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Testbericht

Sebastian Viehmann, 24. Januar 2008
Sein Revier ist die Autobahn, sein Tempo mörderisch. Seine Gegner heißen Mercedes SL AMG, BMW M6 oder Maserati Spyder. Und jetzt nimmt er auch noch die Mütze ab - der Porsche 911 Turbo Cabrio.

Dieses Auto steht nie. Es sieht selbst dann noch schnell aus, wenn der Tacho 0 km/h ausweist. Wie eine stechlustige Wespe schwebt der 911er in Warnfarben über dem Asphalt – gelber Lack, schwarzes Verdeck. Die Buchstaben auf dem Nummernschild sind Programm: S-GO leuchtet uns schwarz auf weißem Grund entgegen, und hinter dem GO denkt man sich sofort das Ausrufezeichen.

Bevor wir uns auf den straffen Ledersitzen niederlässt, fliegen wir noch schnell über die technischen Daten wie über die Sicherheitshinweise im Flugzeug. Hinter den Sitzen sind 480 Pferde eingesperrt, die für 620 Newtonmeter Drehmoment gut sind und das Zuffenhausener Projektil in vier Sekunden auf 100 Sachen beschleunigen. Sauerstoffmasken brauchen wir keine, weil man ein Cabrio nun mal offen fährt. Becherhalter befinden sich ausklappbar über dem Handschuhfach. Während des Fluges müssen wir leider auf den Bordservice verzichten, weil der Kaffee beim Gasgeben sonst über den Heckspoiler schwappen würde. Während der Pulsschlag langsam steigt und sich eine nicht zu verhehlende Vorfreude einstellt, werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Armaturen. Hier gibt es Porsche in Reinform: Der Drehzahlmesser dominiert die weiß hinterlegte Uhrensammlung. Dem kleinen Tacho bleibt nichts anderes übrig, als die Geschwindigkeit in 50 Km/h-Schritten zu zählen. Während der Fahrt orientiert man sich allerdings meistens an der zusätzlichen Digitalanzeige.

Per Multifunktionshebel kann man sich neben Verbrauch oder Navigationshinweisen auch den Ladedruck der beiden Turbolader anzeigen lassen. Auf dem Armaturenbrett prangt eine kleine Stoppuhr, die es allerdings erst in Verbindung mit dem "Sport Chrono Paket Turbo" gibt. Dann ist auch die Overboost-Funktion dabei, die den Turboladern kurzzeitig 0,2 bar mehr Druck entlockt. So stehen 680 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung.

Und damit kommen wir zum Wesentlichen. Ein Dreh am Zündschlüssel (wer braucht schon Startknöpfe?) weckt den Sechszylinder-Boxermotor. Mit einem fein dosierenden Gasfuß und etwas Gefühl für die erfreulich ungiftige Kupplung lässt sich der Turbo sehr sanft fahren. Unter 2000 Umdrehungen tut sich auch nicht so schrecklich viel. Sobald man dem Turbo aber im richtigen Gang die passenden Drehzahlen gönnt, geht man einen Pakt mit dem Teufel ein. Der Porsche prescht voran wie eine zum Biss bereite Schlange, die Passagiere werden in die Sitze gedrückt. Mit Overboost schafft der Turbo den Spurt von 80 auf 120 Km/h in 3,6 Sekunden (Schaltgetriebe). Beim Überholen auf der Landstraße fühlt man sich im 911er so sicher wie in Abrahams Schoß: Egal was kommt, die Kraftreserven versagen nie. Dazu kommen die perfekte Straßenlage und die dank Allradantrieb jederzeit fantastische Traktion.

Im offenen Zustand sind die Luftverwirbelungen übrigens bis etwa 140 Km/h einigermaßen erträglich, wenn man das (endlich serienmäßige) Windschott hochklappt. Den kreischenden Sound des Sechszylinders kann man dann immer noch genießen. Das Verdeck lässt in Fahrt bei bis zu 50 km/h in 20 Sekunden öffnen und schließen, was uns bei einem Regenschauer sehr entgegen kam. Unter der Stoffmütze bleibt auch großen Fahrern noch genug Freiraum über dem Kopf. Auf der Autobahn haben wir es bei etwa 170 km/h bewenden lassen. Zum Stehen kommt die Tachonadel laut Hersteller erst bei 310 Km/h.

Der Verbrauch steigt schon bei weit geringerem Tempo in stattliche Höhen. Auf einem Autobahn-/Landstraßen-Mix waren rund 15 Liter kein Problem. Die Herstellerangabe liegt bei 12,9 Litern Durchschnittsverbrauch. Die Unterhaltskosten sind erwartungsgemäß nicht ohne, zumal man erst einmal den Grundpreis von 150.862 Euro (13.000 mehr als das Coupé) berappen muss. Aber es trifft wohl keine Armen.

Da alle Welt von Energieeffizienz spricht, fragen sich manche Zeitgenossen allen Ernstes, welche "vernünftigen" Argumente es für einen solchen Porsche geben könnte. Als ob es jemals welche gegeben hätte. Ein Sportwagen hat nun mal vor allem Bauchargumente zu bieten. Für die Vernunft ist allenfalls im Kofferraum Platz. Und der war bei Porsche noch nie groß.

Trotzdem ist klar: Was auch immer das neue Turbo-Cabrio an Abgasen durch die dicken Endrohre in die Freiheit entlässt (zum Beispiel 309 Gramm CO2 pro Kilometer) - es ist nicht gerade wenig. Manchmal hat man den Eindruck, die Porsche-Manager würden gerne das Verdeck zumachen – in der Hoffnung, die Energiediskussion wäre nur ein vorübergehender Schauer und bald scheine wieder die PS-Sonne. Schließlich könnte die Marke kaum besser dastehen: Andere Hersteller schwächeln bei den Verkaufszahlen – Porsche ist beliebter denn je zuvor. Andere Hersteller bauen Arbeitsplätze ab – Porsche stellt ein. Damit sich die Power-Marke auch in Zukunft im Glanz des Erfolges sonnen kann, ist mehr Engagement in Sachen effizienter Antriebstechnik nötig. Denn das ist bislang mäßig. Zwar wurden die Cayenne-Motoren alle auf Direkteinspritzung umgestellt. Aber den Verbrauch drückte das nur von "verflixt hoch" auf "etwas weniger verflixt hoch". Ein Hybridmotor für den Cayenne wird zwar zusammen mit VW entwickelt, dürfte aber frühestens 2010 zu haben sein. Porsche-Fahrer müssen sich also etwas einfallen lassen, sofern Sie das Umwelt-Gewissen beruhigen wollen. Oder sie bestechen es einfach – indem sie es ein paar Runden im 911er Turbo Cabrio drehen lassen. Klappt bestimmt ...

Quelle: Autoplenum, 2008-01-24

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