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Testbericht

14. Oktober 2009
Estoril (Portugal), 14. Oktober 2009 - Schlaghosen wischten noch mit ausladendem Schwung über die Bürgersteige, als Porsche den ersten Turbolader in ein Modell der Elfer-Reihe einbaut: Der 911 Turbo wird 1974 geboren. 80.000 verkaufte Turbos später geht der Kultwagen in die siebente Generation - und bringt wieder einmal jede Menge feine Neuerungen mit. Wir haben den Wagen mit Doppelkupplungsgetriebe (PDK) im normalen Straßenverkehr und auf der Rennstrecke getestet.

Kann ein Wässerchen trüben Seit dem ersten Tag sieht man dem 911 Turbo an, dass er nicht für zurückhaltendes Cruisen gemacht ist. Vorne und hinten verbreiterte Kotflügel und einen präsenten Spoiler hatte die Turboversion schon immer zu bieten. Neu sind die LED-Tagfahrleuchten, welche die Nebelscheinwerfer ersetzen. Letztere wurden laut Porsche wegen des jetzt serienmäßigen Einsatzes von Bi-Xenon-Scheinwerfern überflüssig. Ein weiteres neues Design-Detail sind die Außenspiegel mit vergrößerter Sichtfläche. An den Seiten fallen die Felgen in frischem Design auf. Für 3.511 Euro gibt es jetzt auch Räder mit auffälligem Zentralverschluss. Vom Heck grüßen neu gezeichnete LED-Rückleuchten und dezent vergrößerte Endrohre.

Endlich mit Paddles Innen setzt sich die sanfte Weiterentwicklung fort. Was uns sofort auffällt: Jetzt gibt es auch bei Porsche Lenkräder mit Schaltpaddles. Lange hat man sich in Zuffenhausen dagegen gestemmt, weil man alles besser machen wollte und die auch jetzt noch serienmäßigen Schiebeschalter für das Nonplusultra hielt. Aber die Kunden wollten Wippen. Und nun sind sie da: Bestehend aus poliertem Aluminium drehen sie sich mit dem Lenkrad mit. Drei Speichen, eine runde Nabe, keinerlei Knöpfe und die erwähnten Paddles: 417 Euro Aufpreis ist dieses Lenkrad allemal Wert. Das der Turbo kein Ultraharter à la GT3 oder GT3 RS ist, merken wir auch an den Sitzen: Für diese gibt es jetzt sogar eine Belüftungsanlage. Porsche ist der erste Hersteller, der die Passagiere in Sachen Sitzlüftung nicht mit Luft anbläst, sondern diese von den Insassen wegsaugt. In diversen Tests sollen es Versuchspersonen als deutlich angenehmer empfunden haben, nicht mit kühler Luft bepustet zu werden.

Noch mehr Kurvendynamik Für 1.309 Euro gibt es jetzt eine mechanische Hinterachs-Quersperre mit asymmetrischer Sperrung (22 Prozent Sperrwirkung im Zug, 27 Prozent Sperrwirkung im Schub). Was das bedeutet, merken wir am deutlichsten auf der Rennstrecke: Lenken wir in enge schnelle Kurven, zieht der Wagen begierig in die Kehre. Das kurveninnere Hinterrad wird über die Quersperre leicht abgebremst, was sich zum einen in gesteigerter Agilität und zum anderen in einer verminderten Untersteuerungs-Wirkung unmittelbar erfahren lässt. Der Hersteller nennt dieses System Porsche Torque Vectoring (PTV). Passend zum PTV werden das PTM (Porsche Traction Management) und das PSM (Porsche Stability Management) auf mehr Dynamik getrimmt - was das in Kombination mit dem völlig neuen Boxermotor ausmacht, werden wir noch spüren. Per Knopfdruck kann der Fahrer zwischen einem Sport- und einem komfortorientierten Normalmodus wählen. In der Normaleinstellung ist der Wagen immer noch hart, kommt aber mit Schlaglöchern und tiefen Querrillen erstaunlich gut zurecht.

Der Motor wackelt nicht Ebenfalls neu im Turbo und für eine verbesserte Fahrdynamik gut: die dynamische Motoraufhängung. Die Motorlager dämpfen je nach Fahrsituation die Schwingungen wie ein Stoßdämpfer. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie das Magnetic-Ride-Fahrwerk von Audi: Ein magnetorheologisches Fluid verändert unter der Wirkung eines Magnetfeldes seine Viskosität, also Zähflüssigkeit. Je nach Grad der Zähflüssigkeit fließt das Fluid leichter oder behäbiger durch Ventile im Lagerinneren. Die dynamische Motorlagerung ist immer aktiv und wird von zahlreichen Sensoren, die beispielsweise Geschwindigkeit und Lenkwinkel überwachen, gesteuert. Wir merken den Effekt bereits beim Motoranlassen: Kein Ruck kommt von vorne. Auf unebenen Untergründen wird dann der Motor weicher gelagert, auf der Rennstrecke verhärten die Lager, als sei das Triebwerk an seiner Aufhängung angeschweißt. Die dynamische Motorlagerung ist Bestandteil des Pakets "Sport Chrono Turbo", welches in Verbindung mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe 4.546 Euro kostet.

