolf im Schafspelz; solch einen, der sein exklusives Leder wie einen Nerz innen trägt und in der Karosse einer gewöhnlichen E-Klasse der Konkurrenz jederzeit um die Ohren donnern kann. Da Exklusivität jedoch auch ein festes Fundament braucht, legt AMG besonderen Wert darauf, dass jedes Triebwerk von einem einzigen Monteur gefertigt wurde. Bei dem durch seinen matten Lack sanft schimmernden Probanden hat ausweislich der Plakette auf dem Triebwerk ein Mann namens Stefan Wenzer sein Bestes gegeben. Unter Namenstafel, Ansaugtrakt und Zylinderbänken brummeln bereits im Stand 525 PS hungrig bis lüstern vor sich hin. Überhaupt hat es das aktuelle Topmodell der ansonsten alles andere als aufdringlichen Mercedes E-Klasse nicht so mit der gewohnten AMG-Zurückhaltung. Nicht nur der matte Champagnerlack, die 19-Zöller und die verbreiterte Spur sorgen dafür, dass Nachbarn und Kinder an der Bushaltestelle keinen Zweifel hegen, dass es dieser Schwabe faustdick hinter den Ohren hat. Auch die vierflutige Auspuffanlage spiegelt dem Betrachter keine Spur eines müden E 220 CDI vor.

Mit einem bärenstarken Triebwerk allein ist es im Hause AMG spätestens seit der aktuellen Generation der C-Klasse nicht mehr getan. Das Fahrverhalten des E 63 muss den Vergleich mit dem auslaufenden BMW M5 oder einem Jaguar XF R keineswegs scheuen. Er kann viel mehr als schnell geradeaus donnern. Einlenkverhalten, Kurvenbremsen, geringe Wankneigung und souveränes Herausbeschleunigen aus engen Kehren – hier zeigt der E 63 AMG sein ganzes Potenzial. Allein bei der Gewichtsverteilung gibt es nicht die gleichen hohen Vorgaben wie im Hause BMW, wo abseits von 50:50 nur schwer etwas auf der Straße zu sein scheint. Der 63er hat deutlich mehr Last auf der Vorderachse, was sich im Grenzbereich nur schwer überspielen lässt.

Seine Fahrleistungen sind schlicht grandios. 0 auf 100 km/h 4,5 Sekunden sind absolutes Sportwagenniveau. Trotzdem reist man mit dem Affalterbacher so lässig, wie auf einem sportlich-stammen Edel-Teppich. Die elektronischen Dämpfer lassen sich ganz nach Untergrund justieren und so Gangart sowie Stimmungen des Piloten anpassen. Die wahren Freudenbringer finden sich auf dem Mitteltunnel. Fein säuberlich zum Fahrer hin gedreht kann man seinem Spieltrieb durch Drücken und Drehen der Schalter freien Lauf lassen. Bei den Fahrprogrammen gibt es die vier Stufen C, Sport, Sport Plus und manuell. Ein Stück weiter unten kann der Fahrer eine Taste mit verschiedenen Modi frei belegen. Ein Druck auf das rot hinterlegte „AMG-Logo“ und der PS-starke Viertürer stellt sich in Sekundenbruchteilen entsprechend um, schwänzelt mit dem Heck oder schiebt noch brachialer an.

Im Innenraum halten sich die Unterschiede zwischen Sportskanone E63 und einem gewöhnlichen E 350er überraschend zurück. Gefallen können die offenporigen Holzintarsien und die perfekt geschnittenen Sportsitze, die in Kurven nicht nur die Seitenwangen aufblasen, sondern je nach Umgebungstemperatur und Neigung heizen, kühlen, unterstützen und entspannen. Das Cockpit zeigt sich gewohnt aufgeräumt mit seinen fünf Runduhren, bei denen nur die überdimensionale Analoguhr nicht so recht ins Bild passt. Gewöhnen sollten sich alle Insassen an die nervigen Warngeräusche der Assistenzsysteme, wenn es im fließenden Verkehr schon einmal etwas knapper zur Sache geht.

Die Fahrprogramme C und Sport sind etwas für alle Tage. Doch so richtig geht die Post bei der Einstellung Sport Plus ab. Der Achtzylinder brüllt wie ein Supersportler und presst mit seinen 525 PS bis zu 630 Nm an die Kurbelwelle. Ist der Untergrund wellig oder die Piste verdreckt, träumt der Pilot kurzzeitig von einem variablen Allradantrieb. Die Leistungsausbrüche bringen den 63er an seine Grenzen. Die kommen auch bei einer Vollgaspassage auf der Autobahn viel schneller als erwartet. Knapp unterhalb der 260-km/h-Marke wird der über 1,8 Tonnen schwere Schabe überraschend früh eingebremst. Bitter, dass die AMG-Strategen die stärkste E-Klasse aller Zeiten nicht mehr von der Leine lassen als einen normalen 350er. Überflüssig zu erwähnen, dass es in dieser Sportwagenklasse mehr sein dürfte – und müsste.

Erst gegen Aufpreis und mit einem sportlichen Trainingsprogramm für den Fahrer lässt Mercedes sein bestes AMG-Stück bis Tempo 300 an der langen Leine. Die Bremsen arbeiten vorzüglich. Wer will, ordert die optionalen Karbonbremsen. Im Gegensatz zum Supersportwagen dem Mercedes SLS AMG läuft die Kraftübertragung beim E 63 AMG nicht via elektronischer Doppelkupplung, sondern über eine gewöhnliche Siebengang-Automatik. Ebenso komfortabel wie sportlich abgestimmt gibt diese auch bei härterer Gangart keinen Grund zur Klage. Das Getriebe besitzt statt des gewöhnlichen Drehmomentwandlers eine nasse Anfahrkupplung. Der Vortrieb des Mercedes E 63 lässt sich eben über die vier unterschiedlichen Fahrprogramme beeinflussen. Neben dem Automatikmodus kann der Pilot jederzeit manuell über Lenkradpaddel in den Schaltvorgang eingreifen. Im manuellen Modus ermöglicht das automatisierte Sportgetriebe Schaltvorgänge in rund 100 Millisekunden.

Wer einen AMG-Mercedes kauft, schaut nicht auf den Kraftstoffverbrauch. Auch wenn die Marketingverantwortlichen dies gerne anders in die Welt hinaustragen. Da macht der finanzstarke Kunde eines E 63 AMG keine Ausnahme. Mercedes verspricht beim 63er einen Durchschnittsdurst von 12,6 Litern Super auf 100 Kilometern. Realisiert durch das Fahrprogramm C, was für „Controlled Efficiency“ steht. Die Automatik schaltet früh in den nächsten Gang und die Bremsenergie-Rückgewinnung tut ihr möglichstes, den Verbrauch zu senken. Doch ein Brennraum von knapp über 6,2 Litern will gefüllt werden. So sehr man sich auch anstrengt. Unter 14 Liter ist nichts zu machen. Wer die Leistung des Achtenders artgerecht ausnutzt, fährt oberhalb der 16-Liter-Marke. Stören wird dies keinen der Kunden und auch nicht den Motorenbauer Stefan Wenzer. Er wird um die Leistung und schließlich auch den Durst des von ihm erschaffenen Kraftpaketes wissen. Und um den Preis des Mercedes E 63 AMG. Der kostet mindestens 105.791 Euro.

Quelle: Autoplenum, 2009-12-02

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