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Testbericht

Stefan Grundhoff, 14. Juni 2011
Wem der Tatendrang des normalen Jaguar XJ nicht reicht – der 510 PS starke XJ Supersport tänzelt gekonnt zwischen Sänfte und Sportwagen – und begeistert seine Insassen auf ganz unterschiedliche Art und Weise.

Darf sich eine Luxuslimousine so scharf anhören? Sie darf. Einst heulten einem die Triebwerke mit Kompressoraufladung jämmerlich die Ohren voll. Die leistungsstärksten Jaguars machte da keine Ausnahme. Doch die Zeiten haben sich geändert. Im Normalbetrieb säuselt der Jaguar-Achtzylinder im XJ mit seinen fünf Litern Hubraum sanft und unschuldig vor sich hin. Doch traktiert man ihn mit Leistungsanforderungen, bollert er los – wild, ungehemmt und zum Niederknien schön. Die bullig wummernden Schläge pressen einen in Sekundenbruchteilen in den Sitz. Der XJ 5.0 Supersport als Krone der aktuellen Jaguar-Schöpfung schiebt als gäbe es kein Morgen mehr. Bei engagiertem Gasdruck wird das Benzin mit bis zu 150 bar Druck in die acht Brennkammern getrieben. Ein Twin-Vortex-Kompressor gibt dem Verbrennungsprozess schließlich den Rest. Das Ergebnis ist außen wie innen gleichermaßen beeindruckend. Wer will, kann lässig cruisen oder auf der Autobahn zum Dauerstraftäter werden. 375 KW / 510 PS und gewaltige 625 Nm Drehmoment zwischen 2.500 und 5.500 Touren machen es möglich, dass einem die Gesichtszüge auf höchst angenehme Art und Weise entgleiten. Das gilt eingeschränkt auch beim Verbrauch. Denn der avisierte Durchschnittsdurst von 12,1 Litern Super auf 100 Kilometern lässt sich bei diesem automobilen Kraftpaket allenfalls beim sanften Dahingleiten realisieren.

Hier auf dem Highway von Boston an der Küste entlang Richtung New York ist das Potenzial des aufgeladenen XJ-Achtzylinders nur schwerlich auszufahren. Die Menschen in dieser Region sind gemeinhin wohlhabend – viele genießen die Freizeit. Ein üppig dimensioniertes Haus gehört zum Alltag dazu; das Wochenende auf Cape Cop oder in den Hamptons sowieso. Klar, dass hier mehr als eine Luxuskarosse die Hauseinfahrt bevölkert. Mercedes S-Klassen und 7er BMW sieht man in den Neu-England-Staaten wie Sand am nahe gelegenen Atlantik. Neben Audi mit dem A8 will sich gerade Jaguar mit seinem XJ hier rund um Yachtparadiese wie Newport oder Hyannis Port, dem ehemaligen Familiensitz der Kennedys, ein größeres Stück vom finanzstarken Kundenkuchen abschneiden. Eine Luxuskarosse wie der XJ Supersport ist genau richtig am Platz. Luxuriöse Ausstattung, grandiose Fahrleistungen und die nötige Noblesse mit britischem Charme bringt der Jaguar XJ gerade als Topmodell Supersport mit. Was vielen Kunden gerade in dieser Region fehlt, ist jedoch ein Allradantrieb. Denn nicht nur die deutsche Luxuskonkurrenz ist im Nordosten der Vereinigten Staaten bevorzugt mit 4x4-Technik unterwegs. Die wurde beim aktuellen Jaguar XJ zunächst ausgespart und kommt erst mit zeitlicher Verzögerung in rund zwei Jahren.

Dabei hat der 5,12 Meter lange Brite zumindest auf trockener Straße keinerlei Mühe, seine Leistung auf den Boden der Tatsachen zu bekommen. Im schlüpfrigen Grenzbereich hilft bei flotter Gangart eine aktive Differenzialsperre an der Hinterachse, die die üppige Motorleistung variabel zwischen den beiden Rädern verteilt. 0 auf 100 km/h in 4,9 Sekunden und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h sorgen nicht nur in Massachusetts oder Rhode Island für einen zielsicheren Weg in das örtliche Gefängnis. Lokale Sheriffs und State Trooper werden sich vom hungrigen Tatendrang des Jaguar XJ 5.0 Supersport als Ausrede für andauernde Geschwindigkeitsübertretungen wohl kaum überzeugen lassen. Und wer sich schließlich vom Sheriff im Hartplastik-Fond eines Ford Crown Victoria abtransportieren lässt, wird mit tränendem Auge an das Pendant im XJ Supersport zurückerinnern. Hier kennt der Luxus besonders in der 5,25 Meter messenden Langversion kaum Grenzen. Klimatisierte Ledersessel mit elektrischer Verstellung, Massage, TV und DVD-Entertainment sowie und ein Reisekomfort, der einen gar nicht wieder aussteigen lassen möchte, entrücken die Welt mit dem Zuschlagen der verlängerten Fondtür.

Der Fahrer spürt von der Langversion dagegen kaum etwas. Das XL-Mehrgewicht von nicht einmal 30 Kilogramm auf gut 1,9 Tonnen Leergewicht ist ebenso zu vernachlässigen wie das Mehr beim Wendekreis, der von 12,3 auf 12,7 Meter wächst. Im Volant bleibt sowieso alles beim Alten, weil der Zuwachs an Länge allein dem Radstand zu Gute kommt, der von 3,03 elegant kaschiert auf mächtige 3,16 Meter wächst. Das Volumen des Laderaums ist mit 520 Litern mehr als ausreichend. Der Fahrer blickt während der Fahrt auf virtuelle Rundinstrumente, die einmal ein Zeichen dafür sind, dass der Jaguar XJ entschlossener denn je in die Zukunft schaut. Doch die Variationsmöglichkeiten auf dem 12,3 Zoll großen Bildschirm hinter dem griffigen Lederlenkrad könnten größer sein. Wie einfach wäre es, hier den Bildschirm für ein Nachsichtgerät zu präsentieren, das die Konkurrenz bereits seit längerer Zeit anbietet. Beim animierten Jaguar-Cockpit wechselt beim Druck auf die Sporttaste die Farbe von blau auf rot. Immerhin: auch die Navigationskarte lässt sich in die äußere Runduhr projizieren.

So komfortabel der Jaguar XJ Supersport auch ist – bei den Fahrerassistenzsystemen bietet er weniger als die erlauchte Nobel-Konkurrenz. Notbrems- und Spurhalteassistent, Nachtsichtgerät, Einschlafwarnung oder Einparkautomatik – hier muss der Jaguar ersatzlos passen. Allein Abstandstempomat und ein Totwinkelassistent sind neben Parksensoren und der Rückfahrkamera verfügbar. Zu wenig für ein Auto, das zumindest in Deutschland mehr als 142.000 Euro kostet. In den USA sieht das ganz anders aus. Hier ist eine leistungsreduzierte Version des Supersport als Jaguar XJ Supercharged mit 470 PS und Komplettausstattung bereits für rund 90.000 Dollar zu bekommen – das sind umgerechnet nicht einmal 65.000 Euro. Wer würde bei diesem Auto nicht schwach werden? Und für den US-Preis ist auch noch ein opulenter Kurzurlaub auf Martha’s Vineyard drin. Stilechter lässt sich ein Jaguar XJ sowieso kaum erleben.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2011-06-14

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