Schnell stehen Ausgezeichnete Bremsen sind seit langem eine Porsche-Domaine. Serienmäßig reißen innen belüftete, gelochte 35-Zentimeter-Scheiben vorne den Turbo auf kürzestem Weg zum Stillstand und vergeben so auch übermütiges Gasgeben. Wer eine ultimative Verzögerungsapparatur möchte, zahlt nochmal 8.710 Euro. Dafür gibt es die Keramik-Bremsanlage. Hier haben die vorderen Scheiben einen Durchmesser von 38 Zentimeter. Zu Verschleißfestigkeit und Fadingfreiheit kommt eine Gewichtsersparnis von 18 Kilogramm - ein ganz beträchtlicher Wert bei ungefederten Massen.

Vollkommen neues Herz "Früher musste man lange vor der Kurve Vollgas geben, damit dann irgendwann hinter der Kurve was passiert" - so Rallyesport-Legende Walter Röhrl schmunzelnd zu frühen Turbo-Motoren. Auch der jetzige Porsche-Repräsentant und -Testfahrer Röhrl weiß natürlich, dass sich die gigantischen Turbolöcher längst in Wohlgefallen aufgelöst haben. Aber in Sachen Beschleunigung und Effizienz geht immer noch was. So hat Porsche dem neuen Elfer Turbo ein vollkommen neues Herz spendiert. Der jetzt 3,8 Liter Hubraum fassende und nun als Direkteinspritzer ausgelegte Sechszylinder-Boxer ist mit 500 PS und einem maximalen Drehmoment von 650 Newtonmeter dabei. 0,2 Liter Zusatzhubraum sind also für 20 PS mehr und ein Drehmomenten-Plus von 30 Newtonmeter gut. Dabei geht der Verbrauch in Kombination mit dem PDK auf 11,4 Liter runter - der Vorgänger war noch mit auch nicht schlechten 12,8 Liter dabei. Allerdings wollen die leistungsfreudigen Turbo-Aggregate auch das teuerste Kraftfutter: Super-Plus-Benzin muss es schon sein.

Schiebt und schiebt und schiebt In Verbindung mit dem bereits erwähnten Sport-Chrono-Turbo-Paket und dem neuen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (3.915 Euro) hat der Turbo jetzt auch eine Launch Control mit an Bord. Diese ist für eine optimale Anfahrt aus dem Stand da. Die Rennstrecke ist der richtige Ort, dies auszuprobieren: Wir drücken die Sport-Plus-Taste, treten mit dem linken Fuß auf die Bremse (ausnahmsweise) und geben schlagartig Vollgas. Der Drehzahmesser schnellt hoch und als in der rechten Lenkradspeiche die Anzeige "Launch Control" aufleuchtet, lassen wir die Bremse zurückschnippen. Die Räder drehen keinen Millimeter durch, dafür ruckt unser Kopf Richtung Kopfstütze. Der Wagen schlägt unter heiser grollendem Motor unerbittlich los. Und der Schub hört einfach nicht auf. Nach 11,6 Sekunden ist der Spurt geschafft - die Tachonadel steht bei Tempo 200. Maximal sind 312 km/h drin, aber das ist Porsche nicht so wichtig. 100 km/h sind nach 3,6 Sekunden erreicht, mit Launch Control vergehen gerade mal 3,4 Sekunden. Wer braucht nun im zivilen Leben eine Launch Control? Niemand. Aber es macht Spaß, sie zu haben - wie bei vielen Dingen, die man nicht braucht.

Schneller als von Hand Zum neuen Motor kommt das bereits vielfach angesprochene Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Dieses schaltet so flink, dass niemand per Hand schneller den nächsten Gang einlegt - auch Walter Röhrl nicht. Aber der nimmt mit der neuen Maschinerie dem Vorgänger-Turbo auf der Nordschleife erkleckliche zehn Sekunden ab. Die Schaltvorgänge des konzeptionell ohne Zugkraftunterbrechung arbeitenden Getriebes bemerken wir kaum. Das Räderwerk ist zehn Kilogramm leichter als die Vorgängerautomatik mit sechs Gängen und trägt einen erheblichen Anteil zum Spritsparen bei.
Technische Daten
Antrieb:Allradantrieb (permanent)
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Doppelkupplungs-Getriebe
Motor Bauart:Turbo-Boxermotor
Hubraum:3.800
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:368 kW (500 PS) bei UPM
Drehmoment:650 Nm bei 1.950-5.000 UPM
Preis
Neupreis: 145.871 € (Stand: Oktober 2009)
Fazit
Der "alte" Porsche 911 Turbo war beinahe perfekt. Und der Neue? Das, was noch ein bisschen besser werden konnte, ist noch ein bisschen besser geworden: Der Motor leistet mehr bei geringerem Verbrauch und das neue Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe gehört zu den besten Schaltwerken am Markt. Das noch dynamischere Fahrwerk sowie die variable Motorlagerung lassen den Wagen extrem sportlich unterwegs sein.

Gleichzeitig kommt jeder Anfänger mit dem Turbo zurecht, das Fahrzeug vergibt Fehler großzügig. Die klassische Außenhaut bleibt weitestgehend erhalten - hier hat Porsche aus Traditionsgründen keine Wahl. Und im Innenraum freuen wir uns am meisten über die neu verfügbaren Lenkrad-Schaltpaddles.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: auto-news, 2009-10-14

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