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Testbericht

automobil-magazin.de, 22. November 2010
Revolution mit Wartezeit

Freitag, 5. November, Fahrslot: 16.35 bis 16.40 Uhr. Jetzt ist es 14.00 Uhr. Revolutionen fangen wohl manchmal langsam an. Wohl auch zumeist ziemlich dunkel: Dunkle Limousinen bringen Männer in dunklen Anzügen in eine fast völlig dunkle Halle auf der Leipziger Messe. Das verrät, dass hier gleich etwas wegweisendes geschieht – Der Münchener Hersteller präsentiert anlässlich der Erweiterung des Werks Leipzig den noch namenlosen Sportwagen Vision, der sich „Efficient Dynamics“ vornehmen wird, wie kein BMW-Modell je zuvor.

Als scheinbar serienferner Messestern auf der IAA 2009 geboren, präsentierten die Ingenieure nun den fahrbereiten Technologieträger. BMWs 2+2-Konzept pirscht sich – so mucksmäuschenstill wie Revolutionen niemals ablaufen – heran. Erstmal in der Halle, weil die Elektronik noch feuchtigkeitsempfindlich ist. Vier aggressive Äuglein lunzeln, im Dampf der Nebelmaschine und zwischen scharfen Laserstrahlen, aus der Dunkelheit herüber. Dann rollt die süddeutsche Flunder heran. Weiß mit psychedelischen Tarnkringeln, im Karbon-Outfit und mit einem klipp und klar formulierten Auftrag im Erscheinungsbild: Baut mich.

Erste Sensation: Er wird gebaut. Ab 2013. Zweite Sensation: Wir werden jetzt und hier schon einsteigen und mitfahren. Und die dritte: das Datenblatt. Drei Motoren, 328 PS Leistung, 250 km/h Spitze und das fast für lau: 3,76 Liter fließen alle 100 km aus dem Tank, schlanke 99 g C02/km entfleuchen am Fahrzeugende – brutaler Sportwagenbiß mit blütenweißer Ökoweste? BMW sagt: Ja.

Zweistellige Verbrauchsorgien sind mit dem 1,5-Liter-Dreizylinder-Diesel passé. Klassischer Dreisatz: Weniger Zylinder, weniger Reibung, weniger Verbrauch. Ungewöhnlich dabei ist, dass der Motor nur bis Drei zählt. Ungewöhnlich, weil der Produzent gerade im sportlichen Segment eher auf starke Sechs-, Acht-, Zehn- oder Zwölfzylinder setzt. Dazu: Drei Zylinder gab´s im PKW aus München noch nie. Die Isetta zylinderte mit Zweien, aber das ist nun wirklich lange her …

Dem vorne quer eingebauten Selbstzünder assistieren gleich zwei Elektromotoren, die dem mit einem Sechsstufen-Doppelkupplungsgetriebe liierten 163 PS-Diesel mit jeweils 60 KW auf der Vorder- und Hinterachse – der Allradantrieb der Zukunft – zuarbeiten. Die Motoren, die zu Beginn für etwa drei Monate in der Karosserie eines mattschwarzen BMW 6er spazieren gefahren und getestet wurden, sind intelligent miteinander verknüpft. Mit dem Bremsen wird Energie zurückgewonnen („rekuperiert“). Als Plug-In-Hybrid kriegt der Bayer die volle Stromladung binnen zweieinhalb Stunden auch an der Haushaltssteckdose. Der Elektroantrieb allein ermöglicht emissionsfreies Fahren mit einer Reichweite von rund 50 Kilometern. Mit dem 25 Liter fassenden Dieseltank geht es noch 650 Kilometer weiter.

Wie sich das anfühlt? Sportlich, pur, noch rau. Fast lautlos summt das Vor-Vor-Serienmodell, noch rein elektrisch bewegt, heran. In Schweizer-Messer-Haltung den Einstiegsspalt zwischen Flügeltür und hohem Schweller anpeilend (Entwicklerkommentar: „Den Einstieg verbessern wir noch“), lande ich im 1,24 Meter tiefen, etwa 1,90 breiten und 4,60 langen 2+2-Sitzer in der ersten Reihe. Ich beim Entwickler, Stefan Heller, auf den Schoß. Nicht ganz. Aber fast. Nur der hohe Mitteltunnel, in dem 98 Lithium-Polymer-Akkus in einem langen Strang implantiert sind und Hellers Laptop oben auf, trennen uns. Das kurz zuvor gesehene silberne Schild an der Flügeltür –„Hybrid Test Vehicle“– schenkt man nun vollen Glauben: noch karg anmutende Kunststoffteile aus dem BMW-Baukasten, der aufgepfropfte Cockpitmonitor, der unelegante rote Notfallknopf, derbe Sportsitze … Nestwärme? Noch Fehlanzeige. Die Serienchancen des emotionalen Glasdachs? Gering. Geräuschdämmung? Noch hörbar wenig, spätestens dann, als Heller beim Verlassen der Halle – es ist draußen nun doch trocken geblieben, und die Elektronik ist nicht in Gefahr – den Dieselmotor zuschaltet.

Dragstrip Leipzig. Erst Strom, dann Vollgas. Nun landen 1/3 der Leistung auf der Vorder- und 2/3 auf der Hinterachse. Ideal fürs Beschleunigen. Der Diesel, der spät einsetzt, posaunt wie Diesel eigentlich nicht posaunen – das hat schon mal was, offenbart aber auch das Weit-Vorserienstadium. Die 4,8 Sekunden bis 100 nehme ich der Vision schon heute ab – auch wenn wir auf der kurzen Geraden nur 90 km/h schaffen. Der Schub ist, obwohl das teure Unikat mit rund 3.000 km Laufleistung noch nicht mal eingefahren ist, mächtig. Und das Serienmodell soll dem Technologieträger in nichts nachstehen – „Es wird noch besser.“

Aus Vorfreude am Fahren – die Vorfreude wird noch mehr als drei Jahre vertröstet. BMWs Vision wird, die Konkurrenz von Audi (E-Tron), Mercedes (SLS e-cell) und Porsche (918 Spyder) im Auge, erst 2014 Realität. Volksnah wird aber nur der Verbrauch. Der Ökosportwagen wird heute auf mindestens 100.000, eher 150.000 Euro taxiert – um das mit den vier Litern Diesel wieder reinzuholen, muss lange, lange gefahren werden. (le)

Quelle: automobilmagazin, 2010-11-22

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