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Testbericht

Stefan Grundhoff, 15. August 2009
Wie kann man sich in Ferraris Heimatstadt Maranello die besten Freunde machen? Indem man an Schumi rummosert. Oder mit einem Ausflug der besonderen Art: Im Lamborghini Gallardo.

Mit einem Lamborghini nach Maranello zu fahren - das ist in etwa so, wie die blau-weißen Vereinsfarben von Schalke über dem Eingang des Dortmunder Westfalenstadions zu drapieren: So etwas macht man einfach nicht. Doch es geht noch böser: Der nagelneue Gallardo LP 550-2 Balboni erstrahlt in einem knalligen Gelb wie der Ferrari-Schriftzug über dem Werk. Da dreht sich selbst in Maranello so mancher auch für ein Auto um, das nicht des Pferd im Wappen trägt sondern einen bulligen Stier.

Der Star an diesem sonnigen Nachmittag in Maranello ist der Lamborghini Gallardo LP 550-2. Genauso schnell wie die Ferrari-Modelle und noch ein gutes Stück lauter. Vor dem Ferrari-Firmengelände in Maranello wird der Lambo beäugt wie ein Ufo. Denn einen gelben Gallardo auf Ferraris heiligem Firmenparkplatz - das hat es hier noch nicht gegeben. Selbst der Pförtner am Ferrari-Tor blickt zunächst ungläubig. Dass sich seine Miene dann verfinstert und die Schranke zubleibt, versteht sich von selbst. Dabei gibt es keinen Grund, die Nase zu rümpfen. Lamborghini hat sich mit Audis Hilfe längst in die erste Liga der Supersportwagen hinaufgearbeitet. Und dieser grell-gelbe Gallardo ist kein Sportwagen von der Stange. Valentino Balboni, über Jahrzehnte Cheftestfahrer im Hause Lamborghini, gab dem Gallardo seinen Namen. Balboni ist nicht nur in Santa Agata, der Heimat der Stiermarke, eine lebende Legende. Auch bei exklusiven Oldtimer-Veranstaltungen und auf den Rennstrecken dieser Welt hört man zumeist ein freudiges "Ciao", wenn der schon sichtliche ergraute Balboni sich im Schatten der Boliden sehen lässt. Balboni hat seit den 60er Jahren alles gefahren, was unter den Sportwagen Rang und Namen hat. Er kennt nicht nur jeden Lamborghini, sondern auch die Konkurrenz wie seine Hosentasche.

Valentino Balboni sitzt hinter dem Lenkrad. "Es kommt darauf an, einen Kompromiss zu finden zwischen den spezifisch rennwagenhaften Fahreigenschaften, die diese macchine aufgrund ihrer Fahrwerksstruktur nun einmal haben und haben müssen und alltäglicher Beherrschbarkeit auch durch Nicht-Rennfahrer. Dem entsprechend müssen wir unsere Autos abstimmen. Ein Mindestmaß an Federungskomfort ist trotz Priorität in puncto Straßenlage unerlässlich." Eingestellt wurde Balboni 1967 vom Firmengründer Ferruccio Lamborghini persönlich. "Ein Lamborghini muss immer die Präzision eines Rennwagens mit der Verlässlichkeit eines Freundes verbinden", sagt Balboni. Seit 1973 saß der heute 60jährige hinter dem Lenkrad jedes Prototypen der Marke. Aber auch die meisten Serienautos gingen vor der Auslieferung durch seine Hände – nicht selten saß schon der neue Besitzer auf dem Beifahrersitz.

Seit knapp zwei Jahren ist er in Pension. Doch noch immer hat er für viele Lambo-Besitzer den Status einer Marken-Inkone schlechthin. Er kennt und versteht Kunden und ihre Probleme, hat zugehört und versucht, die Schwierigkeiten auszumerzen. Die Wichtigkeit der Person ist auch der Sportwagenmarke mit dem Stier bewußt. So gibt es jetzt in der Auflage von 250 Stück eine speziellen Lamborghini Gallardo Balboni.

Der neue Lamborghini Gallardo LP 550-2 Balboni ist eine Schau - nicht nur in knalligem Gelb und nicht nur in Feindes Land. Doch welche der acht möglichen Lackierungen man auch ordert: Immer tragen die limitierten Versionen das schwarz-weiße Interieur, weiß-schwarzen Zierstreifen und Heckantrieb. Balboni, anerkannter Liebhaber der Fahrdynamik, wird es freuen, dass "seine" Edition auf den sonst üblichen 4x4-Vortrieb verzichtet. Wieso der Gallardo LP 550-2 Balboni im Gegensatz zum normalen Modell aber auch zehn PS weniger hat, dürfte jedoch ein Geheimnis der hauseigenen Marketingstrategen bleiben.

Dabei präsentiert sich der LP 550-2 durchaus bissig. Doch auf welliger Fahrbahn hat er bei allem Tatendrang spürbar Schwierigkeiten, die 550 Pferde auf den Asphalt zu bekommen. Haben die wuchtigen Hinterräder mit Hilfe der 45-Prozent-Sperre jedoch erst einmal gegriffen, gibt es kein Halten mehr. Brachial schiebt der Gallardo bis in den Begrenzer. Dass die Vorderräder nur lenken und rollen müssen macht sich im Lenkverhalten nur im Grenzbereich angenehm bemerkbar. Trotzdem fährt sich der Gallardo als 560-4 eine Spur souveräner. Balboni blickt zurück: "Die ersten Miuras hatten eine Straßenlage, vor der es einem heute graut. Aber darauf kam es nicht so an. Dieses Auto kam zu einer Zeit – 1967 - heraus, als man einfach fröhlich und gut drauf sein und das auch zeigen wollte. Oder glauben Sie, dass Dean Martin oder Farah Dhiba mit 200 in die Kurve gingen?" Es sei schon etwas von einer Hippie-Mentalität zu spüren gewesen.

Auf der Rennstrecke – und hier ist Valentino Balboni besonders gerne unterwegs – spricht jedoch vieles für den etwas leichteren Hecktriebler. So wurde nicht nur der Antrieb auf die Hinterachse verlagert, sondern Federn, Dämpfer, Stabilisatoren und auch die Reifen neu auf den Heckantrieb abgestimmt. Zwar ist der LP 550-2 auch mit dem sequentiellen Schaltgetriebe E-Gear zu bekommen. Doch dürfte nicht nur für Puristen das manuelle Sechsgang-Schaltgetriebe die bessere, weil authentische Wahl sein.

Die Fahrleistungen des Gallardo LP 550-2 Balboni liegen auf hohem Lamborghini-Niveau. Der Zehnzylinder mit Benzindirekteinspritzung und 5,2 Litern Hubraum leistet 405 kW/550 PS und 540 Nm maximales Drehmoment. Den Spurt von 0 auf 100 km/h schafft der 1,4 Tonnen schwere Hecktriebler in 3,9 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 320 km/h. Wenig interessant ist in diesen Regionen der Verbrauch, den Lamborghini mit 14,4 Litern auf 100 Kilometern angibt. Auch beim Preis ist Lamborghini längst auf Ferrari-Niveau. Die Sonderedition des LP 550-2 kostet 192.780 Euro. Wer E-Gear oder eine Karbonbremsanlage will, muss noch zwei Unterarmlängen tiefer in die Tasche greifen. Aber immerhin kann man so einen echten Kindheitstraum Realität werden lassen. Einmal so unterwegs sein wie Lamborghini-Testfahrer Valentino Balboni – zumindest ein bisschen.

Quelle: Autoplenum, 2009-08-15

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